Tichys Einblick
Neuer §5 WiStG soll Vermieter kriminalisieren

SPD will den Wohnungsneubau jetzt komplett abwürgen

Auf dem Weg einer Novellierung des Wirtschaftsstrafrechtes soll nun erstmals bundesweit ein „Mietendeckel“ auch für Neubauwohnungen beschlossen werden. Vermieter werden damit kriminalisiert, wenn die Miete 20% über der Vergleichsmiete liegt.

imago images / Emmanuele Contini

Bevor die ehemalige Justizministerin Katarina Barley nach Brüssel entschwunden ist, hat sie einen Gesetzentwurf vorgelegt, der gravierende Auswirkungen für den Wohnungsneubau hätte. In der Mietpreisbremsen-Gesetzgebung ist der Neubau bewusst ausgenommen worden.

In dem aktuellen Gesetzesentwurf, eine Novelle von § 5 des Wirtschaftsstrafrechtes,  wird jedoch auch der Neubau einbezogen. Wenn eine Wohnung neu gebaut wird, soll die Miete zwar zunächst frei vereinbart werden können. Aber das gilt nur für die ersten fünf Jahre. Zieht der Mieter aus, dann darf der Vermieter nach Ablauf dieser „Schonfrist“ nur noch die ortsübliche Miete plus 20 Prozent nehmen. Wer eine höhere Miete verlangt, wird kriminalisiert.

Dieser Regelungsvorschlag führt zu Entsetzen bei Bauträgern, die sich auf den Neubau spezialisiert haben. Der Vorstand des Berliner Projektentwicklers Bauwert AG, Dr. Jürgen Leibfried, hat einen Brandbrief an zahlreiche Politiker geschrieben, in dem er verdeutlicht, was das konkret heißen würde:

„Diese Regelung würde zu einem kompletten Stopp der Mietwohnungsneubautätigkeit in den Spannungsgebieten Deutschlands führen. Kein privater oder institutioneller Investor würde Mietwohnungen bauen können, die heute auf Basis von z.B. 13 €/qm vermietet werden, wenn nach fünf Jahren die Gefahr besteht, dass die Anschlussvermietung nur noch auf Basis eines Mietwertes von z.B. 6,50 €/qm plus 20% = 7,80 €/qm erfolgen kann. Bauwert ist seit über 35 Jahren auf dem Sektor des Mietwohnungsbaus tätig, aktuell errichten wir in Berlin sowie im Umland über 1500 Wohnungen. Große Versorgungswerke wie Versicherungen zählen zu unseren Kunden. Die angefragte Reaktion ist eindeutig: keiner dieser Investoren würde auf Basis dieser Regelung Neubaumietwohnungen erwerben wollen. Es kann doch nicht sein, dass von der Politik nur noch der Bau von Eigentumswohnungen gewünscht wird !!!!“

Was besagt die Neureglung genau?

Der Ölfleck wächst
Verstaatlichen und enteignen: Wie Deutschland in die Vergangenheit marschiert
Den Hintergrund des Gesetzesvorhabens erläutert Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD: Anstelle des bisherigen Paragrafen 5 Wirtschaftsstrafgesetz soll eine Regelung zur Mietpreisüberhöhung kommen, die nicht mehr auf das subjektive Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung eines geringen Angebots durch den Vermieter setzt. In Zukunft genügt die Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um 20 Prozent, wenn es in einem Gebiet ein geringes Angebot an vergleichbaren Wohnungen gibt. Ein geringes Angebot wird sich in fast allen attraktiven größeren Städten feststellen lassen. Als Grundlage genügt übrigens schon die Knappheit in einem Stadtteil, es kommt nicht auf die ganze Gemeinde an.

Eine Ausnahme soll für Neubauten gelten. In den ersten fünf Jahren ab der erstmaligen Nutzung soll keine Mietpreisüberhöhung vorliegen. Aber jetzt kommt der entscheidende Punkt: Erfolgt eine Wiedervermietung im Anschluss an diese Frist, muss sich der Vermieter an den neuen Mietendeckel halten. Auf die Tatsache, dass es sich bei der Wohnung um einen Neubau im Sinne der Ausnahme von der Mietpreisbremse handelt (§ 556f BGB), kann sich der Vermieter zwar berufen. Das nützt ihm jedoch nichts, wenn die Miete nach der parallel laufenden Regelung überhöht ist. Auch eine höhere Vormiete gewährt keinen Bestandsschutz. Zwar gibt es eine Ausnahme in der Form, dass eine höhere Miete zulässig wäre, wenn die Miete zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderlich ist. Die Beweislast liegt jedoch beim Vermieter. „Im Kern ist es also so: Sollten die Pläne aus dem Justizministerium tatsächlich umgesetzt werden, gilt die 120-Prozent-Grenze für Neubauimmobilien nach fünf Jahren. Jeder Projektentwickler weiß, dass er mit den gestiegenen Bodenpreisen und der herrschenden Baukosteninflation nicht zu 120 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete vermieten kann, selbst wenn es eine Galgenfrist von fünf Jahren geben sollte. In der Folge werden sich Projektentwickler aus dem Mietwohnungsbau nach einer kurzen Boomphase wieder zurückziehen müssen und notgedrungen nur noch Eigentumswohnungen oder eben Gewerbeimmobilien bauen.

Während sich Fachleute und die rationalen Baupolitiker überall im Land überlegen, wie man den Mietwohnungsbau ankurbeln kann, lässt sich das ideologisch linksorientierte Justizministerium davon nicht beeindrucken, sondern plant den Mietendeckel auch für Neubauten“, so Schick.

Seit der ersten Verabschiedung der Mietpreisbremse im Jahre 2015 fordern Grüne, Linke und SPD, die „Ausnahmen“ von der Mietpreisbremse abzuschaffen. Dem trägt der Entwurf der scheidenden Justizministerin Katharina Barley nun Rechnung.

Manipulation des Mietspiegels

Zudem soll auch der Mietspiegel manipuliert werden – dafür hat Barley einen weiteren Gesetzentwurf zur Ausweitung des Bezugszeitraums im Mietspiegel vorgelegt. Schon bisher spiegeln die Mietspiegel, in denen die Mieten der vergangenen vier Jahre herangezogen werden, den Markt oft nicht richtig wider. Künftig sollen bewusst ältere Mietverträge (die bereits vor fünf oder sechs Jahren abgeschlossen wurden) mit einbezogen werden, um damit die „ortsübliche Vergleichsmiete“ nach unten zu manipulieren. Das hat deshalb gravierende Auswirkungen, weil die „ortsübliche Vergleichsmiete“ die Ausgangsbasis für die Mietpreisbremse ist. Die Rechnung von Dr. Leibfried ist sogar noch zu „optimistisch“, denn hier liegt die ortsübliche Vergleichsmiete zugrunde, die nach dem bisherigen Verfahren ermittelt wurde (also auf Basis der vergangenen vier Jahre), was jedoch bei Inkrafttreten des Gesetzes nicht mehr der Fall wäre, da dann die Mieten der letzten sechs Jahre Basis der Berechnung wären.

Ob das Gesetz in der Form, wie Barley es vorgelegt hat, beschlossen wird, ist noch unklar. Die als Nachfolgerin von Barley vorgesehene Christina Lambrecht, die als linke Hardlinerin in der SPD bekannt ist, dürfte das Vorhaben wohl weiterführen. Die CDU hat sich dagegen ausgesprochen. Doch in der Vergangenheit war die CDU auch gegen die Mietpreisbremse und hat sie schließlich dann sogar ins eigene Programm aufgenommen und mitbeschlossen.

Zudem droht eine andere Gefahr, dass nämlich ähnliche Regelungen in einzelnen Städten beschlossen werden. Berlin hat hier bereits den Anfang gemacht.

Was bedeutet der „Mietendeckel“ in Berlin?

Auf Betreiben der Berliner Bauverhinderungssenatorin Lompscher hat Berlin jetzt als erstes Land einen sogenannten „Mietendeckel“ beschlossen:

Dieses Gesetz soll zunächst für fünf Jahre verabschiedet werden. Doch wer glaubt, dass es dann wieder abgeschafft und die Mieten freigegeben würden, ist politisch naiv. Schon die Mietpreisbremse wurde zunächst für nur fünf Jahre beschlossen und seinerzeit hatte ich vorhergesagt, dass nach Ablauf der ersten fünf Jahre eine Verlängerung um weitere fünf Jahre beschlossen wird. Und genau so ist es jetzt in dem Gesetzentwurf von Barley vorgesehen. Und so wird es auch sein, wenn der Berliner Mietpreisdeckel nach den ersten fünf Jahren ausläuft. Welcher Politiker wird sich dann hervorwagen mit der Forderung, die Mieten freizugeben?

Andere Städte wollen Berlin folgen und ähnliche Mietpreisdeckel-Regelungen beschließen. Man kann man sicher davon ausgehen, dass dies in Bremen geschehen wird. In Frankfurt wird es bereits diskutiert. Und in Bayern gibt es eine entsprechende Volksinitiative für einen Mietendeckel.

Ob das überhaupt legal ist – weil die Gesetzgebungskompetenz zum Mietrecht beim Bund liegt – spielt für die Politiker keine Rolle. Ihr Motto: Wir beschließen das erstmal, dann sollen die Betroffenen doch klagen. Doch eine solche Klage vor dem Bundesverfassungsgericht dauert fünf bis sechs Jahre, bis entschieden wird. Etwas schneller würde es nur gehen, wenn aus dem Deutschen Bundestag eine Normenkontrollklage angestrengt würde. Diese Normenkontrollklage müsste von 25 Prozent der Mitglieder des Bundestages angestrengt werden, doch bislang hat keine Partei erklärt, dass sie das beabsichtigt. Auch das ist bezeichnend.

Mietpreisstopp stammt aus der Zeit des Nationalsozialismus

Der in Berlin beschlossene Mietpreisstopp wurde in ähnlicher Form bereits von Nationalsozialisten und Kommunisten umgesetzt. Im November 1936 verhängten die Nationalsozialisten einen vollständigen Mietpreisstopp. Mit wenigen Änderungen galten diese gesetzlichen Regelungen bis 1990 in der DDR. Was jetzt von SPD, Linken und Grünen als „neues“ Konzept verkauft wird, nämlich Staatswohnungen (durch Enteignungen) plus Mietenstopp, wurde also in der Praxis längst probiert, mit katastrophalen Folgen für die Mieter.

Die Mieten in der DDR waren zwar sehr günstig, aber Bürger mussten viele Jahre warten, bis sie eine der begehrten Plattenbauwohnungen zugeteilt bekamen. Die Altbausubstanz in Mehrfamilienhäusern in Leipzig, Dresden, Ostberlin, Erfurt und anderen ostdeutschen Städten war so zerfallen, dass nach der Wiedervereinigung mit einem massiven Steuerprogramm – dem sogenannten Fördergebietsgesetz – viele Milliarden Euro in die Sanierung gesteckt werden mussten. Doch nicht nur alte Gebäude, sondern auch die DDR-Plattenbauten mussten im großen Stil saniert werden. Zusätzlich war ein erheblicher Neubau notwendig, um den Wohnungsmangel in Ostdeutschland zu beseitigen.

Insgesamt wurden in den 90er-Jahren mithilfe steuerlicher Förderungen 838.638 Wohnungen in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin fertig gestellt. Die Kosten beliefen sich auf 84 Milliarden Euro. Dies ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass gerade der Wohnungsbau ein Schwerpunkt der Honecker-Ära war.

Offene und versteckte Enteignung

Bekanntlich wird in Berlin derzeit ein Volksbegehren zur Enteignung von Immobilienbesitzern vorbereitet. Jedes Unternehmen, das in Berlin mehr als 3000 Wohnungen besitzt, soll verstaatlicht werden. Die Zahl der erforderlichen Unterschriften wurde um das Dreifache übertroffen. Dabei verfolgt der Rot-rot-grüne Senat offensichtlich eine 2-Phasen-Strategie:

  1. In der ersten Phase sollen durch den Mietenstopp die Bestände der betroffenen Unternehmen massiv entwertet werden. Linke Politiker zeigten bereits ihre Freude darüber, dass die Kurse von Unternehmen wie Deutsche Wohnen, Vonovia oder ADO in den vergangenen Tagen massiv eingebrochen sind.
  2. Ist der Wert erst einmal heruntergeprügelt, soll bei der geplanten Enteignung ein weiterer massiver Abschlag auf den Net Asset Value vorgenommen werden, so dass am Ende vielleicht nur 30% des aktuellen Verkehrswertes als Entschädigungssumme gezahlt werden. Das bedeutet faktisch eine entschädigungslose Enteignung, denn die Entschädigungssumme liegt damit unter den Bankverbindlichkeiten.

Ob es dazu kommen wird, ist unklar. Ich warne jedoch seit Monaten davor, dass an Stelle dieser offenen Enteignung eine versteckte Enteignung erfolgen könnte. Und genau die wurde jetzt beschlossen. Faktisch bleibt vom Rechtsinstitut des Privateigentums nur noch der formelle Titel, während die Verfügungsgewalt über das Eigentum an den Staat übertragen wird. Das erfolgt durch eine Vielzahl von Maßnahmen. Neben dem Mietendeckel sind dies beispielsweise die „Milieuschutzgebiete“, die in immer mehr Bezirken ausgewiesen werden. In diesen Gebieten muss jede Maßnahme (bauliche Veränderungen, Verkauf usw.) mit den Behörden abgestimmt werden. Erich Honecker dürfte sich bestätigt fühlen. Seine Parteigenossin (Katrin Lompscher trat bereits 1981 der SED bei) leistet gute Arbeit. Honecker behält wohl Recht mit seiner Voraussage: „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.“

Am 11. Juli findet in Berlin eine Veranstaltung statt, in der über die Einzelheiten der geplanten Neureglungen informiert wird.

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