Jetzt sondieren sie wieder. „Sondieren“, das heißt laut Duden unter anderem: vorsichtig erkunden, erforschen, abchecken, ausspähen, ergründen, inspizieren, nachspüren, abklopfen, auf den Zahn fühlen, unter die Lupe nehmen, ausspionieren, aufklären, ausbaldowern, ausloten, Wassertiefe messen usw. Selbiges haben sich CDU, CSU und SPD für Sonntag, 7. Januar, 12 Uhr, bis inkl. Donnerstag, 11. Januar, vorgenommen – teilweise in einer dreimal 13-köpfigen, also einer 39er Kopfrunde, teilweise in einer der 14, in der Regel sechsköpfigen Sondierungsgruppen. Mal schauen, was mehr als 100 Tage nach der Bundestagswahl vom 24. September „ausbaldowert“ und in hoffentlich nicht zu seichtem und trübem Gewässer ausgelotet wird. Ob etwas dabei herauskommt und ob es dann überhaupt zu regulären Koalitionsverhandlungen mit einer Regierungsbildung gegen Ostern kommt, das hat auch mit den beteiligten Personen zu tun. Man kann aus den Personenkonstellationen nicht alles, aber doch ein wenig Spekulatives ableiten. Beteiligen wir uns daran, so wie es ab sofort auch die sog. Qualitätspresse tun wird.
Die 3-mal-13er-Kopfrunde
Natürlich sind die Parteivorsitzenden Merkel (CDU), Seehofer (CSU), Schulz (SPD) sowie die Fraktionsvorsitzenden Kauder (CDU/CSU), Nahles (SPD) und CSU-Landesgruppenchef Dobrindt dabei. Mit von der Partie sind für die SPD und die CSU die „Generale“: Klingbeil (SPD) und Scheuer (CSU). Tauber (CDU) fehlt wohl aus gesundheitlichen Gründen. Die CDU/CSU bietet von ihren sieben Ministerpräsidenten fünf auf: Bouffier (Hessen), Laschet (NRW), Kramp-Karrenbauer (Saarland), Haseloff (Sachsen-Anhalt) und Seehofer (Bayern) – neben Seehofer übrigens auch dessen designierten Nachfolger Söder, der ja bei den Jamaika-Sondierungen noch fehlte. Nicht dabei sind für die CDU hier die Ministerpräsidenten Günther (Schleswig-Holstein) und Kretschmer (Sachsen).
Die 14 Sondierungsgruppen
Die Gruppe „Europa“ lassen sich die drei Parteivorsitzenden nicht nehmen.
Thematisch restlos überfrachtet ist die Gruppe „Außen/Entwicklung/Bundeswehr“. Das dürfte für allem für die geschäftsführende Verteidigungsministerin von der Leyen erneut zu einer Überforderung werden. Es ist zu befürchten, dass der desaströse Zustand der Bundeswehr wieder zu einem Randthema wird. In der Gruppe Migration/Integration ist die CDU/CSU-Gruppe mit Bouffier und Herrmann recht stark vertreten. Sie sieht sich dort dem Ideologen Stegner und dem Realpolitiker Pistorius von der SPD gegenüber. Leichtgewichtig besetzt ist die Gruppe Bildung/Forschung. Das einzige Schwergewicht ist hier Bayerns Kultusminister Spaenle. Die Zusammensetzung dieser Gruppe lässt erwarten, dass der Bund in einer neuen GroKo kaum zusätzliche Kompetenzen bekommt. Die SPD „versteckt“ auch hier in den 14 Sondierungsgruppen drei ihrer Ministerpräsidenten: Müller (Berlin), Woidke (Brandenburg) und Sieling (Bremen); sie sind nicht dabei.
Wer nicht dabei ist
Eine Verteilung von Ministerposten lässt sich – falls die GroKo überhaupt zustande kommt – nur begrenzt ablesen. Vielleicht aber eben die Vermutung/Erwartung, dass der eine oder andere nicht oder nicht mehr dabei sein wird. Der von manchen CDU-Leuten und von der Presse zum Shootingstar hochgejubelte schleswig-holsteinische Ministerpräsident Günther (CDU), der sich übrigens vehement für Jamaika ausgesprochen hatte, ist nicht dabei – weder in der Kopf-Runde noch in den Sondierungsgruppen. Der zuletzt höchst aktive geschäftsführende Außenminister Gabriel ist in keiner der Runden vertreten. Vor allem aber: Es ist in keiner der Runden ein gewisser Heiko Maas dabei. Das lässt hoffen, dass er das ist, was die englische Sprache mit dem Begriff „shooting star“ wirklich meint: nämlich einen verglühenden Kometen. Seinem von ihm initiierten und von der CDU/CSU leider mitgetragenen Netzdurchsetzungsgesetz (vulgo: Zensurgesetz) wäre es zu wünschen.