Tichys Einblick
Möglicher Interessenkonflikt

RKI-Mitarbeiter privat an Test-Firma beteiligt

Das Robert Koch-Institut will keinen Interessenskonflikt sehen. Bekannt ist die Unternehmensbeteiligung offenbar schon länger.

imago images / Bernd Friedel

Ein leitender Mitarbeiter des Robert-Koch-Instituts fungiert auch als Gesellschafter einer Firma, die an der Entwicklung von Corona-Tests beteiligt war und eng mit dem Berliner Unternehmen TIB Molbiol kooperiert. TIB Molbiol hatte gemeinsam mit dem Virologen Christian Drosten einen der ersten PCR-Tests entwickelt, mit denen Covid-19 indirekt nachgewiesen wird.

Heinz Ellerbrok leitet beim RKI den Fachbereich „Public-Health-Laborunterstützung“, zu dessen Verantwortung die Beaufsichtigung von Forschungsvorhaben zum Gesundheitsschutz gehören. Gleichzeitig ist Ellerbrock Gesellschafter der in Berlin ansässigen Firma GenExpress Gesellschaft für Proteindesign mbH. Das Unternehmen sitzt in dem gleichen Gebäude wie die TIB Molbiol, und kooperiert eng mit dem Test-Entwickler. „GenExpress is located in the same building as TIB Molbiol Syntheselabor GmbH and works at times as a subcontractor or by direct order for TIB Molbiol“, heißt es auf der Firmen-Website.

Die Tatsache, dass Ellerbrock an einer Firma beteiligt ist, die ihrerseits auch für das RKI und in einem Unternehmensverbund auch für andere Institutionen der öffentlichen Hand arbeitet, bestätigte zunächst der Berliner Senat dem parteilosen Abgeordneten Marcel Luthe auf dessen Anfrage.

TE fragte das Bundesgesundheitsministerium nach der Bewertung dieses Interessenkonflikts. Das Ministerium reagierte nicht direkt, sondern verwies auf das RKI. Das RKI antwortete, die Gesellschaftertätigkeit von Ellerbrock sei keine anzeigenpflichtige Nebentätigkeit:

„Gemäß § 3 Absatz 3 Satz 1 TVöD Bund haben die Beschäftigten ihrem Arbeitgeber Nebentätigkeiten gegen Entgelt (also gegen Geld oder geldwerte Vorteile, zu denen auch Sachleistungen wie Unterkunft und Verpflegung zählen) rechtzeitig vorher schriftlich anzuzeigen.
Die wirtschaftliche Beteiligung an einem Unternehmen, wie z.B. die Inhaberschaft von Geschäftsanteilen einer GmbH, ist keine Tätigkeit gegen Entgelt und daher nicht gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 TVöD anzeigepflichtig. Nebentätigkeitsanzeigen i.S. d. § 3 Absatz 3 Satz 1 TVöD, d.h. Anzeigen einer Nebentätigkeit gegen Entgelt, von Herrn Ellerbrok liegen dem RKI nicht vor.“

Allerdings sei dem RKI schon seit 2008 bekannt, „dass Herr Ellerbrok Gesellschafter der GenExpress Gesellschaft für Proteindesign mbH ist. Herr Ellerbrok hat das RKI damals entsprechend informiert.“

Das Institut teilte TE mit, es habe Maßnahmen zur Vermeidung eines Interessenskonflikts getroffen. Die bestehen allerdings nach Angaben der Behörde nur darin, dass Ellerbrock bei gemeinsamen Vorhaben von RKI und GenExpress nicht als Projektleiter auftreten darf, und dass er nicht persönlich Bestellungen bei der GenExpress mitwirkt:

„Zur Vermeidung von Interessenkollisionen wurde Herr Ellerbrok bereits seinerzeit durch die Institutsleitung angewiesen,
a) zukünftig im Falle einer gleichzeitigen Beteiligung des RKI und der GenExpress Gesellschaft für Proteindesign mbH an Konsortien, z.B. an Verbundvorhaben, die durch das BMBF gefördert werden, nicht als Projektleiter tätig zu werden und
b) nicht bei Bestellungen, die das RKI ggf. bei der Firma GenExpress Gesellschaft für Proteindesign mbH tätigt, mitzuwirken.“

Dem Abgeordneten Marcel Luthe reicht das nicht: „Man kann nicht gleichzeitig leitend in einer öffentlichen Institution tätig sein und eine Beteiligung an einem Unternehmen halten, das mit dieser Institution geschäftlich verbunden ist.“
In der vergangene Woche sagte RKI-Präsident Lothar Wieler bei einer Pressekonferenz laut WELT auf Fragen zu Ellerbrock, er wolle sich zu dem konkreten Fall nicht äußern, weil ihm die Informationen fehlten. Das erstaunt angesichts der Tatsache, dass das RKI nach eigenen Angaben seit 2008 über die Gesellschafterfunktion Ellerbrocks informiert ist, und ihm offenbar Auflagen erteilt hatte.

Wieler sagte weiter, die Rechtsabteilung des RKI prüfe den Fall derzeit.

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