Tichys Einblick
Fällt das Saarland, fällt Berlin

Oskar Lafontaine ante portas?

Der andere Schluss-Stein aus dem Gewölbe der Partei Die Linke, Gregor Gysi, ist schon herausgebrochen. Rot-Rot im Saarland sub auspiciis Oscaris könnte den Prozess der Wiedervereinigung mit der SPD anschieben.

Einen Martin-Schulz-Effekt lesen etliche Medien aus der Umfrage von Infratest dimap für die ARD. Danach hat die SPD an der Saar seit Januar um acht Prozentpunkte auf 34 Prozent zugelegt, die CDU um drei Prozentpunkte auf 35 Prozent abgenommen. Die Linke verliert bei Infratest einen Prozentpunkt und kommt auf 13 Prozent: Für ein eine rot-rote Regierung würde das mit zusammen 47 Prozent reichen. Der AfD gibt Infratest 6,5 Prozent (minus 2,5 Prozentpunkte). Eine dicke Mehrheit hätte eine große Koalition, in der die SPD allerdings zweite wäre. Beim Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen fürs ZDF kriegt die CDU 37 Prozent, die SPD 32 Prozent, Die Linke 12, die AfD 7. Beide Umfragen sehen Grüne und FDP nicht im Landtag. (Dass Umfragezahlen keine Prognosen sein können, war bei TE schon oft zu lesen, gebe ich zu Protokoll. Dass mit ihnen kräftig Politik gemacht wird, ist eine Tatsache.)

Parteiensystem Ost und West?
Wiedervereinigung Linke und SPD?
Wenn Rot-Rot im Saarland rechnerisch geht, muss die SPD das machen, sonst konterkarierte sie ihren scheinbar anhaltenden Siegeszug Schulz gegen Merkel. Das ist der aktuelle Blick. Der mich weniger interessiert, weil es für die deutsche Politik in der Sache nichts Wesentliches ändert, ob Merkel das nächste Bundeskabinett bildet oder Schulz. Strukturell bliebe die Wirkung nicht auf das Saarland begrenzt, wenn es dort zu einem Parlament ohne Grüne und FDP kommt: also dann mit CDU und SPD, Die Linke und AfD. In mehreren anderen Bundesländern ist die gleiche Konstellation nach nächsten Wahlen möglich.

Zur Zeit sieht es so aus:

Nach den nächsten Wahlrunden dürften CDU, SPD und AfD in allen Landtagen vertreten sein, lassen wir offen, ob die AfD auch in Bayern.

Dreiparteien-Parlamente als Muster im Osten und Fünf-Parteien-Parlamente im Westen sind die mittelfristige Perspektive, schrieb ich im November 2016. Die Wahrscheinlichkeit dafür hat zugenommen.

Mitte ist kein Standpunkt
Die Linke, die Rechte und die mitteste Mitte
Die Wiedervereinigung von SPD und Linkspartei wg. schwächelnder Linkspartei hält nur noch der Monolith Oskar Lafontaine auf, assistiert von Sarah Wagenknecht. Der andere Schluss-Stein aus dem Gewölbe von Die Linke, Gregor Gysi, ist schon herausgebrochen. Rot-Rot im Saarland sub auspiciis Oscaris könnte diesen Prozess anschieben. Dann schlösse sich der Kreis zur Spaltung der SPD durch den Saarländer. Doch nicht nur das. Hätten wir nach der Reihe ein Parlament nach dem anderen mit an der Fünf-Prozent-Hürde scheiternden Grünen, FDP und etlichen deutlich unter 5%, führte das wieder dazu, dass 10, 15, 20 oder mehr Prozent der Wähler nicht repräsentiert wären – bei der Bundestagswahl 2013 waren das fast 16%. Dann bliebe dem Bundesverfassungsgericht in neuen Verfahren nichts anderes übrig, als – siehe Europaparlament – die Prozent-Hürde radikal zu senken oder ganz zu streichen. Als Folge gäbe es bald so viele Parlamentsfraktionen wie in den Niederlanden (jetzt 13).

Spätestens da ist Zeit für mein ceterum censeo: Ein echtes Mehrheitswahlrecht mit direkt gewählten Abgeordneten ohne Parteien-Filter ist zukunftsweisender.

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