Michael Ebling war der letzte beliebte Sozialdemokrat in Mainz. Als Ortsvorsteher des Arbeiterstadtteils Mombach hat er sich das Image erworben, bodenständig zu sein. Obwohl er eine der Karrieren hinlegte, die sich lediglich im politischen Raum abspielte. Genauer gesagt: im parteipolitischen Raum und dessen Hinterzimmern.
In Mainz hat die SPD über 70 Jahre am Stück den Oberbürgermeister gestellt. Der vorletzte Sozialdemokrat in dem Amt war Jens Beutel. Der Richter musste vorzeitig gehen, weil er sich zu oft und zu teuer einladen ließ. Es folgte Ebling, der zwei Direktwahlen gewann. Zuletzt gegen den parteilosen Nino Haase, als der für die CDU antrat.
Doch dem Oberbürgermeister wurde das Rathaus zu klein, er will Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz werden und übernahm als Zwischenstation das Innenministerium – auch dort ersetzte er einen skandalträchtigen Sozialdemokraten, Roger Lewentz, der nicht mehr im Amt zu halten war.
Im ersten Wahlgang holte Haase in Mainz rund 40 Prozent, der grüne Kandidat Christian Viering erreichte gut halb so viel. Die SPD war weiblich, jung, links – und abgewählt. Für die Stichwahl hielt es Ebling für eine gute Idee, Viering offiziell zu unterstützen. Dabei sprach er quasi auch für die Angestellten der Stadt, die er als Ex-Chef mal eben mitvereinnahmte. Geholfen hat es wenig. Nach 116 von 118 Stimmbezirken führte Haase bereits uneinholbar mit über 17.000 Stimmen Vorsprung.
Haase wurde einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als er noch als Student bei „Schlag den Raab“ drei Millionen Euro gewann. Zuletzt arbeitete er als Unternehmer. 2019 hatte Haase für die CDU kandidiert und schaffte es in die Stichwahl. Auch weil die Grünen mit der Bundestagsabgeordneten Tabea Rößner einen ausgesprochen schwachen Wahlkampf hinlegten. Die CDU versuchte es dieses Mal mit einer eigenen Kandidatin, scheiterte aber genauso kläglich wie die SPD.
Die Mainzer Mauscheleien seien noch viel schlimmer als der Kölner Klüngel, sagte einst ein führender Stadtpolitiker im Hintergrundgespräch. Und tatsächlich: In den stadtnahen Gesellschaften schieben sich die Parteien gegenseitig die Posten zu, installieren zweite Geschäftsführer, um noch mehr notleidende Parteifreunde versorgen zu können. Man kennt sich, man hilft sich. Was dann auch immer an Politik dabei herauskommt, die lokale Zeitung findet das gut. Wer durchzählt, wie oft die stadtnahen Gesellschaften bei ihr inserieren, versteht auch warum.
Eblings Hilfe für Viering war demnach auch ein Hilfeschrei. In diese Hände, die sich gegenseitig waschen, pfuscht nun eine Hand rein, die schon sauber ist. Einer, der nicht zu den Mauschlern gehört, weil er es dank eigenem Geld nicht nötig hat. Wählt den Viering, der ist einer von uns, war die eigentliche Botschaft des Nachfolgers von Jens Beutel und Roger Lewentz. Per Amt wird Haase einige Vorsitze in den stadtnahen Gesellschaften übernehmen. Man kennt sich weiterhin, aber das sich gegenseitig helfen könnte schwerer werden.