SkiD – das bedeutet „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland“ und ist eine repräsentative Umfrage, die vom Bundeskriminalamt in Auftrag gegeben wurde und inzwischen ohne viel mediale Aufmerksamkeit veröffentlicht wurde. Es geht dabei um die sogenannte Dunkelfeldforschung, die Befragung soll also ein vollständigeres Bild der Kriminalität in Deutschland erlauben, als es die polizeilichen Kriminalstatistiken bieten. Erfasst wurde die „Wohnbevölkerung ab 16 Jahren“. Als Sprachen standen Deutsch, Türkisch, Russisch und Arabisch zur Verfügung. Gut 45.000 Fragebögen wurden dazu ausgewertet. Die Studie ist laut BKA „auf regelmäßige Wiederholung“ angelegt. Vergleiche in die Vergangenheit sind mangels ähnlicher Studien kaum möglich.
In Hamburg muss der SKiD-Bericht der Landespolizei öffentlich sein. Im Netz steht er in einer „Version 1.0“ vom Juni 2023. Da aber die Ergebnisse nicht durchweg ins Narrativ passen, hat man ihn lieber an eine unauffällige Stelle ins Netz gestellt, auf dass nicht jeder neugierige Bürger gleich darüber stolpert … Kontaktiert wurden rund 23.000 Hamburger von November 2020 bis Januar 2021 durch Papier- und Onlinefragebögen. Das war bekanntlich die durch Coronamaßnahmen geprägte Zeit, und es wird gemutmaßt, dass das veränderte Leben eine Auswirkung auf die Antworten hatte. Das kann man weder beweisen noch widerlegen. Nahe liegt jedoch, dass die befragten Bürger ihre Erfahrungen und Erinnerungen eher aus der Vor-Corona-Zeit zogen. Das gezeichnete Bild bleibt in jedem Fall hochaktuell und relevant. In Hamburg waren rund 8.500 beantwortete Fragebögen auswertbar. Etwas mehr Frauen (4.520) als Männer (3.862) haben die Fragebögen ausgefüllt.
Das Wegstellen muss jedenfalls einen Grund haben. Fangen wir also mit den wichtigsten Ergebnissen in Kürze an, wie sie auch die Hamburger Polizei in einigen drögen, aber informativen Absätzen erläuterte (mit Link zum gesamten Bericht).
Demnach fühlen sich fast alle Hamburger tagsüber in ihrer Wohnung und Wohngegend sicher. Überraschung! Wo sonst sollte Sicherheit garantiert sein. Im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) stimmt das am Tage schon für elf Prozent nicht. Und nur etwa zwei Drittel der Hamburger (69,7 %) fühlen sich nachts in ihrer eigenen Wohngegend sicher. Das bedeutet auch, dass fast ein Drittel (29,2 %) sich nachts nicht mehr immer vor die eigene Tür traut. 22 Prozent verlassen das Haus häufig nicht mehr alleine. Das gilt vor allem für Frauen, die neben Wohnungseinbrüchen neuerdings vor allem sexuelle Belästigungen befürchten. Zum klassischen Einbruch ist die Angst vor Vergewaltigung und sexueller Belästigung als Teil des „normalen” Lebens gekommen. Nachts fühlen sich nur noch rund 60 Prozent der Frauen ohne Begleitung sicher.
Das Erleben von Straftaten steigert die Unsicherheit stark
Insgesamt fühlt sich nur noch die Hälfte der Hamburger nachts im ÖPNV sicher. Aber – verraten uns die Studienautoren – im Bundes- und Großstadtdurchschnitt sei das noch ein guter Wert. Das heißt wiederum: In deutschen U-Bahnen und Bussen fühlen sich im Schnitt weniger als die Hälfte der Nutzer sicher (genau 46 %; unter Frauen: 33 %; Männer: 60 %). Ein Drittel der Hamburger Befragten meidet den ÖPNV denn auch nachts, so gut es geht. Bundesweit gilt das sogar für 37 Prozent und für 52 Prozent der Frauen.
Das „Schönste” an diesem ersten Absatz zum „raumbezogenen Sicherheitsgefühl“ sind aber die letzten beiden Sätze. Nach ihnen ist „das Sicherheitsgefühl nachts in der Wohngegend“ zwar „als Standardindikator der allgemeinen, raumbezogenen Kriminalitätsfurcht etabliert“. Das von den befragten Hamburgern geäußerte „(Un-)Sicherheitsempfinden“ sei aber ein „unspezifisches, das primär eher mit Persönlichkeits- und Gruppenmerkmalen sowie besonderen externen Umständen in Zusammenhang steht als mit Kriminalität“.
Das Unsicherheitsgefühl der Bürger hätte also mit gar nichts zu tun – außer mit den je spezifischen „Persönlichkeits- und Gruppenmerkmalen“ und irgendwelchen anderen „externen Umständen“. Aber woher wissen die Auswerter das eigentlich so genau? Genauso plausibel erscheint, dass blutvolles eigenes Erleben zusammen mit gehäuften Nachrichten von Kriminalität zu einem veränderten Sicherheitsempfinden geführt haben. Übrigens fühlt sich auch im bundesweit erhobenen SKiD ein Viertel der Bundesbürger in der eigenen Wohngegend unsicher. Knapp zwei Drittel aller befragten Bundesbürger sind etwas bis sehr stark beunruhigt, zum Opfer von Körperverletzung zu werden.
Müll, herumhängende Gruppen und Schmierereien untermalen das Unsicherheitsgefühl
Hat man einmal eine Straftat erlebt, wächst die Sorge stark auf das Zwei- bis Dreifache an, bei Körperverletzung und sexueller Belästigung sogar noch sehr viel stärker. Es handelt sich um einschneidende Erfahrungen, die Spuren hinterlassen. Kein Wunder ist es da, dass auch die Hälfte der Hamburger „häufig bis sehr oft bestimmte Straßen/Plätze/Parks“ meidet (bundesweit: 44 %; Frauen: 58 %) oder „nachts fremden Personen auf der Straße“ ausweicht. 14 Prozent haben eine Notruf-App auf ihrem Handy installiert. 2,6 und 3,6 Prozent führen einen Schrillalarm oder ein Reizgas mit sich, 1,1 Prozent ein Messer, 3,9 Prozent haben ein Selbstverteidigungstraining absolviert oder betreiben Kampfsport.
Fast jeder dritte Hamburger (28 %) fühlt sich durch Wohnungseinbruch beunruhigt. Jeder Vierte befürchtet, bestohlen zu werden, fast jeder Fünfte (ca. 18,5 %) ist unruhig, von Körperverletzung und sexueller Belästigung betroffen zu sein. Das sind eher abstrakte Zahlen, die aber konkrete Befürchtungen anzeigen. Prinzipiell hatten die Befragten eher vor Eigentumsdelikten als vor Gewaltkriminalität Sorge. Auf Straßen, Plätzen, in Bus und Bahn kommen beide Kriminalitätsarten vor; häufig führt eins zum anderen. Am deutlichsten ausgeprägt ist interessanterweise die Angst vor Betrug im Internet (38,3 Prozent fühlen sich dadurch beunruhigt) – trotzdem verzichten die meisten Hamburger nicht auf Geldgeschäfte im Internet.
92 Prozent der befragten Hamburger leben noch gern in ihrer Wohngegend. Zugleich gibt es aber Warnzeichen, die von gefühltem Abstieg künden: Fast die Hälfte bemerkt im eigenen Viertel oft oder sehr oft die Vermüllung von Straßen und Grünflächen. Etwa ein Drittel nimmt „herumhängende Gruppen“ wahr. Ein Fünftel bemerkt Schmierereien und unangemessenen Lärm. Seltener (zu unter zehn Prozent) werden Vandalismus, Streitereien und Schlägereien im öffentlichen Raum wahrgenommen.
Der Unterschied zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen
Schließlich ist interessant, inwiefern sich Personen mit und ohne Migrationshintergrund sicher fühlen. Tagsüber fühlen sich Personen mit Migrationshintergrund demnach etwas weniger sicher als „Personen ohne Migrationshintergrund“, also Deutsche. Nachts seien die Unterschiede größer, und das Verhältnis dreht sich um: Nun fühlen sich die Deutschen deutlich unsicherer als Personen mit Migrationshintergrund.
Dagegen befürchten „Personen mit Migrationshintergrund“ deutlich häufiger, zum Opfer von Vorurteilskriminalität, Terrorismus und Körperverletzung zu werden. Sie betreiben auch häufiger Kampfsportarten, um sich vor Kriminalität zu schützen. Das kann mit ganz verschiedenen Faktoren zusammenhängen, etwa auch den Wohngegenden der Migrationshintergründler. Deutsche ohne Migrationshintergrund schützen sich dagegen häufiger vor Einbruch. Übrigens ist die durchschnittliche Furcht vor Kriminalität in Hamburg-Mitte und auch Hamburg-Harburg deutlich höher als in vielen anderen Bezirken.
Bundesweit vermutet laut dem BKA-Bericht jedes zweite Opfer von Körperverletzung, wegen „gruppenbezogener Vorurteile“ angegriffen worden zu sein – das beleuchtet, wenn nichts anderes, auch die fortschreitende Tribalisierung, den Gang in den Multi-Kulti-Stammesstaat in Deutschland. Wobei es natürlich auch noch andere als ethnische Gruppen geben soll. Männer werden übrigens insgesamt häufiger zum Opfer von Straftaten, nur bei Sexualstraftaten und Partnerschaftsgewalt ist das anders.