Die Gesundheitsminister der Länder und des Bundes haben heute beschlossen, dass Ungeimpfte ab 1. November keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung mehr haben, wenn sie aufgrund der Corona-Maßnahmen in Quarantäne müssen. Das meldet Der Spiegel, dem der Beschluss der Minister vorliege. Das heißt, dass Ungeimpfte Arbeitnehmer dann bei laufenden Kosten ohne Einkommen sind. Wohlgemerkt: in Folge einer Maßnahme, die zum Schutz der Menschen von Gesundheitsämtern angeordnet werden kann. In Baden-Württemberg gibt es schon entsprechende Regelungen.
Der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bleibt allerdings bestehen. Ausgenommen seien Menschen, für die »keine öffentliche Empfehlung für eine Impfung gegen COVID-19 vorlag« zitiert das Magazin aus dem Beschluss.
Dieser Beschluss ist womöglich nicht die letzte Maßnahme, durch die Ungeimpfte finanzielle oder andere Nachteile erfahren werden. In Medien, Politik und unter Experten werden seit Wochen auch andere Vorschläge gemacht, wie man Anreize fürs Impfen schaffen könne – oder wenn das nicht funktioniert, den Druck auf die bisher noch Säumigen zu erhöhen. Das ist etwa ein Drittel der Bevölkerung. Denn seit Wochen stagniert die vom RKI gemeldete Impfquote im 60er-Prozent-Bereich.
Dabei kommen bekannte Experten zu Wort. Oder Dr. Stephan Borte. Er ist Immunologe und Kinderarzt am St. Georg Klinikum in Leipzig. Über T-Online äußert Borte sich zum Arbeitsrecht und spricht sich dafür aus, dass Arbeitnehmer ihren Chefs ihren Impfstatus melden müssten. Dabei ist es völlig unerheblich, wie viele Semester Jura Borte studiert hat. Ein halbwegs akzeptabler Experte genügt, wenn er Stichworte wie Corona, Ungeimpfte und Strafen bedient, die sicher viele Klicks versprechen.
Doch aus der Dampfplauderei im Klickgeschäft ist spätestens seit heute bereits Politik geworden – und zwar eine, die tief in den Alltag der Menschen eingreift.
Rollinger argumentiert, Privatversicherern sei es ja auch erlaubt, unterschiedliche Tarife für Raucher und Nichtraucher anzubieten. Ungeimpfte liefen Gefahr, härtere Covid-19-Verläufe zu erleben und folglich höhere Kosten zu produzieren. Nur: Die allermeisten Deutschen sind in der gesetzlichen Krankenkasse versichert – und denen ist es auch verboten, unterschiedliche Tarife für Raucher, Alkoholiker, Dicke oder Menschen in riskanten oder stressigen Berufen anzubieten. Obwohl diese auch erhöhten Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind.
Das am stärksten verbreitete Instrument zur Disziplinierung von Ungeimpften ist der Zutritt. Dabei haben die Länder einen bunten Flickenteppich an Regelungen geschaffen. Und mit Aktualisierungen schaffen sie es nahezu werktäglich, dieses Kunstwerk an Varianten reicher zu machen – sodass Gesetzestexte-Lesen mittlerweile auch zum Alltagsvergnügen für Kranfahrer, Maurer oder Grundschullehrerinnen geworden ist.
Bekannt sind diese Regelungen als 2G- und 3G-Regelungen, was nichts – zumindest nicht unmittelbar – mit dem unzureichenden Netzempfang in Deutschland zu tun hat. 2G bedeutet: Es gibt Rechte, die nur für Genesene und Geimpfte gelten. Bei 3G kommen noch die Getesteten dazu.
In Hamburg soll es wieder Veranstaltungen mit der vollen Zuschauerzahl geben – das geht aber nur für die ersten beiden Gs. In Sachsen und Thüringen soll ihnen auch der Kneipenbesuch als Privileg vorbehalten sein. Baden-Württemberg sieht indes Kontaktbeschränkungen im Privaten vor für Ungeimpfte.
Das funktioniert ganz einfach: Liegt die Hospitalisierungsrate an sieben aufeinander folgenden Tagen über 8 oder die Belegung der Intensivbetten an zwei aufeinander folgenden Tagen über 250, dann darf sich ein ungeimpfter Haushalt nur noch mit fünf Personen treffen. Ausgenommen sind davon Geimpfte. Und Kinder unter 17 Jahren.
Kehren Ungeimpfte von einer Reise zurück, gilt für sie seit dem 1. August eine Testpflicht. Für Peter Heinz ist das ein Unding. Also dass sie verreisen dürfen. Er wollte ihnen den Urlaub ganz verbieten. Für die wenigen, die Heinz nicht kennen: Er ist Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung. In Rheinland-Pfalz. Im Juli brachte er mit der Forderung bundesweite Klicks. Laut der Süddeutschen fühlte er sich damit aber dann missverstanden.
In Supermärkten solle es bald keine Maskenpflicht mehr geben. Nur noch für Ungeimpfte. Das fordert wiederum Andreas Widmer – unter anderem über das Portal WMW. Widmer ist Infektiologe.