Tichys Einblick
TE-Interview 09-2023

Susanne Schröter: Straßenkämpfe wie in Paris sind auch in Deutschland möglich

Die Ethnologie-Professorin Susanne Schröter wirft Politikern Realitätsverweigerung in der Migrations- und Integrationsfrage vor. Ein Gespräch über Islamismus, Clankriminalität und die Frage, wie weit Deutschland noch von gewalttätigen Ausschreitungen wie in Frankreich entfernt ist

IMAGO / Mauersberger

Die Islamforscherin Susanne Schröter hält auch in Deutschland Ausschreitungen und Straßenkämpfe wie in Paris und Brüssel für möglich. „In vielen Banlieues haben Salafisten die Macht übernommen und eine gegen Frankreich gerichtete Gegengesellschaft aufgebaut. So weit ist es in Deutschland noch nicht. Aber Ansätze ähnlicher Strukturen existieren auch bei uns, und ich sehe nicht, dass irgendjemand etwas dagegen unternimmt“, bemängelt Prof. Schröter im Gespräch mit dem Monatsmagazin Tichys Einblick. Es gäbe auch in Deutschland „Gemeinschaften, die nicht ankommen wollen, weil sie unsere Gesell-schaft zutiefst ablehnen. Sie sind trotz unserer Werte und nicht ihretwegen gekommen.“

Mit dem Vorwurf des Rassismus werde jedoch eine offene Diskussion in Deutschland verhindert. „Es ist ein großes Problem, dass die Beschreibung der Realität unter Verdacht gestellt wird, wenn sie Schattenseiten der Migration beinhaltet. Kollegen werden als Rassisten angegriffen, weil sie empirisch belegt haben, dass Muslime sich schlechter integrieren als Angehörige anderer Religionsgemeinschaften. Was nicht bedeutet, dass jeder Mensch muslimischen Glaubens schlecht integriert ist. Es ist nur eben eine nachweisbare statistische Evidenz.“

Schröter sieht viele Parallelen zur weiter fortgeschrittenen Entwicklung in Frankreich. „Wir haben große Gruppen von Einwanderern, die seit vielen, vielen Jahrzehnten keinen echten Zugang zur Gesellschaft gefunden haben, bei denen … keine echte Integration erfolgt ist. Das ähnelt französischen Verhältnissen schon sehr.“ Deutschland müsse „jetzt sehr stark aufpassen, dass zu dieser normativen Segregation, das heißt der Verweigerung, sich auf die Normen und Werte dieser Gesellschaft einzulassen, nicht auch noch eine räumliche Segregation kommt, also eine starke Konzentration nationaler und religiöser Gruppen in bestimmten Gebieten.“

Allerdings reagiere die Politik auf diese Entwicklung nicht, wovon die AfD profitiere. „Wir hätten in Deutschland alle Möglichkeiten, diesen Prozess zu stoppen, die Mitte der Gesellschaft zu stärken und verbindliche Regeln für das Zusammenleben festzulegen. Allerdings müssten die Verantwortlichen dafür die Probleme benennen und Gegenmaßnahmen entwickeln. Ich sehe stattdessen ein Verschweigen, ein Wegducken und Aussitzen“, so die Forscherin. „Viele Menschen sind dadurch extrem verunsichert und wählen Politiker, denen sie zutrauen, etwas zu verändern. Davon profitiert unübersehbar die AfD.“


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