Tichys Einblick
Kritik von Fachleuten

Die Regierenden und die Heizungen: Politik des Unmöglichen

„Unrealistisch“, „illusorisch“ „verantwortungslos“ – mit diesen und ähnlichen Vokabeln charakterisieren Kritiker und Praktiker die „Wärmewende“-Pläne der Regierenden in Berlin und Brüssel.

Schonsteine über einem Wohngebiet in Rottweil (Baden-Württemberg)

IMAGO / Silas Stein

Nicht nur in den Reihen der Opposition ist man entsetzt über die Heizungspolitik in Berlin und Brüssel. Die Urteile von jenen, die in der Wirtschaftspraxis diese „Wärmewende“ umsetzen werden, zeigen, dass die Regierenden sich offenbar zu einer Politik des Unmöglichen entschlossen haben.

Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebund hat allein wegen fehlenden Personals beim Sanitärgewerbe das Vorhaben als „unrealistisch“ bezeichnet. Bei vielen alten Gebäuden sei es „eben leider nicht mit dem Austausch der Heizung getan“, weil für das Heizen mit einer Wärmepumpe eine energetische Gesamtsanierung notwendig werde.

Der Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft (GdW), Axel Gedaschko, CDU, kritisiert das EU-Parlament für seine Pläne, alte Gebäude mit schlechter Energiebilanz energetisch sanieren zu müssen. Der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form sei eine „Katastrophe“ für Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen, also den überwiegenden Teil der Mieter, sagte Gedaschko den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Den Vorschlag des EU-Parlaments, dass bis 2030 alle Wohnimmobilien die EU-Energieklasse E erreichen sollen und bis 2033 sogar die Klasse D, nennt Gedaschko „schlicht verantwortungslos“.

Der ehemalige Wirtschaftssenator von Hamburg warnt vor extrem hohen Kosten. Sollten sich Eigentümer weigern, die Sanierungspflicht umzusetzen, könnte eine Ordnungsstrafe in Höhe von bis zu 50.000 Euro fällig werden, so Gedaschko. Doch auch die energetische Sanierung sei sehr teuer. „Insgesamt wäre man dann bei einem Einfamilienhaus minimalistisch gerechnet zwischen 80.000 und 120.000 Euro. Das wären dann neue Fenster, neue Kellerdeckendämmung, Dachgeschossdämmung, größere Heizkörper, neue Heizungsanlage – ob aber auch eine Dämmung der Hausaußenwände mit in dem Preis drin wäre, da würde ich mal ein Fragezeichen setzen.“ Gedaschko verwies zudem auch auf das Hin und Her zum Verbot neuer Gas- und Ölheizungen. Gedaschko fordert eine „praktisch umsetzbare sowie sozial und wirtschaftlich machbare Energiewende“.

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Aber auch in der Koalition selbst wird die Einigung auf einen gemeinsamen Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) weiter von der FDP kritisiert. „Die Befreiung von Menschen erst ab 80 Jahren ist vollkommen willkürlich und lässt viele Menschen außen vor, die ebenfalls berücksichtigt werden müssen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben, der „Welt“. Er forderte daher, dass die Befreiung nicht an ein konkretes Alter gekoppelt wird, sondern an den Renteneintritt.

Der 62-jährige Bundestagsabgeordnete wies darauf hin, dass Menschen im Ruhestand häufig keine Kredite mehr von Banken bekommen oder deutlich schlechtere Konditionen akzeptieren müssen, um die Anfangsinvestition für eine Heizungsumrüstung zu stemmen. Es sei „illusorisch“, die gesamten Kosten für den Kauf einer Wärmepumpe oder einer anderen Heizung, die die Vorgabe erfüllt, 65 Prozent erneuerbare Energie zu nutzen, durch Subventionen abfedern zu wollen. Hierzu fehle im Bundeshaushalt schlicht das Geld.

„Wenn jemand nach einem erfüllten Erwerbsleben in die Rente wechselt, haben die Menschen einen planbaren Lebensabend mehr als verdient“, sagte Houben. „Das gebietet allein der Respekt vor der Lebensleistung.“

Dass die Schornsteinfeger das Gesetzesvorhaben grundsätzlich begrüßen, ist wenig verwunderlich. Sie dürften schließlich zu den Profiteuren gehören, da sie als traditionell staatsnahes Gewerbe kontrollieren dürfen, ob die Vorschriften des GEG eingehalten werden. Aber auch von ihnen kommt Kritik und der Ruf nach schneller Klarheit bei der Förderung für den Heizungsaustausch. „Im Entwurf stehen viele gute Vorschläge, aber auch ein paar Sachen, die wir anders gemacht hätten“, sagt Julian Schwark, Vorstand Energie im Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Schwierig für uns ist in der Beratungspraxis, dass noch nicht klar ist, wie die Förderung aussehen soll. So können wir die Menschen noch nicht beraten und ihnen auch nicht die Unsicherheit nehmen.“

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Vollends zur Verunsicherung der Bürger führen dürfte nun die Warnung der Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Immobilieneigentümer sollten nun bloß nicht schnell noch neue Gasheizungen einbauen lassen. „Wer also jetzt denkt, er ist besonders sparsam, und kauft sich noch schnell eine Gasheizung, der irrt und wird sich in einigen Jahren ärgern“, sagte sie der „Rheinischen Post“. Denn momentan werde der Gaspreis noch mit Milliarden stabilisiert.

„Das wird nicht ewig so bleiben. Der CO2-Preis steigt“, so Geywitz. Zugleich müsse man den Menschen den Einstieg in den Ausstieg durch staatliche Unterstützung ermöglichen. „Machen wir das nicht und die Leute bauen sich jetzt rasch preiswertere Gasheizungen ein, wäre das teuer und kontraproduktiv.“ Sie warnt also letztlich vor den Folgen der Politik der Bundesregierung, die von der Gas-Subventionierung auf Wärmepumpenförderung umsteigen wird. „Am Anfang wird es teurer, doch dann spart man. Ich sehe aber das Problem, dass sich viele erst mal die Investition nicht leisten können. Darüber sprechen wir jetzt in der Koalition“, sagte Geywitz. Doch wenn das fraglos wäre, müsste man die Hauseigentümer sicher nicht per Gesetz zu bestimmten Heizungsarten verpflichten. Die Ministerin traut offenkundig wie die Wärmewende-Politiker generell den Bürgern also nicht zu, will es ihnen sogar verbieten, ihre Heizungsplanung selbst zu kalkulieren und selbst zu entscheiden.

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