Deutschland, einig Papierland. Die Heimat von Heinrich Lohse ruft – und die Papierindustrie antwortet. Bekanntlich hatte die Bundeswahlleiterin Ruth Brandt davor gewarnt, dass es bei Neuwahlen zu Problemen bei der Papierbeschaffung kommen könnte. Der Aussage trat kurz danach bereits der Verband Die Papierindustrie entgegen. Doch die blamable Geschichte geht weiter.
Wenige Tage später machte sich Dariusz Joński, Europaabgeordneter der Mitte-Links-Partei „Inicjatywa Polska“, über die deutschen Vorgänge lustig. „Wenn Deutschland Drucker und Papier braucht, werden wir beides auf jeden Fall an unsere Nachbarn verkaufen. Daran werden auch polnische Unternehmen verdienen, was die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft weiter steigern wird“, sagte Joński laut einem Bericht der Bild-Zeitung.
Die polnische Opposition ließ nicht lange auf sich warten. „Donald Tusk sollte auch seinen deutschen Freunden zu Hilfe kommen“, sagte PiS-Politiker Przemysław Czarnek.
Zuvor hatte der baden-württembergische FDP-Politiker Christian Jung eine „Papierspende“ angeboten, um eine Verschleppung der Neuwahl aus organisatorischen Gründen zu vermeiden. Jung fuhr sogar nach Wiesbaden, um Brandt persönlich Papier vorbeizubringen. Die Hausleitung verwehrte ihm den Zutritt mit der Begründung, das Haus verfüge über genügend Papier.
Papierstau also vor der Bundeswahlleitung? Bastian Beeck, Chef von „Köllen Druck und Verlag“ – Deutschlands größter Stimmzetteldruckerei – beharrte darauf, dass es sich weiterhin um eine ernste Angelegenheit handele. „Zwei bis drei Wochen mehr sollte man sich in jedem Fall Zeit nehmen“, sagte er dem Stern. Denn in der kurzen Zeit hätten Druckereien Probleme, Fehler auf Stimmzetteln auszubessern. Der Fehler steckt also nicht im Papier, sondern im Detail.
Die Druckerei Meinders & Elstermann provoziert nun mit einer Anzeige, die zwischen Satire und Häme balanciert. Vorab: Um ein Fake, wie einige vermuten könnten, handelt es sich nicht. Die Anzeige erschien auch auf der LinkedIn-Seite des Unternehmens. Inhalt:
„Sie machen sich Sorgen, dass die Bundestagswahl vielleicht ins Wasser fällt? Keine Sorge, wir als leistungsstarke Bogenoffsetdruckerei sind vorbereitet – 𝟔𝟏.𝟓𝟎𝟎.𝟎𝟎𝟎 𝐖𝐚𝐡𝐥𝐳𝐞𝐭𝐭𝐞𝐥 in Rekordzeit? Machen wir und unsere Kollegen-Betriebe doch mit links!
Papiermangel? Bei uns nicht! Wir haben notfalls irgendwo im Keller noch einen Vorrat, falls alle Stricke reißen. Und zur Not drucken wir auf Tapete oder dem besten Geschenkpapier, was wir finden können – alles für die Demokratie!“
Darunter pinnte die Druckerei eine Grafik, die mit der Noch-Bundesregierung abrechnete. „Drei Jahre grüne Öko-Ideologie und rote Sozi-Träumereien haben mit einer nie da gewesenen Verbots-Politik und belehrenden Regulierungen dem Mittelstand geschadet“, erklärt die Firma – und verwahrt sich gegen Unterstellungen:
„Die leistungsstarke deutsche Papier- und Druckindustrie vorzuschieben, um einen späteren Neuwahl-Termin zu rechtfertigen, zeugt von Ahnungslosigkeit und empfinden wir als herabwürdigend.“
Gut gebrüllt, Löwe. Von der Ampel bleibt dagegen nur ein Papiertiger übrig.