Patrick Graichen beherrscht die Kunst, andere abzukanzeln. Das war rund um den Reichstag durchaus bekannt. Doch in einer denkwürdigen Ausschusssitzung hat er gezeigt: Sich abkanzeln zu lassen, hat der Vordenker des Wärmepumpen-Zwangs ebenfalls gut drauf. Denn im Ausschuss hat er seine Meisterin gefunden. Sie kommt aus Rheinland-Pfalz, war Bundesministerin für Landwirtschaft und hört auf den Namen Julia Klöckner.
Klöckner war in Rheinland-Pfalz Fraktionsvorsitzende der CDU und Karnevalssitzungen sind ihr aus der Zeit ebenfalls vertraut. Beide Erfahrungen legte sie zusammen und nutzte sie, um Graichen alt aussehen zu lassen. Der versucht durch seine Vetternwirtschafts-Affäre mit der Sprachregelung „Ich habe einen Fehler gemacht“ durchzukommen.
Julia Klöckner verfügt über eine journalistische Ausbildung. Das war im Ausschuss zu erkennen. Sie hat gelernt, konkret zu fragen. Hätte sie von Graichen wissen wollen, ob der während des Bewerbungsverfahrens offen damit umgegangen sei, dass Schäfer sein Trauzeuge war, das hätte Habecks Staatssekretär Tür und Tor geöffnet, sich aus der Frage herauszuschwafeln. Doch stattdessen wollte Klöckner wissen, ob Graichen während der Bewerbung Schäfer geduzt oder gesiezt habe. Gesiezt. Also hat er den engen persönlichen Bezug eben doch nicht deutlich gemacht?
Die Sitzung des Ausschusses war denkwürdig. Eigentlich hätte Graichen vor dem Wirtschaftsausschuss aussagen sollen und Habeck vor dem Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Solche gemeinsamen Sitzungen sind nicht vorgesehen. Deswegen gab es im Reichstag auch keinen freien Sitzungssaal, der groß genug dafür ist. Daraufhin fand die Veranstaltung im Fraktionssaal der SPD statt.
Geheim. Die CDU stellte mehrfach den Antrag, die Sitzung öffentlich zu machen. Die Grünen wehrten dies immer wieder ab – unter Assistenz der SPD und der ehemaligen Bürgerrechtspartei FDP. So viel zu Habecks Bekundungen, ihm gehe es um Transparenz, er wolle alles aufklären. Es sei ja nur ein Fehler passiert, den er ehrlich bekunden wolle – wie es die Sprachregelung verspricht.
Der Wirtschaftsminister ist angeschlagen. Das zeigt sich bei ihm darin, dass er patzig wird. In der gemeinsamen Ausschusssitzung agierte er wie ein beleidigtes Kind. In der ARD motzte er sich im Interview an der offenen Aufklärung vorbei und drängte sich selbst in die Opferrolle. Und zum Höhepunkt kam es dann im Plenum des Bundestags. Dort geriet er mit Tilman Kuban zusammen. Der CDU-Abgeordnete hatte sich allerdings auch eine Unverschämtheit herausgenommen. Er hatte dem Wirtschaftsminister eine kritische Frage gestellt.
Habeck stürmte Kuban hinterher. Diese Frage hätte er ihm ja auch im Ausschuss stellen können. Hinter verschlossener Tür. Dabei nahm er die Körperhaltung eines Kneipenschlägers ein, der jemand auffordert, mit ihm mal vor die Tür zu kommen. Habecks Auftritt war so bizarr, dass der Vizepräsident des Bundestags, Wolfgang Kubicki, ihn aufforderte, das Duell doch nach draußen zu verlegen.
Der Abgeordnete Leif-Erik Holm (AfD) ist irritiert ob solcher Auftritte: „Minister Habeck ist offenbar ein Mann mit vielen Gesichtern. Im Ausschuss gibt er sich zerknirscht, danach mimt er vor der Presse Mister Transparent, der alle Vorwürfe entkräftet hat, und in den Tagesthemen stellt er sich als armes Opfer einer haltlosen Kampagne aus Medien, Opposition und Heizungslobby hin.“ Ausgestanden sei die Affäre Graichen so noch längst nicht. Holm vermutet: „Offenbar fürchtet er selbst, dass da noch einiges aus dem grünen Günstlingssumpf ans Tageslicht kommt.“