Ralph Brinkhaus, Fraktionschef der Unionsparteien im Bundestag, will den Grünen offenbar nicht nachstehen. „Benzin wird teurer, jetzt ein bisschen, in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts wird es richtig teurer!“ Zur Scheinberuhigung sagte er noch, man müsse klar signalisieren: „Benzin wird teurer, aber ihr müsst nicht sofort eure Autos verkaufen“, sagte er. Wohl gemerkt: nicht nicht, sondern „nicht sofort“.
Teurer wird das Leben nicht nur für Autofahrer. Ziemlich schnell teurer wird es dank der Bundesregierung für Raucher. Denn die will mit der Tabaksteuer eine bereits kräftig sprudelnde Finanzquelle weiter aufbohren: Um zehn Cent soll eine Packung mit 20 Zigaretten im Preis steigen, im Folgejahre dann um weitere zehn und dann sogar um 15 Cent. Das hat der Bundestag am Freitagmorgen um 0:26 Uhr schnell beschlossen und damit die Steuer stärker erhöht, als die Bundesregierung ursprünglich wollte.
Besonders elektrische Zigaretten – kurz E-Zigaretten – werden dabei deutlich teurer. Für zehn Milliliter nikotinhaltige Flüssigkeit sollen ab dem kommenden Jahr 1,60 Euro höhere Steuern an den Staat bezahlt werden, bis 2026 wird dieser Steueranteil sogar auf 3,20 Euro erhöht.
Heftig umstritten sind Art und Höhe der Besteuerung entweder nach Flüssigkeitsmenge oder nach Nikotinmenge. Die FDP wollte „Dampfprodukte fair besteuern«; ihr Redner Till Mansmann kritisierte vor fast leerem Plenum, dass die Berechnungsgrundlage nicht zu erklären sei: „Auf dieser Basis wäre eine tiefere Diskussion, gerade des Gesundheitsschutzes und der Gesundheitsprävention und Behandlung wichtig gewesen. Aber Sie haben uns stattdessen ein Gesetz mit hektisch zusammengeschusterten Zahlen vorgelegt, für dessen Prüfung wir in dieser Woche nicht einmal zwei Stunden Zeit hatten.“
Den Grundstein legte Daniela Ludwig, CSU, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. 127.000 Menschen würden auch ohne Corona an den Folgen ihres Tabakkonsums sterben, sagte sie bei der Vorstellung ihres letzten Jahresberichtes und kündigte weitere Maßnahmen zur „Tabakentwöhnung“ an. Darunter sollen weitere Werbeverbote ebenso wie ein Verbot von Zigaretten-Gratisproben außerhalb von Fachgeschäften fallen.
Der Staat lässt mit seinem „Tabaksteuermodernisierungsgesetz“ jetzt erstmals auch die E-Zigaretten unter die Tabaksteuer fallen. Für sie soll sogar der höhere Steuersatz als der für Pfeifentabak gelten. Mehr als zwölf Milliarden will Finanzminister Scholz in den kommenden vier Jahren einnehmen.
Während der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) die Pläne begrüßte („Durch die steuerliche Gleichbehandlung werden die neuen Zigarettenalternativen teurer“) reagieren E-Zigarettenraucher zornig. Der höhere Preis für E-Zigaretten verleite die Raucher wieder zurück zur normalen Zigarette. Dabei hätten sie schon einen erheblichen Schritt zum Ausstieg getan, müssten jetzt aber eine unverhältnismäßig starke Besteuerung in Kauf nehmen.
Für viele ist die E-Zigarette ein wirksames Hilfsmittel, den Absprung von der richtigen Zigarette zu schaffen. Sie fühlen, so berichten einige Nutzer gegenüber TE, dass sie „mehr Puste« haben; Nikotinpflaster und ähnliche „Abgewohnungsmittel“ würden nicht richtig funktionieren. Doch mit der jetzt eingeleiteten drastischen Preissteigerung wird dieses „Umgewöhnungsmittel“ so teuer, dass es sich viele kaum noch leisten können und wieder zur normalen Zigarette greifen, argumentieren E-Zigaretten-Fans.
Stefan Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) griff Olaf Scholz heftig an, der einen „dürftigen“ Entwurf vorgelegt und dann „zu Recht vernichtendes Urteil von den Sachverständigen“ erhalten habe. Schließlich hätte die Koalition einen halbgaren Änderungsvorschlag vorgelegt.
FDP-Mann Mansmann: „Bei der wirklich strittigen Frage der Besteuerung von neuen Produkten wie Verdampfern und Erhitzern haben sie so gemacht als würden milliardenschwere Zigarettenkonzerne im Hintergrund irgendwelche Strippen ziehen. […] Jetzt können doch gerade diese großen Unternehmen mit diesem Gesetz am besten Leben. Die Lobbyisten, über die Sie lamentiert haben, waren in Wirklichkeit Interessengruppen wirklich kleiner Hersteller oder von Einzelhändlern, nicht zuletzt von nikotinabhängigen Rauchern, die ihre Sucht überwinden wollen, die alle mit großen Konzernen schlicht nichts zu tun haben. Mit denen Sie aber das Gespräch eigentlich verweigert haben.“
Nun muss die „Tabaksteuermodernisierungsgesetz“ noch in den Bundesrat gehen. Dessen Zustimmung gilt als sicher, wie alles, das mehr Geld in die geplünderten Kassen bringt.