Tichys Einblick
Vorbei

So überflüssig wie die FDP

Die FDP weiß weder wofür, noch für wen sie Politik machen soll – und demzufolge auch nicht, welche Politik sie zu vertreten hat. Sie möchte dabei sein, weiß aber auch nicht so genau, wobei sie dabei sein möchte. Inhalt, Durchsetzungsvermögen, politischer Instinkt und Machtwillen fehlen ihr. Sie hat sich auf das Projekt 4 % geeinigt.

Jeder Tag, an dem man nichts von der FDP hört, ist ein guter Tag, denn das Maß des Fremdschämens ist, mit einer Partei, deren einzige Orientierung nur noch in den Vorgaben aktivistischer Medien besteht, längst überschritten. Außer Phrasen und fortwährende Entschuldigungen für demokratisches Verhalten, erfährt man von der FDP nichts mehr.

Thomas L. Kemmerich, Fraktionsvorsitzende der FDP im Thüringer Landtag, hat am Donnerstag getwittert: „Nicht die Annahme der Wahl war der Fehler (…), sondern der Umgang der anderen demokratischen Parteien mit der Situation“. Panisch schaltete sich das Präsidium der FDP heute Morgen telefonisch zusammen, um noch panischer zu verkünden: „Das FDP-Präsidium distanziert sich geschlossen von den aktuellen Äußerungen von Thomas Kemmerich.“

Man hört geradezu in der Pressemitteilung Christian Lindners Bangen vor einem Rapport bei der Bundeskanzlerin heraus. Wie sollte er ihr auch die neuerliche Unverzeihlichkeit erklären?

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In seiner Panik fiel dem Präsidium nicht einmal die kognitive Dissonanz seiner Pressemitteilung auf, in der es abschließend heißt: „Die Entscheidung über die Spitzenkandidatur trifft der FDP-Landesverband Thüringen. Für das Präsidium der FDP steht jedoch fest, dass es keinerlei finanzielle, logistische oder organisatorische Unterstützung für einen Wahlkampf eines Spitzenkandidaten Thomas Kemmerich durch den Bundesverband geben wird.“ Trifft die Entscheidung nun der Landesvorstand oder trifft er sie jedoch nicht? Im Klartext heißt das wohl: wenn ihr nicht denjenigen als Spitzenkandidaten für den Wahlkampf aufstellt, denn wir wollen, gibt es kein Geld für den Wahlkampf. Illiberaler geht es kaum noch.

Aus der Pressemitteilung des Präsidiums geht zweifelsfrei hervor, dass man wieder eine demokratische Wahl wenn schon nicht rückgängig machen, so doch verhindern will. Einen der wenigen Liberalen, die die FDP noch hat, versucht man nun zum Rückzug zu zwingen.

Gerade in den letzten Wochen habe ich mich beschäftigt mit dem Widerstand der Hochschulgruppe der Liberaldemokraten gegen die Stalinisierung der Leipziger Universität. Aufrechte Demokraten wie Wolfgang Natonek wurden verhaftet. Willfährige Funktionäre besetzten die Führungsstellen der Partei und überführten die LDPD in die Nationale Front des demokratischen Deutschlands, in den demokratischen Block. Fortan wies die SED der LDPD die Mandate und das, was sie zu äußern hatte, zu. In den nächsten 40 Jahren war dann auch, von den Liberalen in Ostdeutschland nichts mehr zu spüren.

Statt eine FDP-CDU-Regierung in Thüringen zu unterstützen, hat die FDP in bester Blockparteientradition der Linken, dem Rechtsnachfolger der SED, zur Macht verholfen. Weil Kemmerich das zurecht kritisiert, wird ihm nun Rücktritt und Austritt empfohlen.

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Es scheint dem Präsidium der FDP entgangen zu sein, dass wir keine moralische, sondern eine repräsentative Demokratie haben, die auf dem freien Abgeordneten fußt. Wenn man die Erklärung des Präsidiums liest, kann man fast zu dem Schluss kommen, dass Kemmerich eine FDP-AfD-Koalition angestrebt hat. Nur zur Erinnerung: Kemmerich wollte mit der CDU koalieren.

Muss man der FDP wirklich die Grundsätze der parlamentarischen Demokratie erläutern? Will man sich wirklich der vergeblichen Liebesmüh unterziehen?

Die FDP hat sich selbst aufgegeben. Sie weiß weder wofür, noch für wen sie Politik machen soll – und demzufolge auch nicht, welche Politik sie zu vertreten hat. Sie möchte dabei sein, weiß aber auch nicht so genau, wobei sie dabei sein möchte. Inhalt, Durchsetzungsvermögen, politischer Instinkt und Machtwillen fehlen ihr. Sie hat sich auf das Projekt 4 % geeinigt.

Was in diesen Tagen erneut deutlich wird: Deutschland benötigt eine liberale Partei. Es wäre an der Zeit, sie zu gründen.

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