Am 29. Januar 2022 verfasste die Redakteurin der „Ostthüringer Zeitung“ (OTZ) Sylvia Eigenrauch einen Text über eine Demonstration gegen Corona-Maßnahmen, die in Gera stattfand. Nach Meinung des Chefredakteurs hätte sie das besser gelassen. Denn Eigenrauch ließ zwei Demonstranten in ihrem Beitrag kurz zu Wort kommen. Außerdem schrieb sie ein paar allgemeine Sätze über den Charakter des Demonstrationsrechts: „Ja, die Demonstrationen sind weiter nicht angemeldet. Doch kein Mensch ist illegal. Das Versammlungsrecht ist ein Abwehrrecht gegen den Staat und dazu gemacht, dass sich Minderheiten Gehör verschaffen können.“ OTZ-Chef Jörg Riebartsch kündigte ihr daraufhin fristlos. Ihr Beitrag verstoße gegen die Tendenz der Zeitung, hieß es im Kündigungsschreiben. Sie habe „eine äußerst schwere Pflichtverletzung begangen“, außerdem „das Versammlungsrecht falsch dargestellt, Rechtsverstöße verharmlost und die Faktenlage nicht richtig berücksichtigt“. Leider teilte er nicht mit, wie er selbst das Versammlungsrecht interpretiert. Um zu wissen, dass es sich um ein Grundrecht handelt, das wie jedes andere Grundrecht ausdrücklich Bürgern die Möglichkeit gibt, sich gegen den Staat zu wehren, muss jemand noch nicht einmal Jura studiert haben. Auch als Artikulationsmittel einer Minderheit wollte der Zeitungschef das Demonstrationsrecht auf keinen Fall verstehen. Er hielt der Redakteurin vor, sie habe „in keinster Weise die Belange der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung berücksichtigt“, sondern sich „einer lautstarken Minderheit angedient“.
Seit dem fristlosen Rauswurf der Redakteurin tat sich einiges. Eine Kommission stellte fest, dass die meisten Coronamaßnahmen wie der Lockdown der Wirtschaft keine nachweisbare Wirkung gegen die Virenverbreitung entfalteten, dass es sich bei Schulen und Kindergärten nicht um so genannte Treiber der Pandemie handelte, ihre monatelange Schließung aber kaum absehbare Schäden anrichtete. Mittlerweile sagte die Pfizer-Managerin Janine Small bei einer Anhörung vor dem EU-Parlament, der Covid-Impfstoff ihres Unternehmens schütze nicht vor der Verbreitung des Corona-Virus. Mit dem Argument, es ginge nicht nur um Eigen- sondern um Fremdschutz, und wer sich nicht impfen lasse, verhalte sich unsolidarisch, begründete eine breite Koalition aus Politikern, Medienvertretern und Influencern die monatelange Propagandakampagne für das Impfen und vor allem den Versuch, eine Impfpflicht durchzusetzen. Inzwischen urteilte sowohl das bayerische als auch das Bundesverwaltungsgericht, dass es sich bei der vom Kabinett Söder verhängten Ausgangssperre um eine rechtswidrige Freiheitsbeschneidung handelte. Auf die völlige Nutzlosigkeit der Maßnahme bei der Vireneindämmung hatten Wissenschaftler schon damals hingewiesen, etwa der international führende Aerosolforscher Gerhard Scheuch, der fand, angesichts der Tatsache, dass 99 Prozent aller Covid-Infektionen in geschlossenen Räumen stattfinden, sei es geradezu widersinnig, Bürger schon am frühen Abend mit Polizeigewalt genau dorthin zu treiben.
Erst vor dem großen Panorama der Demonstrationen in China und der Reaktion deutscher Medien und Politiker bekommt die Mediengeschichte aus Thüringen ihren exemplarischen Charakter. Nicht zuletzt deshalb, weil die breite Koalition der Wohlgesinnten gerade in Dauerschleife davor warnt, die Demonstrationen gegen Coronamaßnahmen damals in Deutschland und heute in China und vor allem die jeweilige medial-politische Reaktion darauf zu vergleichen. Immer dann, wenn dieses Milieu verlangt, ein bestimmter Vergleich sei gefälligst zu unterlassen, ist es besonders reizvoll, ihn zu ziehen. Vergleichen heißt bekanntlich, sowohl Unterschiede als auch ähnliche Muster festzustellen. Um mit den Unterschieden zu beginnen: Natürlich hätte eine chinesische Journalistin weder diesen Text ins Blatt noch ein ähnliches Urteil vor einem Arbeitsgericht bekommen. Und dort hätte auch kein Gericht eine Ausgangssperre als rechtswidrig bezeichnet. In China gab es keine Kommission, die zu dem Schluss kam, dass die meisten staatlichen Maßnahmen gegen das Corona-Virus bestenfalls nichts nutzten und in vielen Fällen massiv schadeten. Demonstranten wurden zwar auch in Deutschland von der Polizei in einer Weise misshandelt, dass der UN-Folterberichterstatter Nils Melzer von der Bundesregierung eine Stellungnahme verlangte.
Aber gewiss: Vielen chinesischen Demonstranten geht es schlechter. In Deutschland funktioniert außerdem Twitter noch, das heißt, jedenfalls bis zum kommenden Mittwoch. Danach hängt vieles davon ab, wie der Kurznachrichtendienst auf das Ultimatum des EU-Kommissars Thierry Breton reagiert.
Es nimmt etwas mehr Platz in Anspruch, die Ähnlichkeit der Muster zu beschreiben. Zur Antwort auf die Frage, wer was warum vergleichen sollte, und welchen Subtext diejenigen eigentlich verbreiten, die ‘aber wir sind besser als China‘ rufen, kommen wir auch noch.
Welches Ziel Chinas Führung mit ihren Maßnahmen bis vor kurzem verfolgte – die Proteste führten immerhin zu leichten Lockerungen– bekräftigte sie wieder und wieder. Es ging ihr darum, die Zahl der Covid-Infektionen buchstäblich um jeden Preis auf Null zu senken. Dafür legte sie weite Bereiche der Wirtschaft lahm, sperrte Menschen in ihren Behausungen ein, teilte das Land in verschiedene Zonen mit unterschiedlich harten Regimes, nötigte unwillige Bürger zu Tests und ging mit äußerster polizeilicher Härte gegen jeden vor, der sich gegen diese Maßnahmen auflehnte oder auch nur öffentlich ihren Sinn anzweifelte.
Die Zero-Covid-Strategie scheiterte inzwischen überall, wo sie versucht wurde, faktisch und politisch, sowohl in China als auch in Australien, dem westlich geprägten Land, das ihr am weitesten folgte. Zwischen der Einführung des Seuchendiktats und der Erkenntnis, dass dieses Regime zwar kaum noch überschaubare Schäden anrichtet, die Zahl der Neuinfektionen aber nirgendwo auf Null drücken konnte, lagen quälend lange Monate. Auch in Deutschland gab es 2021 eine durchaus breite und machtvolle Bewegung, die forderte, die gesamte Gesellschaft dem einen Ziel beziehungsweise der einen Zahl zu unterwerfen, nämlich der Null. Die Besonderheit des Aufrufs Zero Covid lag darin, die angeblich einzig mögliche Strategie zur Bekämpfung von Covid-19 in einem Aufwasch auch noch zur großen Kapitalismuszerschlagungstransformation zu nutzen. So weit gingen noch nicht einmal die geistigen Verbündeten in China und Australien.
In dem deutschen Zero Covid-Aufruf hieß es:
„Die Maßnahmen der Regierungen reichen nicht aus: Sie verlängern die Pandemie, statt sie zu beenden, und gefährden unser Leben […] Nach einem Jahr Pandemie sind wir in ganz Europa in einer äußerst kritischen Situation […] Die Strategie, die Pandemie zu kontrollieren, ist gescheitert („flatten the curve“). Sie hat das Leben dauerhaft eingeschränkt und dennoch Millionen Infektionen und Zehntausende Tote gebracht. Wir brauchen jetzt einen radikalen Strategiewechsel: kein kontrolliertes Weiterlaufen der Pandemie, sondern ihre Beendigung. Das Ziel darf nicht in 200, 50 oder 25 Neuinfektionen bestehen – es muss Null sein.“
Schon diese Begründung enthielt eine massive Faktenverdrehung, und zwar nicht nur nach heutigem, sondern schon nach damaligem Stand: Die Strategie von flatten the curve bestand nie darin, Neuinfektionen zu verhindern – sondern eine Überlastung des Gesundheitssystems, und zwar durch die Verschiebung von Infektionen und Erkrankungen in die Zukunft. Zu dieser Überbeanspruchung des Gesundheitssystems kam es nie; über die gesamte Corona-Zeit hinweg gab es immer freie intensivmedizinische Kapazitäten. Die Forderung der Zero-Covid-Unterstützer bestand darin, das gesamte öffentliche Leben nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten Europäischen Union auf ein objektiv unerreichbares Ziel auszurichten, nämlich die völlige Ausmerzung eines hoch virulenten Krankheitserregers.
„Das erste Ziel“, hieß es in dem Aufruf, „ist die Ansteckungen auf Null zu reduzieren. Wenn dieses Ziel erreicht ist, können in einem zweiten Schritt die Einschränkungen vorsichtig gelockert werden. Die niedrigen Fallzahlen müssen mit einer Kontrollstrategie stabil gehalten und lokale Ausbrüche sofort energisch eingedämmt werden. Wir brauchen drittens auch eine gemeinsame langfristige Vision – und auf deren Basis regionale und nationale Aktionspläne […] Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir eine solidarische Pause von einigen Wochen. Shutdown heißt: Wir schränken unsere direkten Kontakte auf ein Minimum ein – und zwar auch am Arbeitsplatz! Maßnahmen können nicht erfolgreich sein, wenn sie nur auf die Freizeit konzentriert sind, aber die Arbeitszeit ausnehmen. Wir müssen die gesellschaftlich nicht dringend erforderlichen Bereiche der Wirtschaft für eine kurze Zeit stilllegen. Fabriken, Büros, Betriebe, Baustellen, Schulen müssen geschlossen und die Arbeitspflicht ausgesetzt werden. Diese Pause muss so lange dauern, bis die oben genannten Ziele erreicht sind.“
In dieser Passage fand sich alles, was in Australien zumindest zeitweise und in China bis vor kurzem versucht wurde: großflächige Stilllegung ganzer Wirtschaftsbereiche, rote bis grüne Zonen, unterschiedslose Isolation von Bürgern, sobald sich jemand in der Nähe als Corona-positiv herausstellte („lokale Ausbrüche sofort energisch eindämmen“).
Seine besondere Note erhielt der Appell durch den Vorschlag, das Einfrieren der Gesellschaft (die Anhänger sprachen tatsächlich von „freeze“) einfach durch Ausplünderung zu finanzieren:
„Die notwendigen Maßnahmen kosten viel Geld. Die Gesellschaften in Europa haben enormen Reichtum angehäuft, den sich allerdings einige wenige Vermögende angeeignet haben. Mit diesem Reichtum sind die umfassende Arbeitspause und alle solidarischen Maßnahmen problemlos finanzierbar.“
Zu den Erstunterzeichnern des Vorschlags, die gerechte coronavirenfreie Gesellschaft ohne Vermögende zu errichten, gehörten seinerzeit Monitor-Redaktionsleiter Georg Restle vom WDR, Spiegel-Kolumnistin Margarete Stokowski („Antifa ist Handarbeit“), die Leitfigur der deutschen Klimabewegung Luisa Neubauer, taz-Autorin Hengameh Yaghoobifarah, die bekanntlich Polizisten auf den Müll wünschte, der Autor und Filmemacher Mario Sixtus, zu dessen Kunden auch das ZDF zählte, die in linksextremistischen Kreisen bestens vernetzte Natascha Strobl, Kronzeugin der NDR-Panorama-Redaktion für eine aus Behauptungen und Verdrehungen zusammengepanschte Geschichte über einen angeblich rechtsradikalen Bundeswehroffizier, außerdem die Autorin Veronika Kracher, die 2019, als nie gefasste Täter den Bremer AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz zusammenschlugen, die Täter ausdrücklich lobte, der frühere hauptamtliche MfS-Mitarbeiter und ebenfalls frühere Berliner Staatssekretär Andrej Holm, mehre Linkspartei-Politiker und der Journalist Matthias Meisner, ehemals Tagesspiegel, der heute für das mit öffentlichem Geld gespeiste „Zentrum liberale Moderne“ unter dem Rubrum „Gegneranalyse“ eine Art digitaler Strichliste („begriffliche Marker“) zu Publikationen führt, die er für eine „systemoppositionelle Gegenöffentlichkeit“ hält. Dazu kamen noch mehrere politische Kollektive, etwa „Campusgrün“, der Bundesverband grüner Hochschulgruppen, der Linkspartei-Jugendverband [‘solid] Köln und der Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin.
Wer bis dahin meinte, ein neojakobinischer Wohlfahrtsausschuss, der den Kommunismus originellerweise mit seuchenpolizeilicher Begründung anstrebte, könne in Deutschland bestenfalls eine Rolle ganz am Rand spielen, irrte sich gründlich.
Für die Zero-Covid-Ideologie trommelte nicht nur das Qualitätsnarrativportal „Volksverpetzer“, das allerdings ein Jahr vorher seinen Lesern erklärt hatte, hinter Covid-19 stecke eine von Rechten geschürte Kampagne.
Sondern auch der Deutschlandfunk, der seine Meinung zu dem Zero-Aufruf in Deutschland damals und seine Nachrichten zu China heute vorbildlich trennt:
https://www.deutschlandfunk.de/proteste-china-null-covid-corona-eberhard-sandschneider-100.html
Die größte ARD-Anstalt, der WDR, erklärte in seinem szientistischen Magazin „Quarks“ die Überlegenheit der Zero-Covid-Strategie. Die entsprechende Social-Media-Kachel, die ausschließlich mittlerweile widerlegte Behauptungen aufführt, findet sich zwar nicht mehr im Archiv des Senders, dafür aber hier:
Über die Proteste in China berichtet der WDR selbstverständlich, und genau so selbstverständlich wie der Deutschlandfunk ohne Rückblick auf die eigene Agitation.
Auch die Zeit beteiligte sich an der publizistischen Trommelkampagne für Zero Covid, indem sie das Manifest mit leichten Änderungen zu einem redaktionellen Beitrag umbaute.
In der vergangenen Woche beherrschten die chinesischen Proteste gegen genau diese Null-Ideologie die Titelseite der Hamburger Wochenzeitung.
Die Zero-Covid-Strategie, die eben anders als vom WDR behauptet überall scheiterte, wo sie exekutiert wurde, stellt eine im Kern totalitäre Ideologie dar, ob mit angeschlossener Enteignungsforderung oder ohne. Denn sie bedeutet, Menschen nur noch als biomechanische Virenträger zu behandeln, die es schon auf Verdacht zu isolieren gilt. Ohne einen Staat, der bis in das Privateste in das Leben von Millionen eingreift und jeden Widerspruch beiseite fegt, lässt sich das Virenausrottungsprogramm nicht in Gang setzen, ganz abgesehen davon, dass es auch aus epidemiologischen Gründen erfolglos bleiben musste. Wer die Null-Forderung aufstellte, dachte sich im Westen zwangsläufig die autoritäre Gesellschaftsvorstellung nach chinesischem Muster dazu. Sicherlich gleicht das Gesellschaftsmodell in den Köpfen der westlichen Zero-Covid-Vorkämpfer nicht in jedem Detail dem Konzept eines Xi Jinping. Es gibt Unterschiede im Detail, etwa wie die zwischen dem Urtyp von Covid-19 und Omikron. Aber eben auch eine Menge funktioneller Gemeinsamkeiten. Im Rückblick aus Jahresentfernung fällt auf, wie wenig Chefredakteure, Leitartikler und Politiker von der grünen Abgeordneten bis zum Bundespräsidenten damals den Leuten inhaltlich entgegenhielten, die gegen die Corona-Maßnahmen in Deutschland, Frankreich, Italien und anderswo auf die Straße gingen. Ihre Hauptargumente lauteten, die Demonstrationen seien gefährlich, verstießen gegen gesetzliche Bestimmungen, und es handle sich, diese Formel gab es in Dauerwiederholung, um eine „lautstarke Minderheit“.
Der Hinweis, es würde ja nur eine Minderheit demonstrieren (was bei praktisch jeder Demonstration weltweit der Fall ist) fand sich nicht nur in deutschen Medien; es handelte sich um einen uniformen Textbaustein gutgesinnter Plattformen in Westeuropa wie in den USA.
All das trifft samt und sonders auch für die Demonstranten in China zu: Sie befinden sich gegenüber den Nichtdemonstranten überall in der Minderheit. Sie verstoßen gegen Anweisungen der Behörden. Gelegentlich wenden sie wie kürzlich die Arbeiter einer Foxconn-Fabrik sogar Gewalt an. Mit Sicherheit trägt alles, was Demonstranten in China tun, zur Delegitimierung der Staatsführung bei.
Auf die Unterschiede China-Deutschland haben wir schon hingewiesen. Jeder mit etwas sozialer Phantasie Begabter kann und sollte sich aber jetzt zum Jahresende 2022 überlegen, wie nah die deutsche Coronapolitik noch an die chinesische gerückt wäre, wenn es hier nicht die Protestdemonstrationen gegeben hätte, und dazu eine ganze Reihe von Gerichtsurteilen, die immerhin die krassesten Staatsmaßnahmen wieder kassierten. Weder Rationalität noch Liberalität hatten in den vergangenen zwei Jahren nennenswert viele Verteidiger im politisch-medialen Apparat. Im Gegenteil, viele forderten ausdrücklich, noch ganz anders durchzugreifen. Etwa die Münchner Bundestagsabgeordnete Saskia Weishaupt, die im Dezember 2021, also gerade einmal vor Jahresfrist forderte, gegen Demonstranten mit Schlagstock und Pfefferspray vorzugehen. Auch für die Grünen-Fraktion gilt mit Blick auf die Demonstrationen in China die goldene Regel: Bloß nicht ins Archiv schauen.
Weishaupt wiederum wusste sich einig mit dem ARD-Journalisten Olaf Sundermeyer, der öffentlich bedauerte, dass die Polizei in Berlin nicht die ganze Härte des Wasserwerfers gegen Demonstranten ausreizen konnte.
Apropos Frank-Walter Steinmeier: Der Bundespräsident forderte Peking selbstredend dazu auf, die Unschuld des Spaziergangs in China zu achten.
Bei dieser Gelegenheit sollte auch noch einmal daran erinnert werden, dass nicht Alexander Dobrindt von der CSU der erste Politiker war, der politische Straßenaktionen, in diesem Fall die Straßenblockierer der „Letzten Generation“ in die Nähe der Rote Armee Fraktion rückte, also der RAF – was bekanntlich zu einer flammenden Reaktion im progressiven Empörium führte. Sondern Markus Söder, der die Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen zur kommenden RAF erklärte.
Wenn Politiker erklären, sie könnten sich an bestimmte Dinge nicht erinnern, dann bedeutet das in der Regel, dass ihr Gedächtnis ausgezeichnet funktioniert. Ihnen dürfte genauso wie vielen Medienschaffenden bewusst sein, welche Behauptungen, Verdrehungen und Doppeldenkfälle sie hinter sich herschleifen, dokumentiert in schwer löschbaren Archiven. Wobei: Sollte die EU-Kommission demnächst tatsächlich Twitter verbieten – auch das wäre eine interessante Annäherung an Xis Reich – dann würde zumindest eine Menge Beweismaterial erst einmal aus dem unmittelbaren Zugriff verschwinden. Aber irgendwo liegt immer eine Kopie.
Um noch einmal zu denen zurückzukommen, die jetzt kollektiv feststellen – es handelt sich ja immer um kollektive Feststellungen – man dürfe zwischen den Corona-Demonstrationen und den Reaktionen hierzulande und denen in China auf gar keinen Fall vergleichen. Sie messen Deutschland und andere westliche Länder gerade dadurch an China statt am Grundgesetz und den in präsidialen Reden und Leitartikeln behaupteten eigenen Standards.
Kurzum: Sie verhalten sich so, als würden sie sich schon auf eine Zeit vorbereiten, in der auch hier ein Sozialkreditsystem gilt.
Wissen sie vielleicht schon mehr?