Tichys Einblick
Kassensturz von Christian Lindner

Steuereinnahmen brechen im Juli dramatisch ein

Zum Jahreswechsel hat die Ampel die Umsatzsteuer in der Gastronomie erhöht. Jetzt brechen die Einnahmen aus der Umsatzsteuer ein und zerschießen die Pläne der Ampel. Die Regierung und ihre Experten verstehen die Lage nicht.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Die Europameisterschaft im eigenen Land wird der mentale Wendepunkt. Guter Fußball sorgt für gute Laune, gut gelaunt öffnen die Menschen ihren Geldbeutel und die Wirtschaft boomt. Diese Hoffnung hatten manche „Top-Experten“ öffentlich geäußert. Den Chef des „Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“, Marcel Fratzscher, zitiert die Tagesschau zum Beispiel wie folgt: „Die Hoffnung ist schon, dass wir in Deutschland hoffentlich bald einen Stimmungswechsel sehen. Dass die Menschen wieder optimistischer werden, dass die Unternehmen wieder positiver in die Zukunft schauen und sagen ja, es lohnt sich, in Deutschland zu investieren.“

Marcel Fratzscher hat auf einen Aufschwung gehofft. Dann wird es mit Sicherheit einen Abschwung gegeben haben, werden manche sagen. Das ist böse, diabolischer Zynismus und inhaltlich – völlig zutreffend. Im Juli, dem EM-Monat, sind die Steuereinnahmen um 7,9 Prozent eingebrochen. Waren es 2023 noch 70,91 Milliarden Euro, so sind es in diesem Jahr nur noch 63,8 Milliarden Euro. Wenn Marcel Fratzscher auf einen Sieg der Spanier gegen Liechtenstein tippt, wäre das die Zeit, um über eine Außenseiterwette nachzudenken.

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Die Zahlen stammen aus dem monatlichen Bericht des Finanzministeriums. Das konstatiert: „Die Frühindikatoren deuten nicht auf eine baldige dynamische Erholung hin.“ Trotzdem geht Minister Christian Lindner (FDP) in seinem Haushalts-Entwurf für das nächste Jahr vom Gegenteil aus. Demnach sollen am Jahresende die Steuereinnahmen um 4,1 Prozent auf 863,7 Milliarden Euro gestiegen sein. Lindner rechnet für seinen eigenen Etat allein mit 6 Milliarden Euro, die durch Wachstum zustande kommen sollen. Aktuell stagniert die Wirtschaft – in besseren Monaten. In schlechten schrumpft sie.

Das Minus bei den Steuereinnahmen im Juli kommt vor allem durch eine Krise in der Umsatzsteuer zustande. Deren Einnahmen sind um 9 Prozent gesunken. Und das, obwohl die Ampel die volkstümlich Mehrwertsteuer genannte Abgabe in der Gastronomie zum Jahreswechsel von 7 auf 19 Prozent erhöht hat. Oder vielmehr: Gerade weil die Ampel die Mehrwertsteuer in der Gastronomie erhöht hat.

Die Theorie linker Parteien wie der SPD, den Grünen oder der FDP lautet: Höhere Steuern bedeuten mehr Geld für den Staat, mehr Geld beim Staat bringt mehr Wohlstand für die Bürger. Das Gegenteil ist richtig. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem die hohen Steuern die Preise derart in die Höhe treiben, dass die Bürger sie sich nicht mehr leisten können. Diesen Punkt hat Deutschland in der Mehrwertsteuer erreicht.

Die „Top-Experten“, die jetzt in den Medien zitiert werden, sprechen weiter davon, dass es mehr Optimismus brauche und dann würden die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer wieder sprudeln und Lindner die Sorgen nehmen. Welch eine Ignoranz. Als ob es hohe Steuern und steigende Abgaben, etwa für Kranken- und Pflegeversicherung nicht gebe. Genauso wenig wie in die Höhe geschnellte Preise für Strom und Lebensmittel oder einen kaputten Wohnungsmarkt, auf dem die Mieten astronomisch steigen. Oder rot-grün-gelbe Gesetze, die Hausbesitzer zu fünf- bis sechsstelligen Investitionen zwingen.

Für die „Top-Experten“ braucht es nur gute Laune. Ein Großereignis, vielleicht eine Europameisterschaft im Fußball. Mit ein bisschen Regenbogenfahne-Tralala hier und ein wenig Rosa-Trikot-Gehabe da – und alles kommt von allein ins Lot. Das tut es aber nicht. Schrumpft die Wirtschaft, gehen die Steuereinnahmen zurück, erwähnen besagte Medien gerne, dass dies „überraschend“ kommt. Nun, wer auf solche „Top-Experten“ hört, der ist auch verblüfft, wenn auf Mittwoch ein Donnerstag folgt.

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