Nun haben die Wähler in Sachsen und Brandenburg gezeigt, wie Veränderung in Deutschland aussieht: CDU, SPD und Grüne schaffen es nur zusammen, die dortigen Landesregierungen zu stellen.
CDU und SPD verlieren gewaltig – aber in Brandenburg wird sich die SPD weiter an der Macht halten. Wieder mit der LINKEN, denen die SPD längst das linksradikale Odium abgewaschen hat, um mit ihr wie in Bremen und Berlin regieren zu können. Nur die Grünen braucht es noch dazu – und schon ist sie fertig die rotrotgrüne Mehrheit gegen die soziale Marktwirtschaft und für Staatslenkung, Enteignung und Steuererhöhungen. Die SPD hat die Linke also hoffähig gemacht und ist dafür selbst so weit nach links gerutscht, dass eigentlich die Trennlinie fehlt. Natürlich mögen die Wähler das nicht; der Absturz in Brandenburg auf 26,6 und Sachsen zwischen 7 und 8 Prozent: das ist schauerlich. Eine Volkspartei sieht anders aus. Helmut Schmidt und Willy Brandt – Figuren aus dem vorigen Jahrtausend. 8 Prozent in Sachsen ist eine Blamage. Fair war Katja Kipping; sie sprach davon, dass das Ergebnis „echt schmerzt“. Auch die Linke ist keine Volkspartei mehr, wie sie es in Ostdeutschland war. Dass die rasierte CDU unbedingt wieder an die Regierung will: Nicht auszuschließen, dass sie es schafft. Prinzipien hat ihr Spitzenkandidat ja dankenswerterweise schon sehr früh über Bord geworfen. Ämter sind alles.
Die Grünen? Mehrheitsbeschaffer. In beiden Ländern. Sie werden gebraucht. Wobei klar ist: Sie bleiben im Osten weit hinter den Zahlen zurück, die ihnen im Westen vorhergesagt werden. Auch ihre Bäume wachsen nicht in den Himmel. Sie wurde hochgeschrieben und hochgesendet aber nicht hoch gewählt, auch wenn ihre Dresdner Spitzenkandidatin von einem „historisch besten Ergebnis“ sprach – historisch ist halt nur eine kurze Zeitspanne bei den Grünen. Aber was macht es schon? Regieren zählt, für alle Parteien. Und die Grünen sind wendig: Die linksradikale Politik aus Berlin und Bremen kann jetzt auch auf Sachsen ausgedehnt werden. Die CDU wird dem jedenfalls nichts entgegensetzen wollen.
Denn in Sachsen sind die Grünen die Ministerpräsidenten-Macher für die Koalition mit CDU und SPD. Und bei Mehrheitsbeschaffern liegt die Macht in Koalitionen. Zweier-Koalitionen sind rechnerisch denkbar, aber knapp in Sachsen. Ungeklärt ist, ob die Begrenzung der Sitze für die AfD Bestand haben kann, denn die Wähler wollen etwas anderes. Der Wählerwille wird so nicht erfüllt.
Am Wahlabend hörte man buchstäblich bei der „Notgemeinschaft“, wie es beim ZDF als Begriff fiel oder in Erinnerung an frühere Wahlgemeinschaften die Block genannt wurden, also bei der Wahlgemeinschaft CDU/SPD/Grüne buchstäblich den Stein, der ihnen von der bunten Seele fiel. Gemeinsam haben sie nur den „Kampf gegen Rechts”, wofür sie Politik machen wollen, ist unklar. Wer kritisiert, ist Rechts, das ist die neue Formel dieser Wahlgemeinschaft. Merkels Politik der Zuwanderung und Energiewende hat sich auch in Sachsen durchgesetzt. Es ist Rückenwind für ihre Berliner Politik. Tausende Arbeitsplätze, die im Energiesektor der beiden Bundesländer verloren gehen – egal. Das hat den Wahlausgang noch nicht maßgeblich beeinflusst. Noch zu wenig haben es selbst gemerkt.
Es bleibt also alles so, wie es ist, in Berlin, in Potsdam, in Dresden. Das Zusammenrücken von CDU, SPD und Grüne zum gemeinsamen Wahlblock oder zur „Notgemeinschaft“ hat sich ausgezahlt – für Angela Merkel, für Annegret Kramp-Karrenbauer und für Robert Habeck. Es gibt nur Sieger. Was für ein schöner Wahlabend. Merkel wird im Kanzleramt also weiterhin ohne Weckruf vor sich hindämmern können und ihre Gegner buchstäblich aussitzen.
Und noch ein Sieger: Die AfD hat starke Stimmengewinne erzielt; über 28 Prozent hat kaum jemand erwartet und prognostiziert. Sie liegt damit sogar über ihren Prognosen. Das wird ihr aber wenig bringen: Weil keiner mit ihr koalieren will, so viel Stimmen auch immer sie erreicht hat. Regieren zählt bekanntlich, für alle Parteien. Und in Sachsen wird sie nicht einmal entsprechende Sitze erhalten; der Verfassungsgerichtshof hat ihr ja nur eine geringere Sitzzahl im Landtag „genehmigt“, wie das ZDF formuliert. Opposition wird eben immer schwieriger, auch wenn im Verlauf des Abends die AfD in beiden Ländern noch genommen und die von SPD und Grünen eher abgenommen haben.
Opposition konzentriert sich damit auf eine Partei. Ob man es hören will oder nicht: Die AfD ist damit die eigentliche Oppositionspartei. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Denn eine andere gibt es nicht; wie in Brandenburg ist auch in Sachsen der Unterschied zwischen SPD und Linken nicht mehr auszumachen. Zu weit nach links ist die SPD gerutscht und hat im Gepäck auch die CDU mitgezogen. Jetzt kann die Berliner Politik etwa gegen Eigentümer auch auf Brandenburg ausgedehnt werden; eine Flucht aus der Hauptstadt ist faktisch nicht mehr möglich. Der rot-rot-güne Block vergrößert seine geografische Reichweite und wird sich inhaltlich bestätigt sehen.
Fast ein Nebeneffekt: Die FDP hat zwar Stimmen gewonnen; aber es reicht nicht. Der Lindner-Effekt ist verraucht; der FDP fehlt Profil. Im Parlament sollte man schon sein; als Opposition in diesen Ländern fällt die FDP so aus, wie sie im Bund nicht mehr gehört wird. Sie versickert.
Nun sind die Regierungen wichtig, in der Demokratie aber fast mehr noch die Opposition. Sie zwingt zur Debatte und zu neuen Lösungen. Die Selbstgewissheit der zur Notgemeinschaft geschmiedeten Regierungsmehrheiten wird jede Opposition minimieren und damit die Fähigkeit zur Erneuerung reduzieren. Die Polarisierung und Spaltung des Landes wird zunehmen, weil der Anteil der Ausgrenzten zunimmt. Die Sprüche nach der Wahl bestätigen: Es ist keine gute Prognose.