Die Blutspuren in Nähe der Zentrale der Daimler AG sind getrocknet, hier fahren Vorstände und Mitarbeiter ins Untertürkheimer Werk. Doch am vergangenen Samstagnachmittag kam es hier zu heftigen gewalttätigen Auseinandersetzungen, wie sie die Landeshauptstadt von Baden-Württemberg noch nicht erlebt hatte.
Ein lebensgefährlich Verletzter im Krankenhaus im Koma, weitere Verletzte und drei in die Luft gesprengte Lastwagen mit Veranstaltungstechnik – das steht in der Bilanz der Großdemonstration vom vergangenen Samstag in Stuttgart. 5000 Menschen demonstrierten gegen die Corona-Verordnungen auf dem Wasen-Gelände – mit den vorgeschriebenen Abständen.
Am Samstagnachmittag gegen 14 Uhr wurden drei Männer angegriffen, die auf der Mercedesstraße zur Demonstration liefen. Zwischen zehn und 40 Angreifer, so die Polizei Stuttgart gegenüber TE, sollen nach Zeugenaussagen die drei Männer im Alter von 38, 45 und 54 Jahren mit Tritten und Faustschlägen attackiert haben. Gefunden wurden Schlagringe und andere Gegenstände.
Unter den Angegriffenen befand sich das Mitglied der neuen Arbeitnehmervertretung »Zentrum Automobil« und des Daimler-Betriebsrates Andreas Ziegler. Er liegt noch immer im Koma im Krankenhaus, nach jüngsten Berichten sollen Ärzte im Augenblick nichts ausrichten können.
Noch immer liegt das Opfer mit schwersten Kopfverletzungen im Krankenhaus und ist in Lebensgefahr, bestätigte heute nachmittag die Polizei Stuttgart gegenüber TE. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Totschlags, schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung.
Verschiedene sehr unterschiedliche Versionen gibt es über den Tathergang. Wie TE aus Stuttgart erfuhr, sollen nach Aussage von ungefähr zehn Augenzeugen zwei schwarzvermummte Frauen dem am Boden liegenden Mann eine Schreckschusspistole an den Kopf gehalten und abgedrückt haben. Ein Knall wurde von diesen Zeugen gehört.
Die Polizei, die eine Ermittlungsgruppe eingerichtet hat, kenne, wie Sprecherin Monika Ackermann gegenüber TE ausführt, die Versionen in den sozialen Medien. Sie hat bisher allerdings noch keine Hinweise dafür, dass tatsächlich Schusswaffen eingesetzt worden seien und hält sich derzeit noch mit Aussagen zurück: »Wir können nicht bestätigen, dass Schusswaffen eingesetzt werden«, so gegenüber TE.
Es handele sich nach den bisherigen Zeugenaussagen um eine Gruppe von zehn bis 40 Personen, die Polizei ermittele, wie groß die Gruppe wirklich war und wieviele Mitglieder die Angriffe ausgeführt hätten. Die Täter waren in jedem Fall schwarz vermummt und dürften nach Vermutung der Polizei aus linksextremen Antifa-Truppen stammen. Sie kannten wahrscheinlich auch ihre Opfer, die gezielt angegriffen wurden.
Der Wasen war um diese Zeit schon sehr belebt und es dürften viele Besucher den Vorfall gesehen haben. So hofft die Polizei auf weitere Zeugenaussagen und auch auf Handyaufnahmen von Zeugen.
Während der Demonstration wurden nach dem Polizeibericht in der Mercedesstraße mehrere Autoreifen an abgestellten Pkw beschädigt, mutmaßlich zerstochen. »Auf dem Wasengelände soll am Rand der Demonstration eine Gruppe mutmaßlich Linker Demonstrationsteilnehmer mit Gegenständen beworfen haben.«
Später gegen 19 Uhr wurde eine Gruppe abziehender Demonstrationsteilnehmer erneut von schwarz Vermummten heftig angegriffen. Die Teilnehmer flohen in eine Pizzeria, die Vermummten verfolgten sie und richteten beträchtliche Schaden in der Pizzeria an.
Entsetzen macht sich unter Stuttgartern darüber breit, dass eine solch große Gruppe Maskierter unerkannt zuschlagen und Menschen massiv verletzen konnten und auch wieder unerkannt verschwinden konnten.
Ein »Antifaschistisches Aktionsbündnis« hatte bereits vorher angekündigt: »An den »Wir für das Grundgesetz«-Demos nehmen organisierte Rechte aller Schattierungen teil. Wer sich jedoch ernsthaft gegen die aktuellen Probleme zur Wehr setzen will, darf das nicht mit Rechten tun – sie stehen für weitere Spaltung und gewiss nicht für eine von Freiheit geprägte Gesellschaft! Eine solche Veranstaltung wird in unserer Stadt natürlich nicht ungestört ablaufen! Kommt um 13.30 Uhr an die Hall of Fame (Nähe U-Bahn-Haltestelle Mercedesstraße) – wir haben viele Flyer, mit denen wir über das rechte Problem aufklären werden!«
Ordnungskräfte der Stadt kontrollierten, ob alle der 5000 Demonstrationsteilnehmer auf dem Wasen auch eine Maske trugen.
Morddrohungen gegen Organisator?
Der Initiator der Demonstrationen, Michael Ballweg, hatte am Ende der Demonstration ausgerufen, er werde keine weiteren Demonstrationen mehr organisieren. Wie TE berichtet wurde, habe er Morddrohungen erhalten.
Bereits in der Nacht zum Samstag erschütterten heftige Explosionen Untertürkheim. Lastwagen eines Unternehmens wurden in die Luft gesprengt. Sie enthielten Technik für Veranstaltungen der Untertürkheimer Spezialfirma VTS. Wie der Firmenchef betont, standen die Lastwagen mitsamt Technik jedoch nicht für die Veranstaltung auf dem Wasen bereit. Dort habe eine andere Firma gearbeitet. Doch in der Nacht zum Samstag detonierten in drei heftigen Explosionen die Lastwagen mit der teuren Technik. Bis zu fünf Meter hohe Flammen schlugen aus den Fahrzeugen. Schaden: 200.000 Euro. Vier vermummte Täter rannten danach schnell vom Tatort.
Darüber berichtete nur kurz die Bild-Zeitung in einem Videobericht. »Dort steht eine Großdemonstration von Coronaleugnern und Verschwörungstheoretikern an«, erzählt der Bild-Mann.
Verbrannt ist auch ein seltener Oldtimer-Truck, die der Chef der Veranstaltungstechnikfirma, ein Toningenieur, in einen großen »Ghettoblaster« umgewandelt hatte, um damit als Attraktion große Veranstaltungen zu beschallen. Von »unersetzbaren Unikaten« spricht der Firmenchef. Das war nach allgemeiner Einschätzung eine fachmännisch geplante Aktion. Mit Sprengstoff gelang es den professionellen Terroristen, die LKWs in einer großen Explosion in die Luft zu sprengen. Unerkannt verschwanden sie schnell im Dunkel der Nacht. Bisher tappt die Polizei im Dunkeln, eine Großfahndung blieb ergebnislos.
Die Grünen-Abgeordneten Renate Künast hatte im März im Bundestag gefordert, dass auch NGOs und Antifa eine regelmäßige Finanzierung benötigten. »Ich bin es leid, wie wir seit Jahrzehnten darum kämpfen, dass NGOs und Antifa-Gruppen, die sich engagieren, immer um ihr Geld ringen und von Jahr zu Jahr nur Arbeitsverträge abschließen können. Das reicht nicht. Sie müssen eine verlässliche Finanzierung haben«.