Tichys Einblick
Selbstbedienung in Stuttgart:

Dienstaufwandsentschädigung der Bürgermeister wird verdoppelt

Der Stuttgarter Gemeinderat tagte und beschloss ein höheres Zubrot, „das den durch das Amt allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand ausgleichen soll.“ Worin dieser bestehen könnte, ist in der Gemeinderatsvorlage nicht aufgeführt.

Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper bei der Reisemesse CMT im Januar 2023.

IMAGO / Arnulf Hettrich

Für sechs Fachbürgermeister im Stuttgarter Rathaus wird die Aufwandsentschädigung mehr als verdoppelt. Dies beschloss der Gemeinderat vor zwei Tagen. Dabei werden die Stadtoberhäupter demnächst auch noch von den anstehenden Tarifabschlüssen profitieren. Verdi, GEW, Beamtenbund und Co. fordern 10,5 Prozent, jedoch mindestens 500 Euro für zwölf Monate. Für die sechs Bürgermeister ist aber jetzt schon „Zahltag“.

Dass auch der Beamtenbund im Boot der Gewerkschafter mitmischt und „Forderungen“ erhebt, ist schon kurios. Erst Ende des vergangenen Jahres wurde bekannt, dass Nachzahlungen für Beamte wegen der Inflation und steigenden Mieten bis über 10.500 Euro anfallen. Die Anpassung sei durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 notwendig geworden. Wenn es auch nicht für alle 16 Bundesländer zutrifft – in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen stieg zum 1. Dezember der sogenannte Familienzuschlag. Im Südwesten sollten Beamte außerdem rückwirkend für drei Jahre entschädigt werden. Und da in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern Bürgermeister immer hauptamtlich beschäftigt sind (Beamter oder Beamtin auf Zeit), dürften auch sie von den genannten Nachzahlungen profitiert haben.

Pünktlich zur Bescherung:
Satte Zuschüsse für Beamte ab Dezember
Jedenfalls kommen die genannten Stuttgarter Bürgermeister in den Genuss einer Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 823,49 Euro – bisher waren es 352,92 Euro, wie die Stuttgarter Zeitung berichtet. „Das höhere Zubrot (ab dem 1. April) soll den ‚durch das Amt allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand“ ausgleichen, heißt es im Gesetz. Worin dieser bestehen könnte, ist in der Gemeinderatsvorlage, die aus weniger als anderthalb Seiten besteht, nicht aufgeführt‘, heißt es weiter. Aus Sicht von OB Frank Nopper werde damit eine Benachteiligung beseitigt. „Ein Grund für das Versäumnis könnte die Sorge von Frank Nopper (CDU) sein, die Beigeordneten würden in ein schlechtes Licht gerückt. Dabei wird aus seiner Sicht nur eine seit 2004 herrschende Benachteiligung beseitigt.“

Das rührt daher, dass 2004 den Bürgermeistern die Hälfte der Zulage von 705,84 Euro gestrichen wurde. „Der OB und sein Stellvertreter blieben ungeschoren, profitierten von der Regelung im Landeskommunalbesoldungsgesetz. Ein freiwilliger Teilverzicht als Solidaritätsadresse fand nicht statt.“

Frank Nopper sei als Stadtoberhaupt in der Besoldungsgruppe B 11 eingruppiert. „Das entspricht aktuell einem Gehalt von knapp 15.300 Euro, das sich um 2.065,50 Euro Aufwandsentschädigung erhöht“, so die Stuttgarter Nachrichten. „Sein Stellvertreter Fabian Mayer verdient rund 12.480 Euro (plus 1.123 Euro Zulage). Die nun stärker honorierten Bürgermeister Alexandra Sußmann (Grüne), Isabel Fezer (FDP), Peter Pätzold (Grüne), Clemens Maier (FW), Thomas Fuhrmann (CDU) und Dirk Thürnau (SPD) kommen im Monat auf 11.765 Euro.“ Wobei angemerkt werden sollte, dass der Gemeinderat die Verdopplung der Dienstaufwandsentschädigung der Bürgermeister gegen die sieben Stimmen des Linksbündnisses beschlossen hat.

Die Entscheidung sei unsensibel und komme zur Unzeit, moniert die Stuttgarter Zeitung in einem Meinungsbeitrag. „Natürlich sind auch die Damen und Herren Bürgermeister von der Preissteigerung betroffen. Aber bei einem Grundgehalt von 11.764 Euro lässt sie sich deutlich leichter verschmerzen als in den in der Stadt mehrheitlich vertreten Entgeltgruppen 5 bis 9 mit einem Monatsbrutto von 2.600 bis 4.258 Euro. Die Aufwandsentschädigung, die bisher bei drei Prozent des Grundgehaltes lag, wächst für die Bürgermeister auf die maximal möglichen sieben Prozent. … Welchen erhöhten persönlichen Aufwand tragen die Bürgermeister? Dazu steht in der dünnen Vorlage kein Wort. Er kann sehr individuell sein. Eben deshalb hat der Gesetzgeber einen Spielraum von null bis sieben Prozent geschaffen.“

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