Weiter Zehntausende „Spaziergänger“ – Auseinandersetzung um Bußgeldbescheide
Jonas Aston
An diesem Samstag demonstrierten erneut Zehntausende gegen die Corona-Politik – dabei werden auch die Themen Inflation und Ukraine-Krieg zunehmend relevant. Außerdem kommen Zweifel an der Rechtmäßigkeit von immer mehr Bußgeldbescheiden auf.
Mancherorts finden schon seit rund zwei Jahren kleine regelmäßige Proteste gegen die Corona-Politik statt. Vor etwa 20 Wochen etablierte sich diese Protestform „Spaziergänge“ im gesamten Bundesgebiet. Das dominierende Thema bleibt die Corona-Politik. Rufe nach einer Aufarbeitung der Maßnahmen werden immer lauter. Zudem werden die allgemeinen Preissteigerungen und der Ukraine-Krieg immer häufiger thematisiert. Diesen Samstag gingen wieder Zehntausende auf die Straße. Die Demonstrationen verliefen durchweg friedlich.
In Augsburg demonstrierten Hunderte. Die Teilnehmer plakatierten „Wahrheit bringt Frieden“. Sie protestierten „gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht, für die lückenlose Aufarbeitung der Pandemie, für die Aufklärung der Impfstoffe und Anerkennung der Impfschäden“. Die Teilnehmer sagten „Nein zur Spaltung der Gesellschaft“.
Am Mittwoch wurde bereits in München demonstriert. Polizeiangaben zu den Teilnehmerzahlen liegen nicht vor. Es dürfte sich jedoch eine vierstellige Zahl an Demonstranten zusammengefunden haben. Unter ihnen waren besonders viele Pflegekräfte. Eine schrieb: „Pflege mit Herz aber nicht mit Impfpflicht. Wir wissen nicht, wie es weitergeht! Lasst uns nicht im Stich! Und jetzt auch noch 2500 € Bußgeld!“ Eine weitere skandierte: „Erst klatschen, dann Impfpflicht, Betten- und Personalabbau?“
Ebenfalls um die 1000 Menschen dürften in Reutlingen protestiert haben. Auch hier liegen jedoch keine behördlichen Angaben vor. Teilnehmer brachten Deutschland-Flaggen mit. Auf einer anderen Fahne war „n’ Scheiss muss ich“ zu lesen. Die Demonstranten forderten ihr körperliches Selbstbestimmungsrecht ein und sagten „nein zum Impfzwang in der Pflege“.
Ein großer Protestzug formierte sich auch dieses Wochenende wieder in Düsseldorf. In der Vergangenheit stellte sich die Polizei stets auf 1500 Teilnehmer ein. Die Demonstranten plakatierten „enough is enough – let’s take back our lives“. Sie forderten eine Abkehr von der „Angstpolitik“ und ein „hin zu Verständnis und Mitgefühl“. Der Regierung gegenüber bleiben die Demonstranten weiterhin misstrauisch. So schrieb ein Bürger: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Der Impfzwang ist allgegenwärtig und eine Bedrohung für die Menschheit! Geht weiterhin auf die Straße!“
In Frankfurt fanden am Samstag gleich mehrere Demonstrationen statt. Vergangene Woche berichtete die Polizei von der umstrittenen Zahl 570 Corona-Demonstranten. Auch diese Woche dürfte die Teilnehmerzahl zumindest im oberen dreistelligen Bereich gelegen haben. Die Demonstranten plädierten für „Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung“.
Ein Bündnis bestehend aus VCD, „Fridays for Future“, das Bündnis Verkehrswende, das Aktionsbündnis unmenschliche Autobahn, die Kampagne „Fecher bleibt – keine A66!“, BUND und Attac riefen zur Fahrraddemo gegen die Verlängerung der A66 auf. Bei der angezeigten Demonstration blockierten die Teilnehmer zeitweise die Autobahn. Alexis Passadakis von der Gruppe „Ende Gelände Frankfurt“ meint: „In Zeiten der Klimakrise darf kein Meter Autobahn mehr gebaut oder ausgebaut werden.“
Zudem wurde eine Pro-Palästina-Demonstration in der hessischen Großstadt abgehalten. Schon auf Facebook schrieben Teilnehmer: „Besatzung, Landraub und Siedlungskolonialismus dürfen nicht hingenommen werden!“ Es waren Parolen wie „From the river to the sea“ oder „von Frankfurt bis nach Gaza, yallah Intifada“ zu hören. Der hessische Antisemitismus-Beauftragte Uwe Becker (CDU) fordert, diese Demonstrationen künftig zu unterbinden. „Es darf keine Vernichtungsmärsche gegen Israel auf unseren Straßen geben. Wenn palästinensische Organisationen offen ein ‚befreites Palästina vom Fluss bis zum Meer‘ fordern, dann ist dies in meinen Augen ganz klar der Aufruf zur Auslöschung Israels.“ Die Antifa rief zum Protest gegen die Corona-„Spaziergänger“ auf.
Zudem bestehen an der Rechtmäßigkeit von diversen Bußgeldbescheiden aus den vergangenen Wochen, die aufgrund der Teilnahme an einer nicht angezeigten Demonstration ausgestellt wurden, immer mehr Zweifel. In Reutlingen legten 300 Personen Beschwerde gegen solche Bußgelder ein. Ganz überwiegend mussten die Verfahren vertagt werden. Unter anderem konnten sich die vorgeladenen Polizeibeamten durchweg an keinen der Angeklagten erinnern.
Die „Freien Sachsen“ veröffentlichten nun ein Papier, das vom Amtsgericht Dresden stammen soll. In dem Verfahren geht es um eine Demonstration vom 13. März 2021 in der sächsischen Landeshauptstadt. Die Polizei setzte eine vierstellige Anzahl von Personen fest und belegte die Teilnehmer mit Bußgeldern. Nach vorläufiger Rechtsauffassung des Amtsgerichts Dresden könnten sich diese Bescheide nun allesamt als rechtswidrig herausstellen. Das Papier kann jedoch nicht verifiziert werden.
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