Tichys Einblick
Wahlkampfhilfe

RBB interviewt Grünen-Politiker als zufälligen Radfahrer zur Verkehrspolitik

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg zeigte eine Straßenumfrage in Berlin, in der ein scheinbar zufällig ausgewählter Radfahrer praktisch das Programm der Grünen zur Verkehrspolitik erklärt. Der Radfahrer ist tatsächlich Abgeordneter der Grünen – was der RBB verschwieg.

Collage aus: Screenshot Twitter (RBB) & IMAGO / Christian Thiel

Der RBB veröffentlichte eine TV-Umfrage zur Situation des Radverkehrs in Berlin. Ein scheinbar zufällig angehaltener Radfahrer ist da zu sehen und zu hören: „Es gibt mehr und mehr Pop-Up-Radwege. Das finde ich super“. Doch Berlin brauche davon noch „so viel mehr“. In anderen Straße traue man sich als Radfahrer sonst gar nicht zu fahren.

Pop-Up-Radwege werden meist breite, während der Corona-Zeit kurzfristig eingerichtete temporäre Radwege genannt. Deren Erhalt und Ausbau auch über die Pandemie hinaus ist eine Kernforderung der Berliner Grünen im Wahlkampf zum Berliner Abgeordnetenhaus. Die Grünen sehen das als wesentlichen Schritt zur „Verkehrswende“. Sie haben sogar ein eigenes Wahlplakat nur zu dem Thema in der Stadt aufgehängt: „Grüne Welle für Pop-Up-Radwege“.

Die RBB-Umfrage sollte wohl zeigen, dass die Forderung bei der Wahlbevölkerung sehr gut ankommt – gäbe es da nicht ein Problem. Der zufällig ausgewählte Radfahrer, der die Grünenforderung stützt, ist nicht irgendwer, sondern Grünen-Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus. Georg Kössler ist zur Wahl 2021 Direktkandidat in Neukölln, wo das Video auch aufgezeichnet wurde. Der Auftritt im RBB ist also eine Art verdeckter Wahlkampfauftritt für ihn.

Der RBB teilte dem Zuschauer diese Information aber nicht mit, präsentiert Kessler als einen zufälligen Radfahrer, der die Politik der Grünen lobt und weitere grüne Politik fordert. Nach massiven Protesten in den sozialen Netzwerken löschte der RBB schließich den Clip und entschuldigt sich vage: „Wir haben die Straßenumfrage ‚Radfahren in Berlin‘ gelöscht. Einer der Interviewten ist der Grünen-Abgeordnete Georg Kössler. Er war als solcher nicht gekennzeichnet. Wir bedauern den Fehler.“

Es ist nicht der erste Fall dieser Art bei einem öffentlich-rechtlichen Sender: 2017 interviewte der MDR eine Linkenkandidatin als notleidende Mutter, die unter den hohen Mieten leidet. Ebenfalls interviewte das ZDF 2019 Kunden eines Bio-Marktes befragt, der die Produkte einer Hirsemühle aus dem Sortiment genommen hatte, weil dessen Besitzer bei der AfD ist. Eine der Kundinnen, die den Boykott vehement unterstützt, war die Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar, die vom ZDF als „Kundin“ bezeichnet wurde.

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