Freiburg. Den 13-Punkte-Plan von Bundesinnenministerin Nancy Faeser und ihr Ziel, gegen Personen und Organisationen schon vorzugehen, wenn sie nur ein „Gefährdungspotenzial“ aufweisen, hält der Staatsrechtler Dietrich Murswiek für rechtswidrig und einen Eingriff in Grundrechte. „Nach dem Papier des Innenministeriums soll das Vorhandensein eines Gefährdungspotenzials ausreichen, damit der Verfassungsschutz Auskünfte zum Beispiel bei Kreditinstituten ‚zu Konten, Konteninhabern […] und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge‘ einholen darf. Dies ist bislang nur zulässig, wenn es um gewaltbereite oder Gewaltbereitschaft durch Aufstachelung zu Hass oder Willkürmaßnahmen fördernde Bestrebungen geht“, betont Murswiek im Gespräch mit der April-Ausgabe der Zeitschrift Tichys Einblick. „Nach dem BMI-Plan soll das Einholen von Kontoinformationen auch bei völlig friedfertigen Organisationen möglich sein, wenn diese ein ‚Gefährdungspotenzial‘ aufweisen.“
Mit dieser Regelung wolle Faeser offenbar die AfD ins Visier nehmen. „Alle Maßnahmen, die auf die Erschwerung der Finanzierung einer nicht verbotenen Partei abzielen, sind allerdings mit dem Parteienprivileg des Grundgesetzes unvereinbar.“ Offenbar gehe es der Ministerin darum, dass der Verfassungsschutz Banken nahelegen soll, „Konten von bestimmten Organisationen und Personen zu kündigen oder Überweisungen an diese nicht auszuführen, vielleicht sogar Spendern das Konto zu kündigen. Das sind indirekte Grundrechtseingriffe, die einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Eine solche sehe ich nicht. Der Verfassungsschutz ist keine Polizei und hat keinerlei Vollzugskompetenzen.“
Verfassungsschutz ist nicht für „Staatswohl“ zuständig
Zudem kritisiert Murswiek, dass der Verfassungsschutz aktuell seine Befugnisse überschreitet. Er sei für den Schutz der Verfassung und nicht für ein „Staatswohl“ zuständig. „Der Verfassungsschutz kann sich nicht selbst seine Rechtsgrundlagen erweitern. Er ist für den Schutz der Verfassungsgrundlagen zuständig und nicht für ein darüber hinausreichendes ‚Staatswohl‘.“ Der Verfassungsschutz überschreite seine Befugnisse, wenn er „Äußerungen, die gar nicht den Willen zur Beseitigung eines Elements der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen lassen, als Anhaltspunkte bewertet, indem er diesen verfassungsfeindlichen Willen einfach unterstellt.“
Murswiek nennt es auffallend, dass sich Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang „sehr stark in die Öffentlichkeit drängt und es zum Beispiel als seine Aufgabe ansieht, dafür zu sorgen, dass die ‚Brandmauer gegen die AfD‘ hält. Damit überschreitet er die Kompetenzen des Verfassungsschutzes“, erklärt Murswiek. „Auch dass der Verfassungsschutz Fake-Accounts in den sozialen Netzwerken betreibt, die rechtsextreme Hetze verbreiten, ist besorgniserregend. Der Verfassungsschutz facht das Feuer an, dass das BMI dann mit Anti-Rechts-Programmen löschen will.“