»Lasst Daimler sterben!« Das fordert jetzt klar und deutlich ein SPD-Politiker in einem Beitrag, der sinnigerweise auf dem Blog von Dieter Spöri erschien. Spöri war von 1992 bis 1996 stellvertretender Ministerpräsident Baden-Württembergs und glückloser Wirtschaftsminister des Autolandes in der ersten schwarz-roten Koalition im Südwesten. Bis dahin hatten die Sozialdemokraten den dauerregierenden Christdemokraten ziemlich unversöhnlich gegenübergestanden. Unter dem CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel CDU gingen sie dann doch eine Koalition ein; die Wähler hatten seinerzeit die Republikaner in den Landtag gewählt und beiden Parteien erhebliche Stimmenverluste beschert.
Spöri, der für seine SPD immer wieder Wahlen in Baden-Württemberg verlor, repräsentierte später als Leiter der Konzernrepräsentanz für Bundesangelegenheiten in Berlin den Daimler-Konzern. Für diese zehn Jahre währende Arbeit für Daimler dankte ihm einst sogar der ehemalige Daimler-Chef Dieter Zetsche (»mit seinem hohen Ansehen erfolgreich und stilsicher«).
Heute hat Spöri es nicht mehr so mit Autos und Daimler. Auf seinem Blog breitet sich Christoph Mause aus. Der ist Mitglied im Ortsvorstand der SPD in Ratingen in Nordrhein-Westfalen, aber vor allem der Vorsitzende des „Managerkreises der SPD“. Und ja, Manager und Unternehmer gibt es nicht viele in der SPD. Trotzdem darf in diesem Quatschkränzchen Wirtschaft gespielt werden. Dieser sozialdemokratische Vordenker charakterisierte jetzt die deutschen Autobosse als »Vollversager und Verlierer«.
Ein Grund: Sie hätten nicht rechtzeitig auf Elektroautos gesetzt, sondern zu lange am Verbrenner festgehalten. Als Vorbild präsentiert er Tesla-Chef Elon Musk. Der habe nun gleichzeitig »wie zum Hohn – seine Rakete zur ISS geschossen. Auch das ein Kapitel, in dem sich das Daimler-Management nicht mit Ruhm bekleckert hat«, meint der SPD-Mann und ist offensichtlich nicht besonders gut darüber informiert, dass Daimler als Gründungsmitglied der EADS in der europäischen Raumfahrtindustrie führend mitgewirkt hat. Die schickt immerhin sehr erfolgreich mit Ariane-Raketen Satelliten ins All und fliegt auch zur ISS, die übrigens nicht im All, sondern noch ziemlich nahe an der Erde kreist.
Daimler stieg aus der verlustreichen Raumfahrt aus, beendete damit das Kapitel »Gemischtwarenkonzern« des einstigen Daimler-Chefs Edzard Reuter und hält heute den Aufbau einer europäischen Cloud-Infrastruktur für wesentlicher.
Mause bezeichnet sich auch als Sprecher des Managerkreises NRW der Friedrich-Ebert-Stiftung und führt tatsächlich den nur mit einer Lupe zu erkennenden Markt für Elektromobilität an, der angeblich verpasst wurde. Rund 63 000 Elektroautos wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft und erhöhten die Zahl der E-Autos auf etwa 136 000 Fahrzeuge, bei rund 48 Millionen Autos insgesamt ein eher bescheidener Markt. Die deutschen Autofahrer wollen offensichtlich keine Autos, die doppelt so viel wie normal kosten und nur eine sehr geringe Reichweite aufweisen.
Mause, für dessen SPD die größte technische Errungenschaft bekanntlich die Einführung des Farbfernsehens galt, bekrittelt: »Die deutsche Industrie liefert das nächste Vollversagen und stellt den gefeierten Streetscooter ein – niemand aus der Automobile-Industrie findet sich, der dieses Fahrzeug weiter unterstützen möchte.«
»Jeder Gewerkschafter, der sich ernsthaft Sorgen um die Arbeitsplätze der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer macht, wäre gut daran beraten, den Vorständen und Managern der Unternehmen täglich in den Allerwertesten zu treten und endlich die viel zu lange überfällige und notwendige Transformation des deutschen Automobilbaus einzufordern.«
Er verweist auf »drei junge Studenten« in München. Die wollen mit ihrem Münchner Startup Sono mit dem »Sion« ein Elektroauto bauen, das mit Solarzellen auf dem Dach aufgeladen werden kann. Vor allem im nebligen Herbst und trüben Winter keine besonders aussichtsreiche Idee. Dementsprechend hält sich die Begeisterung ausserhalb des Elektrodunstkreises in engen Grenzen.
Wenigstens wissen die Mitarbeiter »beim Daimler« in Stuttgart jetzt endgültig, woran sie mit SPD und Grünen sind. Schwierig allerdings dürfte es für sie werden, ihren Ehefrauen auf vornehmer Stuttgarter Halbhöhenlage zu erklären, dass die Parteien, die die immer wählen, den Verlust der Arbeitsplätze ihrer Ehemänner unter anderem »beim Daimler« verursacht haben.