Der Ökonom Hans-Werner Sinn wirft den Grünen vor, die wahren Kosten der Energiewende zu verschleiern. „Von grüner Seite wird ein Narrativ verbreitet, das falscher kaum sein kann und im Kern unehrlich ist. Nämlich, dass wir durch die Nutzung grüner Energie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen würden: Wir helfen dem Klima, und billiger als vorher wird es auch noch“, sagte der frühere Chef des Münchener Ifo-Instituts der Welt.
Mit einem dauerhaften Rückgang der Inflation rechnet Sinn nicht. „Leider sagen uns die Erfahrungen aus den Siebzigerjahren, dass wir mit weiteren Wellen rechnen müssen. Perspektivisch gibt es Kräfte, die die Inflation neu aufbauen. Der Gasmangel zum nächsten Winter ist ja bereits programmiert“, so der Ökonom. Die Preis-Lohn-Preis-Spirale greife bereits, wie man an Abschlüssen und Forderungen vonseiten der Gewerkschaften sehe. „Und die Staaten werden neuen inflationären Schuldendampf in das System einströmen lassen, weil die Teuerung die Schulden relativ zum inflationär aufgeblasenen Sozialprodukt fallen lässt.“
Die Europäische Zentralbank habe zwar mit Zinsanhebungen endlich den Kampf gegen die Inflation aufgenommen. Doch „sie hätte schon voriges Jahr handeln müssen, denn schon damals stellte die Inflation der gewerblichen Erzeugerpreise alles in den Schatten, was wir in der Geschichte der Bundesrepublik haben sehen können.“ Die EZB werde, so erwartet Sinn, zwar die Zinsen weiter heben, aber nicht so hoch, dass die Staaten mit ihrer inflationstreibenden Verschuldungspolitik aufhören würden.
Um die Energiekrise in den Griff zu bekommen, müsse Deutschland „die noch laufenden Kernkraftwerke weiterbetreiben und die schon abgestellten wieder anfahren.“ Deutschland sei das Land, in dem die Grundlagen für die Kernphysik gelegt worden seien. Dass man sich gerade hier von dieser Technologie verabschiede, sei „ein Unding“.
Wenn Kernenergie gefährlich werde, dann deshalb, weil es andere mit weniger Know-how betrieben, als Deutschland es hätte.
(dts)