Tichys Einblick
TE 04-2022

Prof. Kepplinger: Medien haben in der Coronakrise schlecht kommuniziert

Nicht nur bei der Ausstattung der Gesundheitsämter haben sich in der Corona-Krise systemische Fehler gezeigt. Auch beim Umgang mit Informationen haben sowohl die Politik als auch die Medien versagt. So sind sachliche Diskussionen fast unmöglich geworden. Eine Analyse

IMAGO / Steinach

Der renommierte Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger kritisiert die Kommunikation der Medien während der Coronakrise als einseitig. Sie habe sogar Widerstände gegen das Impfen aufgebaut und verstärkt, bemängelt Kepplinger in einem Gastbeitrag für das Monatsmagazin Tichys Einblick. Immer wieder seien die Kritiker der Coronaauflagen als Coronaleugner, Covidioten, Schwurbler und Rechtsradikale diffamiert worden, statt auf die inhaltliche Kritik der Demonstranten einzugehen.

Nach der Großdemo am 29. August 2020 in Berlin habe es keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Inhalten gegeben. Stattdessen habe man vorrangig über die kleine Zahl von Rechtsradikalen und Reichsbürger berichtet. „Die Folgerungen daraus waren politisch-publizistische Aufforderungen zur Distanz von Rechtsradikalen und Nazis und zur Solidarität mit der Mehrheit. Die Konzentration der Berichterstatter auf eine Gefahr durch Rechtsradikale verschaffte ihnen eine weit über ihre politische Bedeutung hinausgehende publizistische Bedeutung.“ Die Bezeichnung der Demonstranten in den Medien als Covidioten und Schwurbler „dürfte die Abwehrhaltung verstärkt und die geforderte Solidarität mit der Mehrheit zusätzlich blockiert haben“.

Das Vertrauen in die Medien sei auch dadurch erschüttert worden, dass die starke Belastung der Intensivstationen durch ungeimpfte Migranten lange Zeit verschwiegen oder runtergespielt wurde. „Das Thema wurde totgeschwiegen, bis es wegen der gegenläufigen Entwicklung sinkender Infektionszahlen und steigender Belastungen von Intensivstationen nicht mehr totgeschwiegen werden konnte.“ Durch das Totschweigen sei es jedoch versäumt worden, frühzeitiger für gezielte Impfungen in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zu werben. „Eine Diskussion über gezielte Impfungen von Migranten hätte gezeigt, dass ihr Schutz auch Deutsche ohne Migrationshintergrund vor Infektionen schützt. Das hätte vor allem Beschäftigten mit niedrig bezahlten Tätigkeiten geholfen, die eng mit Migranten zusammenarbeiten und oft in den gleichen Häusern leben, sowie unzähligen Schulkindern in Grundschulen mit ihrem hohen Anteil an Migrantenkindern.“ Mangels frühzeitiger Berichterstattung habe es diese Debatte jedoch nicht gegeben.


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