Tichys Einblick
Kampf um „AfD-Unterwanderung“ und Millionen

Streit um die Hayek-Stiftung: Anwälte betrachten Abspaltung „allgemeinverständlich als Diebstahl“

Der Streit um die Hayek-Gesellschaft spitzt sich weiter zu. Geht es um eine AfD-Unterwanderung oder um Geld? Nachdem TE umfangreich interne Entwicklungen öffentlich machte, gerät der Stiftungsrat immer weiter unter Druck.

Friedrich August Hayek

IMAGO / Everett Collection

Der Streit in der Hayek-Gesellschaft spitzt sich zu. In den letzten Wochen wurde der liberale, überparteiliche Verein in den Medien scharf kritisiert – wegen angeblicher AfD-Unterwanderung. Neben einigen prominenten AfD-Politikern, die weitestgehend inaktive Basismitglieder der Hayek-Gesellschaft sind, gibt es dafür kaum Anhaltspunkte. Doch an dieser vordergründigen Frage entzündete sich im Hintergrund ein harter Kampf innerhalb der komplizierten Struktur der „Hayek-Familie“.

Die Hayek-Gesellschaft ist dabei der bekannte demokratische Verein und setzt die operative, inhaltliche Arbeit um. Ihr vorgelagert ist die Hayek-Stiftung für eine freie Gesellschaft, die über ein Kapital von mehreren Millionen Euro verfügt und jährliche Zuwendungen von mehren Hunderttausend Euro aus der Nachlassstiftung eines Industriellen erhält. Diese Doppelstruktur hat vor allem organisatorische Hintergründe, spielte in der Praxis aber früher kaum eine Rolle – beide Organisationen wurden in Personalunion von Gerd Habermann geleitet, und die Stiftung gab im Wesentlichen das Geld an die Gesellschaft weiter. Doch genau diese Einheit ist jetzt zu Ende, seit die Mehrheit im Stiftungsrat beschloss, die Finanzierung der Hayek-Gesellschaft vorerst auf Eis zu legen, bis die alle AfD-Mitglieder ausgeschlossen hat. TE machte umfangreiche interne Vorgänge öffentlich, die die Spekulation zuließen, dass der Vorwurf der „AfD-Unterwanderung“ möglicherweise nur ein vorgeschobenes Argument war, mit dem Kalkül, die Medien auf seine Seite zu ziehen.


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Währenddessen könnte es womöglich zumindest zum Teil eben um das Geld gehen, das jetzt nicht mehr von der Stiftung an die Gesellschaft einfach weitergeleitet wird, sondern in der Hand des kleinen, zuvor relativ unbedeutenden Stiftungsrates liegt, der keine demokratische Kontrollinstanz hat.

Mittlerweile hat die Hayek-Stiftung angekündigt, der gleichnamigen Gesellschaft die Büro-Räumlichkeiten in Berlin zu kündigen und die Mitarbeiter zu entlassen – so wird weiteres Geld in der Hayek-Stiftung frei, während die operativ tätige Hayek-Gesellschaft im ersten Halbjahr einen Großteil ihrer Aktivität auf Eis gelegt hat.

Neue Vorgänge bestätigen nun den Eindruck, dass die Frage des Geldes in dem Streit doch eine größere Rolle spielt, als nach außen gerne behauptet. Die Hayek-Stiftung erhält ihre Geld maßgeblich, wie oben beschrieben, aus der Nachlassstiftung des Unternehmers Edmund Radmacher. Diese Nachlassstiftung ist von dem Abgrenzungsvorhaben der Hayek-Stiftung offenbar wenig begeistert und möchte ihre Geldleistungen jetzt direkt, ohne den Umweg über die Hayek-Stiftung, an die Hayek-Gesellschaft weiterleiten – im Sinne ihres Stifters, der seine Zuwendungen insbesondere an die Person Habermann knüpfte, der in der Hayek-Stiftung jüngst im Zuge des Umbruchs geschasst wurde. 

Die Anwälte der Radmacher-Stiftung kündigten zudem in einem TE vorliegenden Schreiben an die Mitglieder des Hayek-Stiftungsrats und -vorstands rechtliche Schritte an. Es geht um die Zuwendungen der Radmacher-Stiftung in den Jahren 2019 und 2020 an die Hayek-Stiftung in der Höhe von mehreren hunderttausend Euro. Die Hayek-Stiftung wird aufgefordert darzulegen, wie diese Gelder eingesetzt wurden und inwiefern diese noch im Einklang mit den Absprachen zwischen beiden Stiftungen stehen. 

Sollten Mittel zweckentfremdet worden sein, wird eine Rückzahlung gefordert, und es wird u.a. damit gedroht, die Gelder auch von Vorständen und Stiftungsräten zu pfänden. Auch strafrechtliche Schritte gegen Mitglieder des Stiftungsrates und -vorstandes werden erwogen. Besonders brisant: Im Stiftungsrat sitzen durchaus prominente Personen: U.a. Rolf Hasse, Sprecher des Promotionskollegs der Konrad-Adenauer-Stiftung und Frank Schäffler, Bundestagsabgeordneter der FDP. Die möglichen Strafen sind durchaus drastisch: sogar nicht unerhebliche Haftstrafen sieht das Gesetz für die Veruntreuung von Stiftungsgeldern vor. 

In einem internen Schreiben der Radmacher-Anwälte, das TE vorliegt, heißt es u.a.: „Allen Beteiligten soll zu 100% klar werden, dass wir gegen die Abspaltung als solches aber auch gegen die beteiligten Personen persönlich und mit allen Mitteln (von Stiftungsrecht bis Strafrecht) vorgehen werden, da wir das Ganze als widerrechtliche Aneignung oder besser allgemeinverständlich als Diebstahl (!) ansehen und entsprechend behandeln werden.“ Es werde „scharf geschossen“.

Mutmaßlich auch aus Furcht vor diesen Konsequenzen hat sich der Steuerberater Lutz Henseler, der in den Vorgängen eine besonders dubiose Rolle spielte (TE berichtete), bereits aus dem Stiftungsrat zurückgezogen, auch der erst kürzlich neu gewählte Vorstandsvorsitzende Christmann, der dem langjähirgen Vorsitzenden Habermann recht plötzlich nachfolgte, erklärte mittlerweile seinen Rücktritt. Die Mehrheit im Stiftungsrat, die den Anti-AfD-Beschluss mittrug, ist damit auf Vier zu Zwei geschrumpft. 

Die Anwälte der Radmacher-Stiftung setzten der Hayek-Stiftung eine letzte Frist zum 8. März, die jetzt verstrichen ist.

Insbesondere die klare Position der Radmacher-Stiftung ist offensichtlich als letztes Warnsignal an die Mitglieder des Hayek-Stiftungsrates gedacht. Bei manchen kann man vermutlich nur auf politische Motive spekulieren – aber ein Stiftungsrat ist keine Plattform für parteipolitische Debatten, sondern ein Organ zur Aufgabenerfüllung der Satzung und des Stifterwillens.

Damit ist jetzt wohl der letzte Zeitpunkt für einen halbwegs gesichtswahrenden Ausweg gekommen. Spitzt sich der Streit in dem Tempo weiter zu, könnte das drastische persönliche Konsequenzen für die Beteiligten bedeuten. 


Hinweis: Mehrere Autoren von Tichys Einblick sind Mitglied der Hayek-Gesellschaft und in der Hayek-Stiftung aktiv, aber außer den im Beitrag genannten an den geschilderten Vorgängen nicht beteiligt.

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