Das Handelsblatt bringt eine Tabelle, die die Entwicklung des Spitzensteuersatzes über die Jahre zeigt. Die Tabelle sieht man auch in vielen anderen Medien, aber sie täuscht: So ist dort für die Jahre 1990 bis 1999 ein Spitzensteuersatz von 53 Prozent angegeben. Das scheint viel höher als heute, ist es jedoch nicht. Denn damals zahlte kaum ein Spitzenverdiener diesen Steuersatz. Die meisten Gutverdiener reduzierten in diesem Jahrzehnt ihre Steuerbelastung durch die Sonderabschreibung Ost des Fördergebietsgesetzes. Teilweise konnte die Steuerlast dadurch bis auf 0 reduziert werden. Als Reaktion darauf wurde erst 1999 § 2 Abs. 3 EStG eingeführt, der eine Mindeststeuer vorsah. Und auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung spricht von einem „fein austarierten“ Vorhaben. Wie fein? Details folgen.
Irreführende Vergleiche zum Spitzensteuersatz
Täuschend ist auch, wenn für die Jahre 1975 bis 1989 ein Spitzensteuersatz von 56 Prozent genannt wird und für heute ein Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen, und zwar aus drei Gründen:
Wie bereits oben erwähnt, konnten früher Spitzenverdiener ihre Einkommensteuer erheblich reduzieren. In manchen Jahren konnte man Schuldzinsen für das Eigenheim abziehen und dadurch das zu versteuernde Einkommen reduzieren, in anderen in Bauherrenmodelle mit mehreren 100% Verlustzuweisung investieren. Dadurch war die faktische Steuerbelastung viel niedriger, als es der optisch höhere Spitzensteuersatz suggeriert. All diese Möglichkeiten gibt es längst nicht mehr.
Steuerbelastung für Kapitaleinkünfte soll verdoppelt werden!
Auch die wirtschaftsnahe Presse sitzt der SPD auf, wenn von „moderaten Steuererhöhungen“ gesprochen wird. Tatsache ist: Die SPD will die Abgeltungssteuer abschaffen, wodurch sich die Steuerbelastung für Spitzenverdiener bei Kapitaleinkünften fast verdoppeln würde: Von heute 25 Prozent (plus Soli) auf künftig 48 Prozent (plus Soli). Moderat???
Spitzenverdiener mit über 50% belastet
Spitzenverdiener, die der „Reichensteuer“ unterliegen, zahlen künftig über 50 Prozent Grenzsteuersatz. Denn die „Reichensteuer“ wird von 45 auf 48 Prozent erhöht, hinzu kommt der Soli von 2,64, so dass man bei über 50 Prozent landet, wenn man über 250.000 Euro verdient. Das ist also „fein austariert“ im Sinne der FAZ, die auch noch davon fabuliert, dass die dann erreichten 50,64 „deutlich unter der 50-Prozent-Marke“ blieben, er unbedingt habe vermeiden wollen: „ob ihres Diffamierungspotentials.“
Dieser Betrag soll künftig zudem, anders als bisher, nicht angepasst werden, sondern langfristig auf diesem Niveau bleiben. Die sogenannte „kalte Progression“, die sonst so beklagt wird, wird also hier ganz bewusst eingeführt! Betroffen sind davon nicht nur Privatpersonen, sondern auch der größte Teil der deutschen Unternehmen, die keine Kapital-, sondern Personengesellschaften sind. Aber das sind alles keine Steuererhöhungen?