Tichys Einblick

Habeck, der Belehrbär, lobt sich selbst für seine China-Reise

Wohlgesonnene Medien und der Minister selbst suggerieren, er habe in Peking eben noch einen Handelskrieg verhindert. Die Behauptung ist grotesk. In einem hauseigenen Video tritt der Grüne so arrogant auf, wie er sich vermutlich auch in Fernost aufführte

picture alliance/dpa | Sebastian Christoph Gollnow

Robert Habeck ist zurück von seiner erste Chinareise, die er überhaupt unternahm, seit er das Wirtschaftsministerium führt – und ausgewählte Medien überschütteten ihn mit Lob. Bei n-tv beispielsweise hieß es: „Peking will über Autozölle reden. Habeck genießt Erfolg seiner resoluten China-Diplomatie“.

Auch andere Blätter suggerierten, der Wirtschaftsminister habe bei seinem China-Besuch einen großen Handelskrieg zwischen der EU und China abgewendet. Diese Deutung gehört auf die Märchenebene. Zu Erinnerung: die EU-Kommission hatte beschlossen, Strafzölle auf chinesische Elektroautos zu verhängen – und das gegen den Protest sämtlicher großer deutscher Hersteller. Denn Mercedes, Porsche, BWW und Audi setzen einen nicht unerheblichen Teil ihrer Oberklassemodelle im Reich der Mitte ab, während umgekehrt chinesische Elektrowagen der Marke BYD und anderer Unternehmen nur über einen winzigen Marktanteil in Deutschland verfügen.

Elektroautos aus China stören eher französische Hersteller, die ihrerseits nicht nennenswert nach China verkaufen. Die erwartbare Gegenreaktion Pekings, das war den deutschen CEOs klar, würde also vor allem ihr Geschäft gefährden, aber kaum das der französischen Konkurrenten. Kein Wunder, dass die Idee der Importzölle aus Frankreich stammt. Chinas Regierung kündigte ihrerseits an, Strafzölle auf Schweinefleisch aus der EU zu erheben – was vor allem Spanien treffen würde – , und weiter, sich dann auch französischen Wein näher anzuschauen. Aber drittens drohen sie auch wie befürchtet mit einem Extrazoll auf Oberklassewagen, was die deutsche Autoindustrie hart treffen würde. Da sich weder China noch die EU in einen Handelskrieg stürzen wollen, war klar, dass beide Seiten miteinander reden werden., und zwar schon vor Habecks China-Fahrt. Auf europäischer Seite will EU-Handelskommissar Vladis Dombrovskis die Gespräche führen. Weder ist es also die Folge von Habecks China-Visite, dass die Regierung in Peking über Zölle sprechen will, noch fallen diese Verhandlungen überhaupt in die Zuständigkeit eines deutschen Ministers. In welchen gewichtigen Gesprächen Habeck den Hebel seiner „resoluten China-Diplomatie“ angesetzt haben soll, bleibt bei n-tv und anderen lobenden Medien im Dunkeln. Denn Ministerpräsident Li Quang sagte seinen schon geplanten Gesprächstermin mit dem Grünen-Politiker sehr kurzfristig ab. So etwas gilt nach diplomatischen Maßstäben als handfeste Demütigung.

Trotzdem verstärkt Habecks Ministerium die merkwürdigen Berichte über seine Chinatour nun mit einem hauseigenen Video.

Und das hat es wirklich in sich: es zeigt den Deutschen als Belehrbär in Peking. Ausgerechnet Habeck, der noch beschleunigt, was das „Wall Street Journal“ schon 2019 als „The World Dumbest Energy Policy“, zu deutsch: „die dümmste Energiepolitik der Welt“ verspottete, berichtet in seinem Video stolz, wie er die Chinesen energiepolitisch berät: Sie bräuchten gar nicht so viele Kohlekraftwerke, sie sollten stattdessen lieber „klug“ die Stromnetze ausbauen.

Dass China tatsächlich seinen Kohleanteil an der Stromerzeugung zurückfahren will, nämlich durch die Verdoppelung des nuklearen Kraftwerksparks bis Mitte der 2030er Jahre, erwähnte der deutsche Minister gar nicht erst. Dann kam er auf die Zölle zu sprechen, und erklärte das Problem in einem Tonfall, der ein wenig wie leichte Sprache anmutet, andererseits wie Spätwilhelmismus. China, so Habeck, baue „Elektroautos in großer Zahl“. Um dann hinzuzufügen: „Das sollen sie auch. Das dürfen sie auch.“ Bei BYD und im Zentralkomitee dürfte man aufatmen ob dieser deutschen Grandezza. Aber: die Subventionen für die Elektrowagen, so der Politiker, seien schädlich, und deshalb die Sonderzölle angemessen. Spätestens an dieser Stelle würde der Durchschnittsbürger gern wissen, wie Habeck demnächst den Export von „grünem“, also mit Hilfe von Wasserstoff hergestellten Stahl begründen möchte. Denn der wäre – anders als Elektroautos – ohne massive Staatsbeihilfen unter deutschen Produktionsbedingungen grundsätzlich niemals marktfähig. Bekanntlich ließ sich Habeck in Saarbrücken und Eisenhüttenstadt kürzlich für das Überreichen von Milliardenschecks feiern. Schließlich noch im Video aus dem Haus Habeck: eine strenge Ermahnung wegen Chinas CO2-Ausstoß. Zu dem trägt künftig übrigens auch BASF bei – der Konzern verlagert gerade größere Produktionseinheiten dorthin.

In China selbst schätzten die Medien Habecks Besuch ziemlich nüchtern ein: der habe wohl, meinte ein Kommentator, hauptsächlichen den Zweck erfüllt, dem deutschen Publikum den Macher vorzuführen, und bei der parteiinternen Konkurrenz um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl Boden gut zu machen.
Die Verhandlungen über die wechselseitig verhängten und angedrohten Sonderzölle dürfte wohl mit einem Kompromiss enden. Habeck führt sie nicht – zum Glück für Deutschland.

Anzeige
Die mobile Version verlassen