Tichys Einblick
Alles magenta oder was?

Tanz auf dem magenta-Vulkan: Heute ist Tag des Handwerks

Das Handwerk feiert sich frohen Mutes, als hätte es die konzertierten Aktionen von Arbeitsagenturen und Bertelsmann Stiftung gegen das Handwerk nie gegeben. Ein Tanz auf dem Vulkan.

NASA via Getty Images

Das Handwerk feiert sich heute selbst. Dabei könnte es schnell zu einer fatalistisch-fröhlichen Untergangsstimmung kommen, betrachtet man, was die Bertelsmann Stiftung als Staat im Staat gerade mit den Arbeitsagenturen ausgeheckt hat, um das Handwerk für unqualifizierte Zuwanderung zu öffnen. Um endlich Schluss zu machen mit diesem elitären dualen Ausbildungssystem unter der Regie des Handwerks.

Immigrations-Industrie
Deutsches Handwerk distanziert sich von Bertelsmann Stiftung
Der 16. September ist schon zum siebten Mal „Tag des Handwerks“. Gut, für einen echten Braunschweiger ist der Tag kein Grund zu feiern, den am 16. September vor 837 Jahren entzog Barbarossa unserem Heinrich dem Löwen die Herrschaft über Bayern und Sachsen. Interessant in dem Zusammenhang, weil es noch kurz vor Heinrichs Tod zum Konflikt kam zwischen den Handwerkszünften und den Kaufleuten: Die Zünfte wollten für sich eine Beteiligung an der Stadtregierung einfordern. Das deutsche Handwerk hatte also in Braunschweig schon früh einen starken Vertreter. Eine Lobbygruppe, die wie selbstverständlich auch Stadtpolitik machte. Politik machen heute längst andere.

Das Handwerk trifft sich also zum Tag des Handwerks. Das Motto kommt ganz modern mit Hashtag daher: #einfachmachen. Und als Überschrift: „Gemeinsam anpacken und feiern.“ #einfachmachen ist ja nur die praktischer veranlagte kleinere Schwester von #wirschaffendas. Kennen Sie noch ein paar weitere Claims (Slogan) des Deutschen Handwerks? Die gehen beispielsweise so: „Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan.“ oder „Die Zukunft ist unsere Baustelle.“

Bertelsmann verkehrt Ursache und Wirkung
Handelskammertag sauer: Bertelsmann erkläre duale Ausbildung zum Auslaufmodell
Zu letzterem kommen wir gleich und stellen fest, es ist wohl eher eine Ruine. Und damit auch zur Bertelsmann Stiftung, die sich neuerdings als Baumeister des Handwerks hervortun aber in Wirklichkeit deren Abrissbirne ist. Wir haben dazu umfangreich berichtet.

Verantwortlich für die magenta-unterlegten Sprüche ist die Berliner Werbeagentur „Heimat“. Die machen auch diese martialischen Werbeclips für Hornbach. Sie wissen schon: Baumarkt, der Tod des Handwerks. Eben dort, wo der Mann auch ungelernt noch Mann sein darf.

Das Handwerk lädt heute zu „umfangreichen Mitmachaktionen“ ein. In Kassel scheint sogar schon die FDP diesen Tag organisiert zu haben. Dort gibt’s Magenta auf sattem Gelb samt hashtags in Himmelblau.

https://www.hwk-kassel.de/service-center/tag-des-handwerks-2017/

Christian Lindner wird diese Vorlage zur Wahl sicher dankbar entgegennehmen. Ach so, Quatsch, der hat einfach dieselbe Werbeagentur: Für die FDP macht es nämlich auch „Heimat“. Also vom Handwerker zum Baumarkt zu Lindner. Was für ein Dreiklang! (Hier bitte kurz beim Lesen pausieren, Lachkrampf abarbeiten, dann weiter:)

Kartfahren wird in Kassel ebenso angeboten, wie Informationsstände für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Für Essen und Getränke ist natürlich auch gesorgt. Und in Berlin geht dann richtig die Post ab:

http://www.tagdeshandwerks-berlin.de/

Es wird „bunt, lebendig und berufsnah“. Vor dem Rathaus Spandau gab es schon gestern einen „Berufsparcours“ und für den Oktober sind noch Berufsscout-Wochen ausgerufen worden.

Der goldene Boden des Handwerks versilbert?
Deutschlands Markenzeichen Duale Ausbildung in Gefahr
Das Handwerk feiert sich also frohen Mutes, als hätte es die konzertierten Aktionen von Arbeitsagenturen und Bertelsmann Stiftung gegen das Handwerk nie gegeben. Ein Tanz auf dem Vulkan.  Oder schon eine fatalistisch-fröhliche Untergangsstimmung? Jedenfalls startet in den nächsten Wochen mit dem „BKE- Berufliche Kompetenzen erkennen“ bundesweit ein millionenschweres Projekt mit dem die Stiftung mit der Bundesagentur schon heute auslotet, in wie weit morgen ungelernte Zuwanderer ohne Ausbildungszertifikate Berufe ausüben können, wenn nur irgendwelche mehr oder weniger brauchbaren Kompetenzen aus der fernen Heimat mitgebracht wurden.

Aus einer handwerksfernen Heimat? Das jedenfalls wollen die Stiftung und die Agentur so nicht stehen lassen: Was nicht passt, wird passend gemacht. Am besten in gelb, magenta und himmelblau. Das Handwerk feiert sich also heute selbst, na hoffentlich hat man ausreichend goldbraunen Magenbitter dabei.

Die mobile Version verlassen