Der Staatsrechtler Rupert Scholz hat in einem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung auf einen Artikel des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, reagiert. Die FAZ hatte am 1. April unter dem Titel „Die Meinungsfreiheit ist kein Freibrief“ einen Text in der Kategorie „Fremde Federn“ publiziert.
Der Artikel hatte deutschlandweit für Aufmerksamkeit und zahlreiche Kritik gesorgt, weil Haldenwang darin seine mediale Dauerpräsenz verteidigte. Die Äußerung des CDU-Mitglieds, dass Meinungsfreiheit kein Freibrief für Verfassungsfeinde sei, sorgte ebenso für scharfe Kritik wie die Aussage, dass man sich als Bestandteil eines gesetzlichen Frühwarnsystems verstehe. Dazu erklärte Haldenwang, dass auch Meinungen „unbeschadet ihrer Legalität (…) verfassungsschutzrechtlich von Belang sein“ könnten.
Scholz hebt explizit hervor, dass es sich bei dem Beitrag um einen „tendenziösen Artikel“ handele, ein „verräterisches Bekenntnis“, das er über sein „wahres Demokratie- und Amtsverständnis“ abgelegt habe. „Ein Verfassungsschutzpräsident, der behauptet, ‚Die Meinungsfreiheit ist kein Freibrief‘, verkennt die maßgeblichen freiheitlichen Grundlagen unserer Demokratie, die naturgemäß auch die Kritik an Regierung und staatlichem Handeln gewährleistet“, schreibt Scholz. „Jenseits des Strafrechts gibt es keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, die im Artikel 5 unseres Grundgesetzes garantiert ist und zum Kernbereich der Verfassung gehört.“
Ein Verfassungsschutzpräsident, der sich anmaße, solche Schranken über den Rahmen des Strafrechts hinaus einzuführen, verletzte die Verfassung – ob durch Beschlüsse, durch Beobachtung oder willkürliche öffentliche Kommentare. Er überschreite dabei auch die „eigenen, gesetzlich abgesteckten Kompetenzen“, so Scholz.
Der Staatsrechtler beendet seinen Brief mit einer Feststellung, die driekt gegen die amteirende Ampelregierung zielt: „Wenn die Bundesregierung keine Konsequenzen aus dem Verhalten dieses hohen Beamten zieht, lässt sie selbst Zweifeln an ihrem Demokratieverständnis aufkommen.“