Am Freitag steht das neue Infektionsschutzgesetz im Bundestag zur Debatte – mit dem würde die Kanzlerin nahezu alle Macht in der Corona-Frage an sich ziehen. Doch ihre Pläne werden mittlerweile selbst im eigenen Haus wohl kritisch beäugt. Eine Kanzleramts-Juristin meldet massive Bedenken zu den Lockdown-Plänen der Kanzlerin an.
Die Juristin Susanne Jaritz zeigte dem Kanzleramtschef Helge Braun an, dass der Gesetzesentwurf „an einigen Punkten fachlich problematisch“ sei. Das berichtet die Bild-Zeitung. Jaritz, die im Referat für Gesundheitspolitik arbeitet und vorher lange Richterin am Landessozialgericht Hessen war, zerreißt Merkels Lockdownpläne regelrecht: Der „rein inzidenzbasierte Maßstab“, der die bundesweiten Verbote auslöse, sei „angreifbar“ und keine ausreichende Grundlage für harte Maßnahmen. Automatische Schließungen von Schulen und Kitas seien mit dem „Recht auf Bildung“ nicht vereinbar. Von vorne bis hinten attestiert Jaritz dem Bundeslockdown rechtliche Untauglichkeit. Insbesondere Merkels generelle Ausgangssperren sieht sie kritisch. Diese seien mit Blick auf „Verhältnismäßigkeit“ und die nicht nachgewiesene Wirksamkeit problematisch und vor Gericht möglicherweise nicht zu halten. Die Juristin warnt: „Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hat vor Kurzem eine entsprechende Ausgangssperre aufgehoben.“ (TE berichtete).
Besonders der Fokus auf die Inzidenz und die generellen Ausgangssperren stehen in den letzten Tagen unter juristischem Sperrfeuer – es findet sich kaum ein Staatsrechtler, der die Pläne nicht zumindest problematisch findet. Ein weiteres Problem der Regierung: Die Begründung im Entwurf baut nach wie vor zentral auf die Sorge vor gefährlicheren Virus-Varianten. Allerdings zeigte jüngst eine umfassende britische Studie, dass die als „britische Mutante“ bekannt gewordene B117-Veriante weder tödlicher ist noch zu mehr oder stärkeren Symptomen führt (TE berichtete).
Die Kanzlerin scheint fest entschlossen, ihr Vorhaben gegen allen Widerstand durchzubringen. Doch der Widerstand mehrt sich – auch in den eigenen Reihen.