Zwei von 35 Bauverbänden sind dem Gipfel im Kanzleramt ferngeblieben. Aus Protest über die bisherige Politik der Ampel. Die hatte sich selbst ein Ziel gesetzt: 400.000 neue Wohnungen sollten jährlich fertiggestellt werden. Dieses Jahr seien es aber nur 250.000 neue Wohnungen, sagt Peter Hübner, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie. Nächstes Jahr werden es wohl nicht mal 200.000 neue Wohnungen werden.
Hübner gehört zu denen, die ins Kanzleramt gekommen sind. Ihm kommt nun die Aufgabe zu, die Ergebnisse zu verkaufen: „Wir können gut damit leben“, sagt Hübner. Das klingt mehr nach Diplomatie als nach einem Ausweg aus einer dramatischen Lage. „Das Paket kann zumindest den Niedergang aufhalten“; sagt Hübner.
Das Paket soll laut Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein „Impuls in der gegenwärtigen Situation“ sein. Langfristiger denkt er an das „Serielle Bauen“. Die Idee dahinter laut Scholz: Ein einmal in Deutschland genehmigtes Haus könne in genau der gleichen Form überall in Deutschland gebaut werden, ohne durch das bisher so lange Genehmigungsverfahren zu müssen. Die Älteren aus Deutschland kennen das Prinzip vom Plattenbau – mit dem hat schon die DDR gegen ihre Wohnungsnot angebaut.
Auch Andreas Mattner bleibt diplomatisch. Der Präsident des „Zentralen Immobilien Ausschuss“ lobt das Paket der Ampel: Es werde helfen. Doch der Bund alleine könne das nicht, auch die Länder und Kommunen müssten ihren Anteil leisten. An deren Tisch hat er auch nicht gerade gesessen. Auf die muss er folglich keine Rücksicht nehmen. Schließlich hat es eben noch vom Bund mehr Geld gegeben, da muss man sich als Lobbyist entsprechend dankbar zeigen.
Bisher kam die Vonovia eher selten in den Medien vor. Zumindest nicht aktiv. Es waren andere, die über Unternehmen wie die Vonovia redeten. „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne), der ihnen grüne Politik auflastete: Mehr Dämmung, mehr Solaranlagen, mehr Begrünung und das alles, ohne dass es den Mieter einen Cent kostet. Die Immobilienkonzerne seien stark, sie sollten Lasten schultern, war die Idee dahinter. Andere Grüne erklären das Eigenheim gleich für eine überholte Idee, die es staatlich zu bekämpfen gelte.
Die gleiche Idee hatte Kevin Kühnert. Der Generalsekretär der SPD hätte die Unternehmen am liebsten gleich enteignet und erklärte ihr Geschäftsmodell für unanständig. Die Führungskraft der Kanzlerpartei hätte gerne steigende Stromkosten, steigende Renovierungskosten und steigende Lebenshaltungskosten auf die Unternehmen umgewälzt.
Nun zeigt sich in der Baubranche der gleiche Effekt wie zuvor in der Autoindustrie: Die Politik kann nicht dauerhaft schlecht über eine Branche denken, reden und dauerhaft in diesem Sinne handeln, ohne dass es sich auf diese Branche auswirkt. Die erlebt in diesen Tagen einen krassen Widerspruch: Es fehlt an Wohnraum. Doch obwohl das Angebot die Nachfrage nicht befriedigen kann, brechen die Preise ein.
Das lässt sich durch einen externen Faktor erklären: In der Zeit der Nullzinspolitik sind Investoren in den Immobilienbereich ausgewichen. Seit die Europäische Zentralbank die Zinsen schrittweise erhöht, lohnen sich Kapitalanlagen wieder stärker. Die Politik hat aber auch durch eigene Fehler dafür gesorgt, dass in der Baubranche die Preise fallen, obwohl das Angebot steigt.
Es ist Habecks Heizhammer. Mit einem Schlag hat die Ampel Millionen von bestehenden Häusern offiziell zu Sanierungsfällen gemacht. Interessenten ziehen den ausstehenden Heizungsaustausch vom Kaufpreis ab. Gleichzeitig verteuert die Politik den Bau durch ihre Beschlüsse. 3.000 Auflagen müssen diese einhalten. Die Branche klagt: Das Planen eines Hauses dauere mittlerweile länger als das eigentliche Bauen. Sowohl die Auflagen als auch die längere Wartezeit erhöhen den Preis. 37 Prozent des Baupreises verursache mittlerweile der Staat, klagt Mattner. Zudem hat die Ampel im Namen des „Mieterschutzes“ Mieterhöhungen noch engere Grenzen gesetzt.
Sie sollen bauen, aber die Ampel legt ihr einen Stein nach dem anderen in den Weg. Der Branche reicht es. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) und der Eigentümerverband Haus und Grund haben ihre Teilnahme am Baugipfel abgesagt. Ein noch vor wenigen Jahren unvorstellbarer Schritt. Doch der zeugt von der Not der Branche und von einer Politik, die sie im Stich lässt: „Wir sehen aber, dass diese Gemengelage in der Regierung schlicht und ergreifend nicht erkannt wird“, sagt der Präsident der GdW Axel Gedaschko. Er war nicht auf dem Gipfel und muss keine Rücksicht auf die Ampel nehmen.
Geld allein wird das Problem nicht lösen. Die staatliche KfW-Bank hat bisher zinsverbilligte Kredite angeboten. Die sind aber gerade 200-mal abgerufen worden, wie die FAZ berichtet. Die Ampel denkt in staatlichen Zuschüssen. Die Union mittlerweile auch. Der Bund könnte aber auch die Umsatzsteuer bei Bauvorhaben von 19 auf 7 Prozent senken – oder ganz weglassen. Doch diese Idee ist auf dem Baugipfel nicht angesprochen worden. Auch nicht von den 33 Interessenvertretern, die zum Kanzler gekommen sind. Der Gedanke, dass der Staat die Bürger einfach machen lässt, scheint in Deutschland nicht mehr denkbar zu sein.
Momentan verdient die Baubranche ihr Geld mit dem Staat: Der Hochbau, also der Bau von Häusern, ist von Juli 2022 auf Juli 2023 um 9,4 Prozent zurückgegangen, meldet das Statistische Bundesamt. In der gleichen Zeit expandierte der Tiefbau, also Straßen, um 13,8 Prozent. Hier ist in den allermeisten Fällen der Staat der Auftraggeber. Dessen Einnahmen sprudeln durch die Inflation – der Bürger ist es, der diese Einnahmen zahlt. Die Macht verschiebt sich durch die hohe Steuerlast immer stärker vom Bürger zum Staat. Deswegen klappt auch nichts – gehen die Preise zurück, während die Nachfrage steigt, und muss ein „Baugipfel“ her, um eine Besserung herbeizureden.