Tichys Einblick
Parteien-Klüngel gegen die Redefreiheit

Beatrix von Storch: Organstreitklage gegen Bundestagspräsidium eingereicht

In der Klageschrift gegen zwei Ordnungsrufe der Linken-Abgeordneten und zufälligerweise Sitzungspräsidentin Petra Pau machen Beatrix von Storch und ihr Anwalt deutlich, dass die Redefreiheit im Bundestag „eine in der Demokratie unverzichtbare Kompetenz zur Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben“ ist.

IMAGO - Collage: TE

Am 15. November hielt Beatrix von Storch im Bundestag eine Rede zum Transsexuellengesetz und dem „Schutz von Menschen mit Geschlechtsdysphorie“ – Schutz auch vor dem neuen Selbstbestimmungsgesetz, das den Wechsel der Geschlechtsidentität künftig stark vereinfachen, um nicht zu sagen, dynamisieren soll. Einmal im Jahr soll jede Person durch einfachen Sprechakt ihr „Geschlecht“ wechseln können. Die Mitmenschen und Mitbürger haben sich diesem Sprechakt unterzuordnen. Ein Offenbarungsverbot soll gelten, das die Offenlegung der Biographie einer Person vor dem Sprechakt unmöglich macht, falls die Person das nicht wünschen sollte. Daneben soll auch ein „falsches Gendern“ oder eine falsche Ansprache von Transpersonen mit ihrem alten Namen unter Strafe stehen und mit bis zu 10.000 Euro Strafe bewehrt werden.

Ihre Rede hielt Beatrix von Storch noch, bevor das Gesetz beschlossen oder in Kraft wäre. Trotzdem scheint es eine interfraktionelle Absprache – unter Ausschluss der AfD und zu Lasten ihrer Abgeordneten von Storch – gegeben zu haben. Die Vizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) fühlte sich berechtigt, von Storch zwei Ordnungsrufe zu erteilen, weil sie die Geschlechtsidentität, das rechtliche und biologische Geschlecht des Grünen-Abgeordneten Markus („Tessa“) Ganserer zum Thema machte. Ganserer ist rechtlich weiterhin ein Mann, wurde aber zur Bundestagswahl auf einen Frauenplatz der Grünen-Liste gewählt, was ein reines Partei-Internum ist. Er tritt heute als Frau und als Gewährsmann des neuen Selbstbestimmungsgesetzes auf. Man kann dabei nicht behaupten, dass seine Reden von besonderer Brillanz wären. Ganserer wirkt vorwiegend durch seine reine Anwesenheit. Aber das gehört nicht ganz hierher.

Beatrix von Storch hat sich zu einer Organstreitklage gegen das Vorgehen von Petra Pau entschlossen, die ihre Ordnungsrufe erkennbar an den reinen Sprechakt Beatrix von Storchs knüpfte. TE liegt die Klageschrift vor. Wir veröffentlichen Auszüge, um den Vorgang zu dokumentieren und einem breiteren Publikum eine Einsicht zu ermöglichen. So bietet sich ein Panorama an, in dem der Klüngel der Parteien (inklusive der CDU/CSU) eine unfreiheitliche, ja antifreiheitliche Maßnahme der Parlamentspräsidentin ermöglicht. Alles sieht nach einer Absprache mindestens der Regierungsfraktionen unter Einschluss der Linken aus.


Organstreitverfahren

Der Abgeordneten des Deutschen Bundestages

Beatrix von Storch, MdB, Platz der Republik 1, 11011 Berlin

– Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Christian Wirth, MdB, Platz der Republik 1, 11011 Berlin

gegen

die Präsidentin des Deutschen Bundestages, Bärbel Bas, Platz der Republik 1, 11011 Berlin,

wegen

Verletzung des Rederechts nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG durch zwei Ordnungsrufe gemäß
§ 36 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages sowie die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gemäß § 37 GO-BT

bestelle ich mich für die Antragstellerin und beantrage:

Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin gegen Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen hat, indem sie in der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 15. November zum TOP 5 der Tagesordnung

„Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf die Geschlechtseintragung und zur Änderung weiterer Vorschriften“, Drucksache 20/9049 und „Transsexuellengesetz erhalten und den Schutz von Menschen mit Geschlechtsdysphorie verbessern“, Drucksache 20/8203,

1. der Antragstellerin zwei Ordnungsrufe erteilt hat
2. ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro verhängt hat.

I. Sachverhalt

1. Ordnungsruf

In der 136. Sitzung des Deutschen Bundestages – 20. Wahlperiode – Mittwoch, dem 15. November 2023 wurde unter TOP 5 der Tagesordnung das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf die Geschlechtseintragung und zur Änderung weiterer Vorschriften“, Drucksache 20/9049 und „Transsexuellengesetz erhalten und den Schutz von Menschen mit Geschlechtsdysphorie verbessern“, Drucksache 20/8203, debattiert.

Die Sitzungsleitung oblag der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau. Diese erteilte der Antragstellerin als Abgeordnete das Wort. Während der Rede äußerte die Antragstellerin:

„Dieses Gesetz ist der Weg ins Tollhaus. Sie sagen: ‚Nicht die Biologie bestimmt, was eine Frau ist‘, und ich frage Sie: Ja, was denn dann? Lackierte Fingernägel und Minirock? Auf die alles entscheidende Frage haben Sie keine Antwort: Was ist eine Frau? Sie ertragen nicht, dass Wunsch und Gefühl nicht Wirklichkeit sind.

Jeder Kollege hier kann sich wünschen oder fühlen, eine Frau zu sein. Darüber urteilen wir nicht, und das macht ein Leben ganz sicher schwer. Aber es macht einen nicht zur Frau. Man kann sein Geschlecht ebenso wenig ändern wie sein Alter oder die Körpergröße. Weil Sie die Wirklichkeit nicht akzeptieren, wollen Sie sie jetzt verbieten. Wer in Zukunft Markus Ganserer Herrn Ganserer nennt, soll dafür 10 000 Euro Strafe zahlen, für die Wahrheit. So steht es im Gesetz … (Hervorhebung durch den Unterzeichner)

… Ihr Offenbarungsverbot ist eine Pflicht zur Lüge. Das ist nicht liberal, sondern totalitär, schrieb schon die ‚FAZ‘. Sie wollen uns dazu zwingen, anzuerkennen, dass Männer Kinder gebären können und Frauen Samen spenden können. Das regelt ausdrücklich § 8 SBGG. Das ist die Symbiose von Gender-Gaga und Nordkorea.“

Beweis: Auszug aus dem Stenographischen Bericht der 136. Sitzung vom Mittwoch, dem 15. November 2023 (hier im Text bereinigt um die Zwischenrufe aus dem Plenum) – Anlage 1

Dies nahm die Vizepräsidentin zum Anlass, der Antragstellerin den 1, Ordnungsruf zu erteilen, mit folgenden Worten:

„Frau Abgeordnete von Storch, ich habe vor Eröffnung der Debatte darauf hingewiesen und auch darum gebeten, dass wir bei aller Kontroverse in der Sache mit Respekt vor allen hier Anwesenden und mit allen hier Handelnden umgehen. Sie haben nicht nur diesen Respekt vermissen lassen, sondern Sie haben gegenüber der Abgeordneten Ganserer gegen die Würde nicht nur dieses Hauses verstoßen. Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.“

(Bild : Würde des Hauses)

Beweis: Auszug aus dem Stenographischen Bericht – Anlage 1

2. Ordnungsruf

Im Nachhinein beantragte die Antragstellerin die Abgabe einer persönlichen Erklärung zur Klarstellung, nachdem sie aus dem Plenum mit „Prinzessin von Oldenburg“ angesprochen wurde. Zur Erklärung: Bis zu ihrer Heirat trug die Antragsteller den Namen Herzogin von Oldenburg. Hierauf kam es zum folgenden Wortwechsel zwischen der Antragstellerin und der Vizepräsidentin:

Vizepräsidentin Petra Pau:
Entsprechend unserer Geschäftsordnung erteile ich der Abgeordneten Beatrix von Storch das Wort zu einer persönlichen Erklärung.
Beatrix von Storch (AfD):
Vielen herzlichen Dank. – Sie haben mich gerade persönlich angesprochen als „Prinzessin von Oldenburg“, die ich nie hieß. Ich will nur darauf hinweisen: Sie benutzen einen Namen, den ich nie trug. Wenn ich einen Namen benutze, der juristisch noch geführt wird, von Herrn Ganserer als Markus Ganserer, bekomme ich einen Ordnungsruf, –
Vizepräsidentin Petra Pau:
Frau von Storch!
Beatrix von Storch (AfD):
– nur weil ich darauf hingewiesen habe, dass § 14 des Gesetzentwurfs – Bußgeldvorschriften – vorgibt, dass, sobald dieses Gesetz in dritter Lesung verabschiedet ist, ich dieses bei Strafe von 10.000 Euro –
Vizepräsidentin Petra Pau:
Frau von Storch, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen –
Beatrix von Storch (AfD):
– nicht mehr tun kann. Aber der Gesetzentwurf ist noch nicht verabschiedet, –
Vizepräsidentin Petra Pau:
– und erteile Ihnen einen zweiten Ordnungsruf.
Beatrix von Storch (AfD):
– und deswegen darf ich das noch machen.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Ich erteile Ihnen einen zweiten Ordnungsruf. Sie haben ebendiesen genauso verursacht wie den ersten. Ich wiederhole die Formulierung nicht. Sie wissen allerdings, welche Folgen das hat, sollten Sie mir Anlass für weitere Ordnungsmaßnahmen geben. Wir sind ja heute noch ein wenig beieinander im Plenum des Bundestages.

Beweis: Auszug aus dem Stenographischen Bericht – Anlage 2

3. Ordnungsgeld

Nachdem die Debatte beendet war, hat sie in den sozialen Netzwerken folgenden Post geschrieben:

„Das #Selbstbestimmungsgesetz ist totalitär: #Geschlecht ist Biologie ist Realität ist Wahrheit. Kann man leugnen – aber nicht ändern. Wer künftig Markus #Ganserer HERRN Ganserer nennt, WAS ER IST, wird mit 10.000 Euro bestraft. Und obwohl das Gesetz noch NICHT in Kraft ist, habe ich im Plenum heute zwei Ordnungsrufe bekommen. Unfassbar. Sehen Sie selbst…“

Sodann den Sitzungsausschnitt per Video.

Beweis: Screenshot des Posts auf X – Anlage 2A

Dies veranlasste die Vizepräsidentin Pau in der Sitzung zur folgenden Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 1000 Euro:

Vizepräsidentin Petra Pau:

„Bevor wir die Debatte mit dem voraussichtlich letzten Redebeitrag fortsetzen, komme ich noch mal zurück auf den gerade vergangenen Tagesordnungspunkt. Auch wenn die Abgeordnete von Storch es gerade vorgezogen hat, die Sitzung zu verlassen: Für ihren aus dieser Sitzung heraus in den sozialen Medien veröffentlichten Beitrag mit einer despektierlichen Kritik an der Sitzungsleitung verhänge ich gegen die Abgeordnete von Storch ein Ordnungsgeld.

Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich dazu jetzt nicht weiter zu äußern. Das nur zur Erklärung für alle: Zu Ordnungsmaßnahmen darf auch in der weiteren Debatte nicht das Wort ergriffen werden, sondern diese Maßnahmen stehen für sich.“

Beweis: Auszug aus dem stenographischen Bericht – Anlage 3

Gegen beide Ordnungsrufe legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16. November 2023 Einspruch bei der Antragsgegnerin ein (…), die durch Beschluss des Deutschen Bundestages in der 136. Sitzung vom 16. November 2023 durch die Mehrheit des Bundestages abgelehnt wurden. Insbesondere hat auch die Fraktion der CDU(CSU gegen den Einspruch gestimmt und sich somit positioniert , dass das Aussprechen der Wahrheit im Plenum bestraft werden kann.

Beweis: Auszug aus dem Stenographischen Protokoll der Sitzung vom 16. November – Anlage 5

II. Zulässigkeit

Die Organklage ist zulässig.

1. Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht ist gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG i.V.m. § 13 Nr. 5 des BVerfGG zuständig. Danach entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten über Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Bundestages mit eigenen Rechten ausgestattet ist.

2. Parteifähigkeit

Die Antragstellerin als Abgeordnete des Deutschen Bundestages und der Präsident des Deutschen Bundestages sind durch das Grundgesetz (Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 40 GG) mit eigenen Rechten ausgestattete andere Beteiligte im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG (…). Die Präsidentin ist oberstes Organ. Diese ist die Antragsgegnerin. Ein Stellvertreter des Präsidenten handelt bei der Leitung von Bundestagssitzungen als „amtierender Präsident“ im Sinne der Geschäftsordnung (vgl. § 8) anstelle des Präsidenten.

3. Verfahrensgegenstand

Als Gegenstand eines Organstreitverfahrens kommen nur Maßnahmen oder Unterlassungen der Antragsgegnerin in Betracht, die nach § 65 Abs.1 BVerfGG rechtserheblich sind. Die beanstandeten Maßnahmen sind rechtserheblich, wenn zwischen den Parteien eine konkrete Meinungsverschiedenheit über verfassungsrechtliche Rechte und Pflichten besteht. Hier besteht Streit zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin über den Umfang der Rechte und Pflichten aus dem Abgeordnetenstatus einerseits (hier: Rederecht) und aus der parlamentarischen Ordnungs- und Disziplinargewalt der Antragsgegnerin andererseits. Diese übt Kraft Übertragung durch das Parlament dessen Ordnungsgewalt gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 GO-BT in eigener Verantwortung und unabhängig aus, weshalb sie im Verfassungsrechtsstreit über eine insoweit mögliche Verletzung von Abgeordnetenrechte unmittelbar in Anspruch genommen werden kann.

Die Redefreiheit des Abgeordneten im Parlament ist durch besondere Vorschriften und Grundsätze des Grundgesetzes geschützt; sie unterfällt weder dem Schutzbereich des Art. 5 GG noch dem des Art. 2 GG; mögliche Grenzen ihrer Einschränkung ergeben sich nicht aus diesen Artikeln des Grundgesetzes. Die Redefreiheit des Abgeordneten im Parlament ist nicht die Freiheit des Bürgers gegenüber dem Staat, wie Art. 5 Abs. 1 GG sie schützen will, sondern eine in der Demokratie unverzichtbare Kompetenz zur Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben, die den Status als Abgeordneter wesentlich mitbestimmt. Die freie Rede des Abgeordneten dient mithin unmittelbar der Erfüllung der in der Verfassung normierten Staatsaufgaben.

Das Grundgesetz gewährleistet die Redefreiheit des Abgeordneten im Parlament durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG. Um der parlamentarischen Rede- und Handlungsfreiheit willen verleiht die Verfassung den Abgeordneten die Privilegien des Art. 46 GG. Insbesondere die Indemnitätsvorschrift des Art. 46 Abs. 1 GG, wonach ein Abgeordneter wegen seiner Abstimmung oder wegen seiner Äußerungen im Bundestag oder einem seiner Ausschüsse durch keine Instanz außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden darf, hat kein Seitenstück im Recht der freien Meinungsäußerung
nach Art. 5 GG.

4. Antragsbefugnis

Der Antragsteller ist aus seinen Rechten nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG oder nach der Geschäftsordnung antragsbefugt, da die beanstandete Maßnahmen seinen verfassungsrechtlichen Status verletzt haben, nämlich sein Rederecht.

Nach § 64 Abs. 1 BVerfGG ist ein Antrag im Organstreit nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antrags mittelbar gefährdet ist. Die zur Nachprüfung gestellte Maßnahme muss demnach rechtserheblich sein oder sich zumindest zu einem die Rechtsstellung des Antragstellers beeinträchtigenden, rechtserheblichen Verhalten verdichten können (BVerfGE 57, 1 [4 f.]; 13, 123 [125] m. w. N.); die mögliche Verletzung oder Gefährdung der Rechte muss sich aus dem Sachvortrag ergeben (vgl. BVerfGE, a.a.O.).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

Die amtierende Präsidentin des Deutschen Bundestages hat der Antragstellerin wegen ihrer Ausführungen zu einem Gesetz zwei Ordnungsrufe erteilt und ein Ordnungsgeld verhängt.

Diese Ordnungsmaßnahmen wurden verhängt, weil die Antragstellerin die Wahrheit gesagt hat. Dass dies nicht gehen kann, sollte seit der Aufklärung eigentlich Allgemeingut, gerade in der parlamentarischen Debatte, sein.

Die von der Antragstellerin beanstandete Maßnahme sind Ordnungsrufe im Sinne von § 36 Satz 2 GO-BT sowie Ordnungsgeld im Sinne von § 37 GO-BT.

5. Frist

Der Antrag wird gemäß § 64 Abs. 1 BVerfGG binnen der sechsmonatigen Frist, also fristgerecht gestellt.

III. Begründetheit

Die Organklage ist auch hinsichtlich aller drei angegriffenen Ordnungsmaßnahmen begründet.

Die Ordnungsrufe und das Ordnungsgeld haben die Antragstellerin in ihren durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gesicherten Abgeordnetenrechten verletzt.

Weil die Antragstellerin Markus (Tessa) Ganserer in einer Bundestagsrede als Mann bezeichnete, verhängte die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau zwei Ordnungsrufe sowie ein Ordnungsgeld von 1000 Euro für den in den sozialen Medien abgesetzten Post, obwohl Ganserer biologisch und juristisch ein Mann ist und als „Markus Ganserer (Tessa)“ auf dem Wahlzettel in den Bundestag gewählt wurde.

Begründung: Die Antragstellerin habe gegen die „Würde des Hauses“ verstoßen – eine Formulierung, die in der Hausordnung des Bundestags eine wichtige Rolle spielt, ohne dabei präzisiert zu werden. (§ 36 GO-BT)

Eine Tatsachenbehauptung, die biologische Wahrheit, dass ein Mann ein Mann ist und die entsprechende Adressierung eines Mannes als solcher, kann schlechterdings nicht gegen die Würde des Hauses verstoßen. Auch wenn das debattierte Gesetz tatsächlich dazu führen soll, dass das Aussprechen biologischer Tatsachen unter Strafe gestellt wird, so ist das evident verfassungswidrig, was aber an dieser Stelle irrelevant ist, denn das Gesetz ist noch nicht verabschiedet.

Wären die angegriffenen Ordnungsmaßnahmen nicht rechtswidrig ergangen, würde das auch für künftige Debatten bedeuten, dass das Aussprechen einer Wahrheit mit Ordnungsrufen und Ordnungsgeld bestraft werden kann, wenn diese Wahrheit nicht in das Weltbild der Antragsgegnerin passt. Das ist keine Kleinigkeit, sondern hat eine fundamentale und grundsätzliche Bedeutung für den demokratischen und der Wahrheit verpflichteten Umgang im Parlament.

Auch gegen die Würde Ganserers kann die biologische Wahrheit nicht verstoßen, Ganserer ist zwar über einen Frauenlistenplatz bei den Grünen in den Bundestag eingezogen, jedoch macht auch das ihn nicht zur Frau. Er ist vielmehr leiblicher Vater zweier Söhne. Entsprechend dem Personenstandsregister lautet sein Vorname „Markus“.

Das noch nicht in Kraft befindliche sogenannte „Selbstbestimmungsgesetz“ will das Geschlecht von der Biologie lösen und dem „Empfinden“, dem „Gefühl“ des Einzelnen überlassen. Jährlich soll ein Jedermann, sei er auch minderjährig, seinen Geschlechtseintrag und seinen Vornamen nach Belieben ändern können. Die Biologie, die Realität soll ausgeblendet werden. Zukünftig soll das Aussprechen der biologischen Wahrheit unter eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro gestellt werden.

Die Menschheit wusste schon immer, dass sich die Geschlechter nach ihren biologischen Rollen bei der Fortpflanzung unterscheiden. Frauen sind weiblichen Geschlechts und als solche im fortpflanzungsfähigen Alter grundsätzlich gebärfähig, Männer sind männlichen Geschlechts und als solche grundsätzlich zeugungsfähig.

Die Biologie fasst dies noch genauer und definiert Geschlecht als Entwicklungsrichtung eines Organismus hin auf die Produktion einer bestimmten Art von anisogametischen (ungleichartigen) Keimzellen. Es gibt davon genau zwei: Eizellen und Spermien. Mithin gibt es zwei Geschlechter, ein weibliches und ein männliches. Frauen sind folglich erwachsene Menschen, deren Körper Entwicklungsschritte zur Produktion von Eizellen aufweisen. Bei Männern sind es Spermien. Sogenannte „Transfrauen“ können daher niemals Frauen sein.

Daher ist der Satz: „Markus Ganserer ist keine Frau“ korrekt, dies aktuell sogar auch juristisch, weil er sich weder um die Eintragung in das Personenstandsregister bemüht noch eine geschlechtsangleichende Operation hat vollziehen lassen.

Wenn die Antragsgegnerin, die Regierungsparteien und Ganserer meinen, dies würde nicht stimmen, müssen sie dies belegen. Dies können sie aber nicht. Auch Ganserer, der sich zur Ikone der „Transfrauen“ und auch zur Ikone des „Selbstbestimmungsgesetz“ inszeniert, kann keine Definition liefern, warum er eine Frau sei.

Eine Erklärung von Ganserer lautet: „Pilze wurden lange Zeit den Pflanzen zugeordnet, sie bilden aber eine eigene dritte Domäne eukaryotischer Lebewesen“ Für die Pilze ist dies richtig. Und Biologen haben klare Kriterien, nach denen sie sowohl Pilze von Pflanzen als auch Männer von Frauen unterscheiden können. Umgekehrt bleiben Ganserer und die Koalition jedes Kriterium schuldig, ihn als Frau zu zählen. Sie bieten nicht nur keine biologische Definition, sie haben überhaupt keine Definition, nicht einmal eine ideologische. Es wird eine Behauptung aufgestellt und rationaler Widerspruch mit den Vorwürfen der „Menschenfeindlichkeit“ und „Transphobie“ quittiert und mundtot gemacht.

„Die Würde des Menschen“ ist das Totschlagargument jeder Debatte, um eine inhaltliche Diskussion abzuwürgen, den Gegner auszugrenzen und verächtlich zu machen.

Die den Gegnern des Selbstbestimmungsgesetzes und den Verteidigern des biologischen Begriffs des Geschlechts entgegengehaltene „Menschenwürde“ hat wohl auch Frau Pau dazu bewogen, die Würde des Bundestages verletzt zu sehen.

Aber wenn die Vizepräsidentin Pau an dieser Stelle von „Respekt“ gegenüber dem Hause und Ganserer spricht, ist das bestenfalls vorauseilender Gehorsam.

Auch wenn die kollektive Wahnvorstellung, man könne eine biologische Tatsache durch eine imaginierte Weiblichkeit per Gesetz verordnen, wohl Gesetz wird, kann mindestens zuvor das Aussprechen einer biologischen Tatsache nicht gegen die Würde des Deutschen Bundestages verstoßen.

Die Antragstellerin hat weder gegen die Würde des Bundestages verstoßen noch gegen die Würde des Abgeordneten Ganserer, im Gegenteil. Die Antragstellerin ist sehr behutsam mit dem Sachverhalt umgegangen:

„Jeder Kollege kann sich wünschen oder fühlen, eine Frau zu sein. Darüber urteilen wir nicht, und das macht ein Leben ganz sicher schwer. Aber es macht einen nicht zur Frau.“

Beweis: Sitzungsniederschrift – Anlage 1

Demgegenüber ist es Ganserer, der die Würde des Parlamentes eklatant überstrapaziert, wenn er in kurzen Kleidchen, durchsichtiger Reizwäsche oder Spitzen-BH an Sitzungen des Parlamentes und Ausschüssen teilnimmt, oder halb nackt in einer Sauna Interviews gibt und die Fotos hiervon unter dem Hashtag #splitterfasernackt selbst verbreitet. Auf die Vorlage von Bildern wird an dieser Stelle verzichtet, sie sind aber im Internet abrufbar.

Nicht umsonst distanzieren sich Lesbenverbände, aber auch Transgenderverbände von Ganserer wie Transgender Germany. Sie rügen, dass Ganserer „durch die grenzüberschreitende Selbstinszenierung mit obszönem Auftreten dem Ansehen aller Transpersonen“ schade.

Beweis: Post von Transgender Germany – Anlage 6

Das Selbstbestimmungsgesetz selbst wirft auch Fragen auf, da es explizit frauenfeindlich ist. Die Möglichkeit der Selbstdeklaration von Männern zu Frauen bedeutet einen erhöhten Eingriff gerade in Domänen und Schutzbereiche von Frauen wie Frauenhäusern, Umkleiden, Toiletten, aber auch Quoten, so wie Ganserer die Frauenquote der Grünen genutzt hat, um über die Frauenquote in den Bundestag einzuziehen.

Nach alledem sind die Ordnungsrufe nicht gerechtfertigt. Weder die Würde des Hauses noch die Würde des Abgeordneten Ganserer wurde verletzt. Letzteres hat dieser auch nicht behauptet.

Auch das Ordnungsgeld in Höhe von 1000 Euro hätte die Antragsgegnerin nicht festsetzen dürfen. Wie oben beschrieben fehlt es schon an der Kausalkette der Verstöße durch rechtswirksame erteilte Ordnungsrufe.

Hierzu müsste eine nicht nur geringfügige Verletzung der Ordnung oder der Würde des Bundestages vorliegen, § 37 GO-BT.

Die Antragstellerin hat mit ihrem über die Ordnungsrufe berichtenden Beitrag in den sozialen Medien keinen Verstoß gegen die Ordnung oder die Würde des Bundestags begangen. Sofern hier eine Kritik an der Versammlungsleitung der Antragsgegnerin durch die Antragstellerin liegt, ist das von der Antragsgegnerin hinzunehmen. Denn außerhalb des Bundestages kann die Antragstellerin im Rahmen ihrer Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG kundtun, dass sio mit der Auferlegung des Ordnungsgeldes nicht einverstanden ist.

Sie hat hiermit nicht gegen die GO-BT verstoßen, wie zum Beispiel, wenn sie geheime Wahlunterlagen gepostet hätte. Sie hat allein ihr Recht auf Meinungsfreiheit genutzt. Dass sie durch ihren Post die Debatte im Bundestag gestört hätte, hat dic Antragsgegnerin selbst nicht behauptet, so dass auch diese Ordnungsmaßnahme rechtswidrig ergangen ist.

Die angegriffenen Ordnungsmaßnahmen können somit keinen Bestand haben.


Der Klageschrift ist außerdem der schriftlich übermittelte, fristgemäße Einspruch der Abgeordneten Beatrix von Storch gegen die beiden Ordnungsrufe beigegeben, adressiert an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Der Einspruch wurde in der Sitzung vom 16. November durch einfache Abstimmung abgelehnt. Angeblich haben auch CDU/CSU-Abgeordnete gegen den Einspruch gestimmt.

Die zitierte Gruppe Transgender Germany hat sich auf X eindeutig von Markus Ganserers „obszönem Auftreten“ als „Tessa“ Ganserer distanziert. Dieses Auftreten beschädige „das Ansehen aller Transpersonen“. Bebildert ist das mit einem Auftritt Ganserers im durchsichtigen Oberteil aus schwarzem Tüll. Deutlich sieht man den BH, die Brust und den Bauch Ganserers. Das sollte vielleicht eine Art Wahrheitsbeweis des Frauseins sein, der allerdings misslingen musste.

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