Es hat nicht gut angefangen mit dem politischen Aschermittwoch der CSU: Zuerst wurde die „Digitalkönigin“ Dorothee Bär angekündigt, aber sie hörte nichts. Klar, weder ihre App noch sonst ein Versprechen hat sie als pompös angekündigte Digitalministerin eingelöst. Dafür, sagt der Moderator, habe sie sich „gut zurecht gemacht“ mit einem piepsig grellblauem Kitsch-Dirndl und ebenso piepsiger Stimme: „Hör nix, hör nix, hör nix“. Warum sollte es ihr besser gehen als dem Bürger, der vergeblich auf schnelles Internet wartet? Manchmal ist die Welt doch gerecht. Schein ist allein, was zählt im digitalen Bayern der Bär, nicht Bits.
Ob man CSU-Chef Söder mag oder nicht, eines steht fest, er ist ein hundertprozentiger Profi mit genau kalkulierter Wirkung zur passenden Zeit. Er kann die Stimmungslage der Deutschen treffsicher einschätzen. Niemand braucht Umfragen, um die Frustration und Säuernis über alle Parteigrenzen hinweg zu kennen und vor allem zu spüren. Hauptkritikpunkte: Die versprochenen schnellen Hilfen für Unternehmen und Selbständige und das große Impfwunder. Während die Ersteren immer noch auf die Zahlungen für November warten, geschah auch kein Impfwunder, sondern das größte Fiasko seit langer Zeit.
Wer im nur virtuellen Saale oder an den TV-Geräten dabei nicht an die Kanzlerfähigkeit Söders gedacht hat, muss bar jeder emotionaler Wahrnehmung sein. Ansonsten bedankte sich der Spitzenpolitiker für die Geduld und das Mitmachen der Deutschen in der Befolgung der Corona-Maßnahmen, die man aus Gründen der Vernunft noch eine Weile aushalten müsse.
Selbstredend baute der Bayern-Führer zugleich wieder eine unüberwindliche Mauer gegenüber der AfD. Wieder machte auch er damit den Fehler, einzelne bizarre Aussagen dieser Partei zur Begründung heranzuziehen, ohne zu bedenken, dass er damit auch alle Wähler als Gegner der Demokratie diffamiert. Die SPD, der derzeitige Koalitionspartner im Bund, kam mit der Feststellung davon, dass ihr Kandidat Olaf Scholz zwar seriös und anständig sei, die Fäden in der SPD aber die Linken in der Hand hielten.
Ansonsten fiel auf, dass diesmal ein eher nachdenklicher Söder in Passau zu Gast war. Immer wieder kleine Pausen mit zur Seite geneigtem Kopf und gefühligen Augen. Richtig menschelte es, als er von seiner Mutter berichtete, die kurz vor ihrem Sterben beim letzten gemeinsamen Geburtstag ihres Mannes stolz auf ihre perfekte Frisur war. Deswegen verstehe er die große Bedeutung der Öffnung der Friseurläden am 1. März, für die er in Berlin gekämpft habe. Gleichzeitig – ein Schelm, wer Böses dabei denkt – betonte er an dieser Stelle, dass mit dem bundesweiten und europapolitischen Anspruch der CDU und Bayerns weiter fest zu rechnen sei.
Die Professionalität, mit der die Generalsekretäre dieses traditionsreiche Spektakel im digitalen Zeitalter ohne menschliche Direkt-Kontakte organisiert hatten, beeindruckte, wobei ausgerechnet während des live zugeschalteten Grußwortes des neuen CDU-Vorsitzenden und möglichen Kanzlerkandidaten, Armin Laschet, der Ton über längere Zeit auf digitalen Abwegen wandelte, was aber seinen Worten zum unbedingten Schulterschluss von CDU und CSU keinen Abbruch tat.
Es war ein wenig vorgetäuschter Friedensschluss der Konkurrenten. Dem Zuschauer geht es wie der hilflosen Problem-Bär im Dirndl: „I hör nix. I hör nix“. Vielleicht hört der Zuhörer sogar, aber er glaubt es nicht.