Jüngere Leser wähnen sich in Bullerbü, ältere erinnern sich kaum noch: Die Polizei war einmal „dein Freund und Helfer“, der Polizist hieß allgemein Schutzmann oder Ordnungshüter. Inzwischen ist Bulle die harmloseste Bezeichnung, es muss schon Bullenschwein sein, wenn nicht gar Nazi. Nun krönt die taz das mit Müll: Die Polizei gehöre auf die Müllhalde. Das erinnert an finsterste RAF-Zeiten, als Terroristen die Polizei pauschal als „System-Schweine“ bezeichneten, die zu töten nicht verwerflich sei.
Was ist los in diesem Land? Gibt es eigentlich noch einen Bundespräsidenten, eine Kanzlerin, Bischöfe, Parteivorsitzende, die sich schützend vor die 300.000 Leute stellen, die auch sie tagtäglich unter Lebensgefahr schützen? Nein, schlimmer: die Totengräberin der einst stolzen Arbeiterpartei SPD, eine gewisse Frau Esken, rückt die Beamten pauschal in die Riege von Rechtsextremisten und Rassisten. Ähnliches schaffte nur die größte Staatsfrau aller Zeiten, Ursula von der Leyen, die der gesamten (!) Bundeswehr mal eben pauschal „ein Haltungsproblem“ bescheinigte. Nur weil es in der Tat einige „schwarze Schafe“ gab. Ohne jede Konsequenz. Verteidigungsminister wie Schmidt oder Struck rotieren im Grabe.
Doch dann kam Stuttgart. Das Ende einer langen Kette von unfassbarer Gewalt gegen unsere Schutzmänner, Ordnungshüterinnen, Freunde und Helferinnen. Klar, den Bullenschweinen kann man’s geben, diesem rassistischen Gesindel. Auf diesem geistigen Nährboden von taz bis Esken wächst die brutale, mörderische Gewalt gegen unsere Polizei! Der Bundespräsident? Eine scharfe Intervention wie gegen Höcke & Co? Fehlanzeige. Theodor Heuß, das Stuttgarter Urgestein der Liberalen, dreht sich im Grabe um.
Wie konnte es dazu kommen? Weil der blühende Hass gegen die Polizei nie im Keim erstickt wurde. Rettungskräfte aller Art werden zum Kriegsspielzeug eines Mobs, ohne dass irgend jemand eingreift und Konsequenzen zieht. Die Wahrheit über die Täter durfte tunlichst nie ans Licht kommen. Nur wenige Medien trauten sich, diese „Hassbotschaften“ zu übermitteln. Tapfere Kenner der Szene wie die vor genau zehn Jahren unter mysteriösen Umständen verstorbene Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig oder der Islamkenner palästinensisch-israelischer Herkunft Ahmad Mansour meldeten sich wie einsame Rufer in der Politik-Wüste.
Der fromme Johannes Rau pflegte zu sagen: „Aus Worten werden Taten, das müssen wir verhindern.“ Danke, Frau Esken, taz oder Renate Künast! Letztere brachte es doch fertig, nach dem finalen Rettungs(!)schuss eines Polizeibeamten auf den Zug-Attentäter von Würzburg 2016 zu jammern: „Wieso konnte der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden???? Fragen!“ Mein Kommentar damals: Nein, man hätte erstmal einen „Runden Tisch“ einberufen sollen, der ausführlich, abwägend und nach allen Seiten offen debattiert.
Jakob Augstein philosophierte nach tödlichen Schüssen der Polizei auf einen Täter in Würzburg in „der Freitag“ (19. Juli 2016): „Eine brutalisierte Polizei kann für jeden Bürger zur Gefahr werden“. Bitte, Herr Kollege: Nie (wieder) bei Gefahr die Polizei rufen! Sie werden sonst von brutalisierten Ganoven wahrscheinlich kampfunfähig gemacht! Genau das gilt übrigens für alle, die sich damit dicke tun, mit wieviel Limousinen und mit wieviel Leibwächtern sie durchs Land rauschen und die schlichten Bürger zu beeindrucken suchen: Sofort auf den Personenschutz verzichten! Oder wollen Sie etwa von brutalen, rechtsradikalen Rassisten gesichert werden?
Und den Kollegen der Polizei rate ich (da sie ja als Beamte zum Gehorsam selbst gegenüber hetzenden Gesetzgebern gezwungen sind): Klagt doch einfach, ihr fühltet euch rassistisch diskriminiert und stigmatisiert zum Beispiel von Frau Esken und könntet es psychisch-physisch nicht ertragen, vor dem Willy-Brandt-Haus (auch noch in brütender Hitze) schwer bewaffnet Dienst zu schieben. Das wäre doch mal ein wahrer Fall für das Antidiskriminierungsgesetz! Was der Berliner rot-rot-grüne Senat jetzt den Polizisten zumutet, ist ja bekanntlich Justiz-historisch eine weltweite Singularität: Sie müssen jetzt beweisen, dass sie nicht rassistisch gehandelt haben. Also eine Umkehr eines normalen, Jahrhunderte alten und bewährten Rechtsgrundsatzes. Wahnsinn!
Um es auf den Punkt zu bringen: Polizisten müssen sich nach G-20, Stuttgart oder nach finalen Rettungsschüssen oftmals vor Gericht verantworten — wohl gemerkt: in Deutschland. In Frankreich werden sie im Elysee Palast empfangen und mit Tapferkeitsmedaillen geehrt. Egal, welche Partei gerade regiert. Das ist der feine Unterscheid, der alles sagt. Wie das Denken in Deutschland bereits bis ins „Bildungsbürgertum“ hinein pervertiert ist, zeigt der Donnerstag, 25.Juni 2020 beispielhaft: Punkt 12.07 Uhr wird im rbb ein Radiokorrespondent geschaltet, es geht um Seehofers Rückzieher in Sachen taz-Anzeige. Der Studiokollege fragt, dass ja eine neue Situation für die Polizei eingetreten sei — er meinte in dem Zusammenhang eindeutig Stuttgart. Doch der Reporter antwortet: Ja, nach den Vorfällen in den USA würde jetzt ganz neu wieder der Rechtsextremismus und der Rassismus auch in unserer Polizei diskutiert… Als wäre das jetzt das Thema! Aber das war dem Mann wichtig, das wollte er als Frage verstanden haben. Mir fehlen da die Worte.
Die Bilder und Videos der Terror-Nacht von Stuttgart, verniedlicht als Randale, zeigen unbestechlich authentisch und klar, wer da was gemacht hat. Die Polizeigewerkschaften sprechen von einer „nie dagewesenen Gewalt.“ Es hilft jetzt kein banal-billiges „Danke“ für unsere Polizei. Jetzt sind Taten gefragt für die Leute, die buchstäblich „ihren Kopf hinhalten“ für unsere Sicherheit. „Solche Verachtung für Unversehrtheit, Leib und Leben der Polizisten gibt es inzwischen viel zu häufig …. wir haben es mit einem massiven Versagen der Integrationspolitik zu tun“ (BILD). Diejenigen, die „Stuttgart“ zu einem „Event der Partymeile“ pervertiert haben, haben unsere Polizei der Lächerlichkeit preisgegeben, ihren lebensgefährlichen Einsatz unter der Rubrik „Realityshow“ eingeordnet und ihre vom Grundgesetz geschützte menschliche Würde auf den Müll geworfen. Sie sollten samt und sonders zurücktreten. Das wäre ein Zeichen, der jeden Kniefall übertrifft. Und wir wollen uns doch als Deutsche von niemandem an Hochmoral übertreffen lassen.
Bestsellerautor Peter Hahne ist seit 2002 Ehrenkommissar der Bayerischen Polizei „in Anerkennung und Würdigung seines Wirkens zum Wohle der Belange der Polizei“ (Günther Beckstein)