Schwäbisch-Gmünd. Die zahlreichen Eingriffe des Staates in die Grundrechte während der Corona-Pandemie könnten sich nach Einschätzung der Historikerin Sandra Kostner mit Blick auf den Klimawandel wiederholen. „Wenn wir an die Corona-Politik denken, dann sehen wir eindeutig Züge eines vormundschaftlichen Staates. Bei der Klimapolitik sehen wir auch Anzeichen dafür“, sagt Kostner im Gespräch mit dem Monatsmagazin Tichys Einblick.
„Bei so manchen Stimmen, insbesondere bei Bündnis 90/Die Grünen, drängt sich der Eindruck auf, dass die illiberalen Instrumente der Pandemiepolitik auf die Klimaschutzpolitik übertragen werden sollen. Auch hier ist ja die Rede davon, dass, wenn die CO2-Emissionen nicht schnell genug gesenkt werden können, der Staat eingreifen müsse. Es ist jetzt schon absehbar, dass die Umsetzung des ehrgeizigen Ziels „Klimaneutralität“, also Nullemission, Freiheitseinschränkungen mit sich bringen wird. Was No-Covid in der Pandemie war, ist Nullemission in der Klimapolitik.“
Ähnlich wie bei Corona werde für diese Einschränkungen von Grundrechten die Wissenschaft instrumentalisiert. „Wir sehen eine Politisierung, aber auch eine Ökonomisierung, Moralisierung und Religionisierung von Wissenschaft. Regierungen versuchen Entscheidungen mit dem Verweis auf ‚die‘ Wissenschaft zu legitimieren, das war nicht nur bei der Corona-Politik, sondern ist gerade auch bei der Klimapolitik der Fall“, erklärt Kostner. „Wissenschaft heißt dann nicht mehr ergebnisoffenes Erkenntnisstreben, sondern dient der Legitimation politischer und ökonomischer Interessen. Wissenschaft, die nicht ergebnisoffen erfolgt, wird zu einem Glaubenssystem. Das ist es, was ich mit Religionisierung und Moralisierung der Wissenschaft meine.“
Dabei sieht die Historikerin gerade bei jüngeren Politikern kein Problembewusstsein für diese Entwicklung. „Wir haben es mittlerweile zunehmend mit einer Politikergeneration zu tun, der nicht mehr hinreichend klar ist, was es für eine Gesellschaft bedeutet, wenn man im Namen des Allgemeinwohls die individuellen Grundrechte einschränkt. Darin unterscheidet sie sich von den ihr vorangegangenen Generationen, die vom Kampf gegen die Nazi- und die SED-Diktatur geprägt waren, in denen die individuellen Freiheitsrechte im Namen des Allgemeinwohls weitgehend abgeschafft waren.“