In allen offiziellen russischen Verlautbarungen heißt es stets, die Armee führe in der Ukraine eine „spezielle militärische Operation“ durch – der Begriff „Krieg“ ist russischen Medien strikt untersagt. Wladimir Putin will die Illusion eines sehr begrenzten und erfolgreichen Militäreinsatzes aufrechterhalten. Nur: dass sein ursprüngliches Konzept eines Blitzkrieges gegen die Ukraine gescheitert ist, kann er vor seinen Landsleuten kaum noch verbergen.
Peskow sagte laut Reuters, Russland könne seinen Feldzug „sofort“ stoppen, falls die Ukraine folgende Bedingungen erfülle: Sie müsse
- die beiden Separatistenrepubliken Donetsk und Luhansk im Osten der Ukraine als „unabhängige Staaten“ anerkennen
- anerkennen, dass die Krim zu Russland gehört
- und in der Verfassung die Verpflichtung zur dauerhaften militärischen Neutralität der Ukraine festschreiben.
Vorbild dafür könnte die „bewaffnete Neutralität“ sein, zu der sich Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg verpflichtet hatte.
Wenn die Ukraine auf die drei Forderungen einginge, würde sich ihre Lage real nicht verschlechtern: Die Separatistengebiete Donetsk und Luhansk sind für sie ohnehin verloren, genau so wie die Krim. Und eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine hatten westliche Regierungschefs schon vor Beginn des Krieges de facto ausgeschlossen.
Die Regierung der Ukraine unter Präsident Wolodymyr Selenskyj bliebe – und sie ginge nach dem hartnäckigen militärischen Widerstand gegen die Supermacht Russland sogar gestärkt aus dem Krieg hervor. Die Ukraine wäre außerdem auch künftig Militärmacht.
Sollten sich beide Staaten auf dieser Basis auf einen Waffenstillstand und schließlich auf einen Frieden mit russischem Truppenabzug einigen, dann hätte Putin weit weniger erreicht, als er wollte – könnte den blutigen Feldzug aber mit Hilfe der gut funktionierenden staatlichen Propagandamaschine immer noch als Erfolg verkaufen.
Noch sind die Aussichten auf ein baldiges Ende des Krieges dünn. In der Vergangenheit hatte Putin immer wieder mit politischen Winkelzügen Hoffnungen genährt, um sie anschließend wieder einzukassieren. In diesem Fall könnte ihn der von ihm völlig unterschätzte Widerstand der ukrainischen Truppen allerdings dazu zwingen, seine Pläne tatsächlich an die Realität anzupassen. Denn es gibt offenbar auch einen zunehmenden Druck des strategischen Partners Chinas, zu einer Lösung zu kommen. China unterhält enge Wirtschaftsbeziehungen zu Russland – aber auch zur Ukraine. Peking deutet schon an, es könnte als Vermittler und Friedensstifter auftreten. Das würde das internationale Gewicht Chinas erheblich stärken.