Seit der US-Reporter Seymour Hersh mit Berufung auf eine anonyme Quelle schrieb, die Erdgasleitung Nord Stream 2 sei 2022 in der Nähe von Bornholm bei einem amerikanisch-norwegischen Seemanöver durch Kampftaucher mit Sprengstoff präpariert und später gesprengt worden, gilt der Journalist als „umstritten“. Auch die „Faktenchecker“ der Tagesschau investierten bisher kaum Mühe, herauszufinden, was die Bundesregierung über die Sprengung weiß – dafür umso mehr, um Hersh zu widerlegen.
Auf der ARD-Webseite erschien ein längerer Bericht, in dem die Autoren allein vier Absätze auf die Behauptung verwenden, Hersh habe in seinem Text von „Sprengstoff in Pflanzenform“ berichtet, der an die Röhren angebracht worden sein sollte.
Ein Faktenchecker bemühte einen Experten, der bestätigte, das sei „sehr unwahrscheinlich“.
Ist es auch – nur anders, als das Faktenfinder-Team meinte. Denn das scheiterte schon an der simplen Übersetzung von Hershs englischem Text. Dort heißt es:
„That would be well within the range of the divers, who … would dive … and plant shaped C4 charges on the four pipelines with concrete protective covers“.
Zu Deutsch: “Es hätte gut in der Reichweite der Taucher gelegen, die tauchten, um Hohlladungen mit C4-Sprengstoff an den Betonschutzröhren der vier Pipelines anzubringen.“
Das Verb „to plant“ – anbringen, befestigen – übersetzten die Tagesschau-Faktenprüfer also mit dem Substantiv „Pflanzen“. Den Begriff „shaped charges“ – Hohlladungen, bei denen der von Metall ummantelte Sprengstoff seine Wirkung auf eine kleine Fläche richtet – kannten sie offenbar nicht, schauten aber auch nicht im Wörterbuch nach. So fabrizierten sie offenbar per Google-Übersetzer aus Hohlladungen „Sprengstoff in Pflanzenform“, einen heillosen Unsinn, der weder sie noch den zitierten Experten stutzen ließ.
Nachdem sich mehrere Zuschauer über die Faktenchecker lustig machten, die schon an der Übersetzung eines Textes scheitert, den sie wichtigtuerisch überprüfen wollten, korrigierte sich die ARD mit einer kleinen Notiz unter dem Text.
Es handelt sich schon um die dritte Blamage der Tagesschau innerhalb weniger Monate – nach einem Bericht über einen angeblichen Erfinder aus Simbabwe, der Strom aus der Luft gewinnt, und einer Falschmeldung über Tausende Fukushima-Tote.
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