Tichys Einblick
Regierungserklärung im Bundestag

Die Linke steht als nächste Partei zur Ausgrenzung an

In Sachen Ukraine-Krieg bleibt im Bundestag alles wie gehabt. Fast alles: Die Linke ist die nächste Partei, die in Deutschland ausgegrenzt wird. Das zeigte die Aussprache zur Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Regierungserklärung im Deutschen Bundestag am 02.03.2023 in Berlin

IMAGO / Christian Spicker

Bis zuletzt hat Olaf Scholz (SPD) eine Koalition im Bund mit Grünen und der Linken nicht ausgeschlossen. Erst als diese Option bei der Bundestagswahl keine Mehrheit fand, war sie vom Tisch. Keine anderthalb Jahre später erscheint das wie eine Anekdote aus einer weit entfernten Epoche. Neben ganz rechts gesellt sich im Bundestag das Feindbild ganz links dazu. Nun folgt eine Koalition aus Ampel und CDU/CSU dem Kanzler im wichtigsten Thema der Stunde: dem Krieg in der Ukraine.

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Was Kanzler Scholz zu diesem Krieg in seiner Regierungserklärung sagte, war nicht sonderlich aufregend: Es bleibe bei der deutschen Unterstützung für die Ukraine. Weiter gelte es, die Nato nicht zur Kriegspartei zu machen. Und der Umgang der Ampel mit den Folgen des Krieges für die deutsche Wirtschaft sei toll – findet zumindest Scholz. Spannend war, wie Scholz redete, und wen er in seine Rede einbezog. Betont ruhig war der Sprachstil des Kanzlers. Ausdrücklich lobte er den Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU), weil seine Partei den Ukraine-Kurs der Bundesregierung mittrage. Zudem lobte Scholz seine Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), mit der er gut zusammenarbeite. Es schien ihm wichtig zu sein, das zu erwähnen.

Viel Raum zum Angriff ließ Scholz Merz damit nicht. Dem blieb an der Regierung folglich nur die Stilkritik, dass der Kanzler zu zögerlich und zu wenig mutig agiere. Die substanzielle Kritik des Oppositionsführers richtete sich an den Rest der Opposition im Bundestag. Ganz links sei sich mit ganz rechts einig, wenn es darum gehe, den Ukraine-Kurs der Bundesregierung nicht mitzutragen. Auf der Berliner Großdemonstration am Wochenende hätten Abgeordnete der Linke bewusst Täter und Opfer im Krieg miteinander vermischt. Und Sahra Wagenknechts Äußerung, Vergewaltigungen gehörten zum Krieg, sei zynisch gewesen.

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Merz brachte den Fraktionschef der drittgrößten Oppositionspartei Dietmar Bartsch damit in eine schwierige Lage. Der Linke musste sich erst einmal für Kritik an der Regierung rechtfertigen, bevor er Kritik an der Regierung äußern konnte: Mehr Abgeordnete der SPD und der CDU hätten den Aufruf unterschrieben, der jener Friedensdemonstration vorausgegangen sei – die hätten also das größere Problem als die Linken. Zudem müsse alles dafür getan werden, dass Russland den Krieg beende. Das sei der Aggressor in diesem Angriffskrieg. „Das ist die Position meiner Fraktion“, bekräftigte Bartsch genauso, wie es zuvor Scholz mit seiner guten Zusammenarbeit mit der Außenministerin getan hatte.

Erst nachdem sich Bartsch von den Regierungskritikern aus seiner Partei distanziert hatte, setzte er sich für deren Argumente ein. Deutschland begehe den gleichen Fehler wie in der Corona-Pandemie. Jeder werde diffamiert, der es nur wage, Kritik an der Bundesregierung zu äußern. Das führe zu einer „unsäglichen Vereengung des Meinungskorridors. Das schadet der Demokratie in Deutschland.“ Indirekt griff Bartsch auch die Berichterstattung über den Krieg an. Vor der Entscheidung, Kampfpanzer zu liefern, sei so getan worden, als ob alle anderen westlichen Länder das ebenfalls tun würden. Erst danach habe sich gezeigt, dass kaum ein anderes Land Deutschland folge.

Bartsch warnt vor einer Eskalation – der deutschen Unterstützung. Direkt nach der Ankündigung, Deutschland werde den Leopard-Kampfpanzer liefern, seien die erwartbaren Forderungen nach einem Mehr aus der Ukraine gekommen. Und er bezweifle, dass Deutschland diesen Forderungen nicht erneut nachgeben werde. Dem Kanzler bot Bartsch eine Wette an, von der er hoffe, dass er sie verliert: Noch in diesem Jahr werde Deutschland wie gewünscht Kampfjets an die Ukraine liefern, prophezeit der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag.

Viel Raum lassen die Fronten zwischen Mitte und Links sowie Rechts im Bundestag nicht mehr. Jemand, der sich in diesem Raum bewegt, ist der Fraktionsvorsitzende der SPD, Rolf Mützenich. Auch er sieht sich zum Beginn seiner Rede zu Treueschwüren genötigt – seine zielen in Richtung Ukraine-Politik des Kanzlers. Dessen Unterstützung für das angegriffene Land ebenso wie der Vorsicht, die Scholz dabei walten lasse.

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Doch dann kommt Mützenich zum Kernstück seiner Rede. Es ähnelt in einem Punkt dem, was Bartsch gesagt hat: Der Vorsitzende der Regierungsfraktion warnt vor einer erneuten Diffamierung von Regierungkritikern. Und Mützenich geht einen Schritt weiter als Bartsch. Er warnt vor einer Eskalation des Krieges. Vor einer verbalen Eskalation, wenn Kampfpanzer als sexy verherrlicht würden oder vom Leopard als Kostüm gewitzelt werde – was Grüne, unter anderem auch Baerbock, getan haben. Aber auch vor einer faktischen Eskalation des Krieges warnt Mützenich: Zu glauben, ein Atomkrieg lasse sich lokal begrenzen, sei falsch.

Deutschland wird die Ukraine weiter unterstützen. Dafür steht die Zusammenarbeit, die SPD, CDU, Grüne, FDP und CSU in der Aussprache signalisiert haben. Ob Deutschland im Inland aber die nächste Spaltung verhindern kann, ist mehr als fraglich. Das Vokabluar zur Spaltung ist schon längst da. Was in der Pandemie die „Covidioten“ und die „Impfskeptiker“ waren, sind in der Ukraine-Frage die „Friedensschwurbler“ und die „Lumpenpazifisten“. Zu denen zählen die Regierungsanhänger vor allem die Linken.

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