Russland will künftig Schiffe, die im Schwarzen Meer ukrainische Häfen anlaufen, als potenzielle Träger militärischer Fracht einstufen. Das schreibt die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Novosti unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium. Alle Herkunftsländer der Schiffe will das Regime demnach als gegnerisch betrachten.
Der Kreml hatte am Montag das Getreideabkommen mit der Ukraine nicht mehr verlängert, das im vergangenen Sommer unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei zustande gekommen ist. Daraufhin wurden fast 33 Millionen Tonnen Getreide per Schiff über das Schwarze Meer ins Ausland exportiert. Hauptzielländer waren, wie Bauer Willi auf seinem Blog aufmerksam macht, China, Spanien und die Türkei. 8 Millionen Tonnen wurden nach China, 6 Millionen Tonnen nach Spanien, 3,2 Millionen Tonnen in die Türkei und jeweils 2 Millionen Tonnen nach Italien sowie in die Niederlande verschifft.
Das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine ermöglichte der Ukraine bisher, trotz des Kriegs Getreide durch das Schwarze Meer zu exportieren. Dieses Abkommen hatte seinerzeit mitgeholfen, die weltweiten Agrarpreise wieder zu senken. Die waren im vergangenen Jahr nach Kriegsausbruch zunächst extrem angestiegen. Vor dem russischen Einmarsch gehörte die Ukraine noch zu den wichtigsten Getreideexporteuren der Welt, die rund 100 Millionen Tonnen Getreide im Jahr lieferten. Es kommen derzeit erhebliche Mengen an Getreide aus der Ukraine über Eisenbahn und LKW in die EU und führten zu bisher niedrigen Getreidepreisen. Allerdings können die Mengen über Straßen und Eisenbahntransport bei weitem nicht die Mengen erreichen, die mit Schiffen transportiert werden können. So wurden im Mai dieses Jahres nur noch 30 Prozent der Landwirtschaftsgüter per Schiff über das Schwarze Meer ausgeführt, wie das Landwirtschaftsministerium der Ukraine mitgeteilt hatte.
Trotz des Krieges ist Russland zum größten Weizenexporteur der Welt geworden. Es hatte seine Anbauflächen deutlich vergrößert und mehr Weizen angebaut. Außerdem verfügt das Land über ausreichende Düngermengen, die für eine ertrag- und damit erfolgreiche Landwirtschaft notwendig sind. Sanktionen gegen russische Getreidelieferungen gibt es bisher nicht. Sowohl UN als auch westliche Regierungen rufen zum Handel mit russischem Getreide auf, damit es zu keinen Engpässen vor allem in ärmeren Ländern kommt.
Die Ukraine warf laut Nachrichtenagentur Reuters jetzt Russland vor, absichtlich Getreideterminals und den Hafen von Odessa angegriffen und die Infrastruktur zerstört zu haben. Die Lager- und Verladeanlagen internationaler Händler und Transportunternehmen seien beschädigt worden und mit ihnen auch erhebliche Getreidevorräte. Jetzt steigen die Getreidepreise wieder stark an. Ursache sind Befürchtungen, die globale Lebensmittelversorgung könnte wieder in Gefahr geraten.
Besonders betroffen sei das Horn von Afrika, „wo nach sechs ausgebliebenen Regenzeiten 23 Millionen Menschen akut ernährungsunsicher sind“, der Jemen und Afghanistan. „Aber sie spüren die Schockwellen einer solchen Unterbrechung weltweit bis nach Lateinamerika. Wir haben im Prinzip momentan mehr als 70 Länder, in denen es Menschen gibt, die extrem ernährungsgefährdet sind“, so Frick.
„Das Problem, das wir haben, ist, dass die Preise auf einem Zehn-Jahres-Hoch sind, auch wenn sie in den letzten Monaten etwas gefallen sind und dass es für sehr viele Menschen in der Welt schlicht nicht mehr möglich ist, sich diese Lebensmittel zu leisten: Die Produktion ist da, wir hätten genug Lebensmittel, um die Menschen zu ernähren“, sagte er.