Die SPD-Basis hat entschieden. 239.604 Genossinnen und Genossen wollen, dass ihre Partei abermals mit der CDU/CSU koaliert. Das entspricht 66 Prozent der gültigen Stimmen. Bezogen auf alle stimmberechtigten Mitglieder sind das immer noch 52 Prozent – ein klares Votum. Dazu ein paar Anmerkungen:
- Mit diesem Votum wurde die Geiselnahme der Bundespolitik durch die SPD am 4. März 2018 um 9:35 Uhr beendet – und zwar unblutig.
- Die 9,5 Millionen Bürger, die der SPD ihre Zweitstimme gegeben haben, wissen nun, dass sie für die Übernahme politischer Verantwortung gestimmt haben – nicht für irgendwelche Erneuerungs-Stuhlkreise.
- Das klare Votum „Pro GroKo“ beschert den in der SPD den Ton angebenden Oberstudienräten, Sozialpädagogen und Berufsfunktionären (in Staat und Partei) eine schmerzhafte Konfrontation mit der Wirklichkeit.
- Die These, „die“ SPD habe den Staat über die Partei gestellt, trifft so nicht zu. Die Mehrheit der Mitglieder hat das getan – nicht etwa die Parteiführung.
- Zwei Sonderparteitage und ein Mitgliedervotum zur Koalitionsfrage haben offenbart, dass der SPD-Führung der Mut zur Führung fehlt. Partei- und Fraktionsspitzen haben sich hinter der Mitgliedschaft verschanzt. Ein klarer Fall von kollektiver Verantwortungslosigkeit.
- Die Grabesstille der SPD-Mitarbeiter bei der Verkündung des Abstimmungsergebnisses belegt, dass sich auch der Parteiapparat meilenweit von den eigenen Mitgliedern (und Wählern) entfernt hat.
- Wahrscheinlich haben die seit Wochen immer schlechter werdenden Umfragezahlen die SPD gerettet. Nur Hasardeure und Ideologen provozieren Neuwahlen, um bei 16 Prozent zu landen.
- Das deutliche Votum widerlegt den „Kevin-Hype“ der meisten Medien. Schon vor einem Jahr hat die Mehrzahl der Medien – allen voran die öffentlich-rechtlichen – beim „Schulz-Hype“ nicht über die Wirklichkeit berichtet, sondern ihre Wünsche und Sehnsüchte geäußert.
- Die Vorwürfe anderer Parteien, die SPD habe sich für Macht und Posten entschieden, gehen an der Sache vorbei. Wer gestalten will, braucht Macht und Posten. Aus der Zuschauer-Loge heraus lässt sich immer am leichtesten räsonieren und moralisieren.
- Vier Prozent der Abstimmenden (in Zahlen: 14.943) waren offenkundig überfordert, eine eidesstattliche Erklärung sowie einen Stimmzettel im verschlossenen Umschlag zusammen in den Wahlbrief zu stecken. Was sagt das eigentlich über die SPD-Mitgliedschaft aus?
Fazit: Das Hin und Her seit dem 24. September, die Widersprüche und Wortbrüche ihres Spitzenpersonals lassen nur ein Urteil über den Zustand der SPD zu: zurzeit nur bedingt geschäftsfähig.