„Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stellt für sein Bundesland Öffnungsmöglichkeiten ab der kommenden Woche in Aussicht“, schrieb die Welt, „Die Inzidenz sinkt, sie liegt heute in Bayern bei 145. 17 Landkreise und Städte sind schon unter einer Inzidenz von 100“ – und weiter: „In Bayern könnten ab kommender Woche Außengastronomie, Kinos und auch Grundschulen öffnen … Zudem machte er Hoffnung auf offene Hotels in wenigen Wochen.“
Da reibt sich mancher die Augen. Hatte Söder nicht die ganze Zeit immer noch mehr Lockdown verlangt, wenn die Lockdown-Marke von Merkel ohnedies schon ganz hoch auf der nach oben offenen Lockdownskala stand? Ja klar, das ist Söder, wie er leibt und lebt: Höher, schneller, weiter als seine jeweilige Benchmark-Person.
Und dann hat er immer seine derzeitige und wohl noch länger geltende Benchmark-Partei in Sachen Demoskopie im Blick, die Grünen. Denn Söder hält an seiner Blaupause der asymmetrischen Mobilisierung nach Merkel-Art fest, die sich so beschreiben lässt: Wie verhindert man weitere Zuwächse der Grünen? Indem man grüner als die Grünen ist.
In Berlin überbieten sich CDU und SPD in ihren Forderungen, noch vor dem Sommer „Klimaschutz“-Gesetzgebung auf Teufel komm raus durch den Bundestag zu jagen. Da muss Söder natürlich nicht nur dabei, sondern vorne sein.
„Die großen Worte gehen ihm wie immer leicht von den Lippen“, schreibt der Merkur und referiert Söder, es sei „eine Generationen-Aufgabe, den Ausgleich zwischen Wirtschaft und Ökologie zu schaffen“, dass das Bundesverfassungsgericht Nachbesserungen beim Klimagesetz fordere, nenne er ein „klares Signal“. Dann, formuliert der Merkur hübsch, folge noch ein »halblautes Sätzchen: Klimaschutz sei nicht „das Label einer Partei“«. Nach Söder soll der Freistaat bis 2040 statt 2050 „klimaneutral“ werden – Zwischenziel 2030: „65 plus x Prozent“.
Bei ihrem grünen Überbietungswettbewerb übersehen Unionisten und SPDisten allesamt, dass sie damit keine Wähler gewinnen, sondern den Grünen zutreiben. Insofern ist Söder in „guter“ Gesellschaft mit seinem Politikverständnis: Er weiß zwar nie, wo er hin will, aber dafür ist er schneller dort.