Die heutige Bundestagssitzung war gleich in meherer Hinsicht bemerkenswert. Nicht nur, dass das Parlament zum letzten Mal in der Ära Merkel zusammenkam. Siefand statt zu einem Zeitpunkt, an dem die Bundesrepublik Deutschland sich von ihren Grundfesten verabschiedet.
Wenn es nach dem Willen von SPD, Grünen und SED geht, werden zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erklärte Feinde der Freiheit und der Demokratie auf Regierungssitzen Platz nehmen. Ein Bündnis, das seit Monaten in Geheimgesprächen vorbereitet wird, und nun auf leisen Sohlen durchgezogen werden soll. Dann wächst zusammen, was zusammen gehört. Freilich nicht in dem Sinn, wie es Willy Brandt 1989 angesichts des Mauerfalls für die beiden Teile Deutschlands gemeint hat. Wer geglaubt hätte, der SPD-Kanzlerkandidat Scholz ringe sich in dieser zentralen Debatte zu einem klaren Ja oder Nein für ein Bündnis mit Kommunisten durch, wurde enttäuscht. Dabei ist das die historische Frage, die für jeden, der einigermaßen die Geschichte und die Gegenwart kennt, alles andere – selbst Corona – überragt.
Ganz am Ende, als dem Selbstlob ausreichend Genüge getan war, kam sie zum CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet. Auch ihn lobte sie in den höchsten Tönen und ging schließlich zum ersten Mal in ihrer Amtszeit mit den dunkelroten Genossen der SED ins Gericht. Sie bekräftigte, und man tut ihr nicht Unrecht zu sagen, wohl gegen ihren inneren Willen, die Absage an jede Art von Hochzeit mit Gysi und Genossen, denn jenseits aller formalen Titel ist Gregor Gysi unverändert die Spinne im Netz der Partei Die Linke, gegen die nichts entschieden werden kann. An dieser Stelle entspannte sich das Gesicht Laschets sichtbar. Hatte er doch die ganze Zeit wie ein Kleinkind auf die Umarmung durch die Mutti gehofft. Die CDU-Fraktion dankte es ihr pflichtgemäß mit stehendem Applaus.
Nachdem die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel in gewohnt schneidender Schärfe eine Generalabrechnung mit Merkels Politik vornahm, war dann der wahrscheinliche Kanzler der nächsten Regierung, Olaf Scholz, an der Reihe. Beherrscht und sachlich wie immer begann er von einem großen bunten Blumenstrauß von Wohltaten zu berichten, den er dem deutschen Volk nach seinem Sieg überreichen wolle: sichere Renten, Anhebung des Mindestlohnes, Kampf gegen die Armut im Lande, 400 000 neue und bezahlbare Wohnungen in einem Jahr, Steuererhöhungen für Reiche und natürlich jede Menge Klimaschutz.
Scholz wäre nicht Scholz, wenn er nicht auch diesmal auf sein schon bekanntes Hintertürchen verwiesen hätte. Die alles entscheidende Frage sei die ausreichende Energieversorgung. Dazu müssten auch Versäumnisse der Vergangenheit aufgeholt werden, für die die CDU die Verantwortung trage. Zur Bedeutung dieser Frage verkündete der SPD-Kandidat den Abgeordneten, dass allein die deutsche Chemie-Industrie im Jahre 2050 soviel Strom im Jahr benötigen werde, wie heute die gesamte Bundesrepublik. Schon Ende nächsten Jahres werden die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet und der Ausstieg aus der Kohle beginnt. Schon jetzt ist Insidern klar, dass dies nicht ohne weiteren Preisanstieg und vorhersehbare Versorgungslücken vollzogen werden kann. Davon sagte Scholz freilich nichts. Und schon gar nichts sagte er zu der Frage, ob er nun mit Kommunisten gemeinsam regieren wolle oder nicht.
Auch müsste man Bartsch und Genossen bitten, ihre Behauptung, es bestehe für die Sicherheit der Bundesrepublik keinerlei Gefahr, ernsthaft zu begründen. Sind die Annexion der Krim und Besetzung von Teilen der Ukraine, die gravierenden Menschenrechtsverletzungen im Reiche Putins und dessen Unterstützung für die Verbrechen Lukaschenkos in Weißrussland kein Anlass zur Beunruhigung? Ganz zu schweigen von den Cyber-Attacken und Desinformationskampagnen der russischen Geheimdienste gegen die Demokratien des Westens.
Wie wenig weit entfernt die Grünen von marxistisch-leninistischen Vorstellungen sind, dokumentierte wieder einmal wohl eher unbewusst deren Kandidatin Baerbock. Nach einer erfrischenden und die Werte der Freiheit betonenden Rede des FDP-Chefs Lindner, in dem er die Vorzüge der Sozialen Marktwirtschaft pries, verstieg sich die grüne Powerfrau zu der verwegenen These, dass die „Marktwirtschaft nicht den Interessen des Menschen dient“. Vielleicht sollte sie mal bei ihren Jet-Set-Ausflügen die Menschen in Nicaragua und Venezuela nach den Vorzügen sozialistischer Kommando-Wirtschaft befragen. Gut zu bewundern sind diese auch auf Kuba oder in Nord-Korea. Lindner kann einem jetzt schon leid tun, wenn er sich im großen Ehebett mit Scholz und Baerbock um seinen kleinen Platz in der Rinne streiten muss.
Wer es noch nicht begriffen hat, muss spätestens seit der gestrigen Debatte wissen, dass diese Wahl eine Richtungswahl von historischer Bedeutung ist. Niemand kann später sagen, er habe es nicht gewusst. Die SPD-Vorsitzende Esken hat schon vorausahnend für ein reines Gewissen der Parteien gesorgt. Der Grundsatzbeschluss der SPD, nicht mit Extremisten zu kooperien, bezöge sich ausdrücklich nur auf Rechtsextremisten. Damit wäre ja alles gesagt.
Noch eine Schlußbemerkung: Der journalistische Begleiter des Infokanals „Phoenix“, Ekkehard Schärfer, der eigentlich als Moderator durch das Geschehen führen sollte, verwechselte seine Rolle mit der eines Kommentators. Die Zuschauer, die sich Bundestagsdebatten ansehen, dürften wohl fähig zu einer eigenen Meinungsbildung sein. Umso ärgerlicher sind abwertende Kommentare, wenn sie nur der AfD gelten, aber auch der CDU nachgesandt werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk nutzt selbst bei „Phoenix“ jede Gelegenheit zur Indoktrination. Journalismus ist das nicht.