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Ein Jahr Atomausstieg

Oranienburg – Bürgermeister: Wärmepumpen und Neubürger führen zu Stromengpässen

Eine Stadt mit 42.000 Einwohnern hat keinen Saft mehr. Ob Ladesäulen für E-Autos oder Wärmepumpen: alles steht in Oranienburg still, wenn es nur ein grüner Arm so will. Wegen Lieferengpässen gibt es auch keine Netzanschlüsse mehr. Der Bürgermeister bringt den Wärmepumpenausbau als Schuldigen ins Spiel.

picture alliance/dpa | Soeren Stache

Ist das die grüne Zukunft? Die Stadt Oranienburg nördlich von Berlin leidet unter Lieferengpässen beim Strom. Die 42.000-Einwohner-Stadt kann keine neuen Stromanschlüsse mehr genehmigen. „Ich baue gerade ein Haus und habe noch keinen Anschluss beantragt. Bekomme ich noch einen Netzanschluss?“, fragt ein Oranienburger. Antwort der der Stadtwerke: „Nein.“ So gibt die Tageszeitung WELT eine von vielen besorgten Kundenanfragen wieder.

Ähnliche Antworten bei der neu bestellten Wärmepumpe. „Haben Sie noch keinen Antrag zur Leistungserhöhung gestellt und benötigen mehr Leistung? Wir können Ihnen bis auf Weiteres keine Leistungserhöhung anbieten.“ Strom: Fehlanzeige. Auch die neuen Ladesäulen für E-Autos sind betroffen.

Das vorhandene Umspannwerk könne die benötigte Leistung nicht mehr bereitstellen, heißt es in einer Pressemitteilung. Danach haben die Stadtwerke Oranienburg in der vergangenen Woche die Bundesnetzagentur darüber informiert, dass im vorgelagerten Hochspannungsnetz keine ausreichende Leistung zur Verfügung gestellt werden können. Damit seien die Versorgungsmöglichkeiten in der Stadt Oranienburg ausgeschöpft, so der Geschäftsführer der Stadtwerke, Peter Grabowsky.

Ein Jahr nach Abschaltung der letzten Kernkraftwerke in Deutschland ist das ein Symbol. Deutschland ist zum zweitgrößten Stromimporteur in der EU geworden – nach Italien. Auch die Blöcke von Kohlekraftwerken wurden in der jüngsten Vergangenheit abgeschaltet. Weitere sollen folgen.

Die Stadtwerke schieben die Verantwortung auf den Regionalnetzbetreiber E.dis. Man habe schon vor einem Jahr zusätzliche Kapazitäten im nahegelegenen Umspannwerk gefordert. Passiert sei nichts. „Um das Stromnetz in Oranienburg weiter stabil zu halten, können die Stadtwerke ab sofort keine Neuanmeldungen oder Leistungserhöhungen von Hausanschlüssen mehr genehmigen. Auch neue Gewerbe- und Industrieflächen können derzeit nicht an das Netz angeschlossen und mit Strom beliefert werden“, heißt es in der Pressemitteilung.

Bürgermeister Alexander Laesicke betonte, der Strombedarf habe sich enorm entwickelt, schneller, als es in der Vergangenheit vorausgesehen wurde. Zum erhöhten Strombedarf habe der Zuzug von sogenannten Neubürgern sowie der verstärkte Einbau von Wärmepumpen geführt. „Der Strombedarf unserer wachsenden Stadt hat sich enorm entwickelt, schneller, als es in der Vergangenheit vorausgesehen wurde“, so Laesicke.

Auf WELT-Anfrage macht die Bundesnetzagentur Versäumnisse in der Netzplanung verantwortlich. „Netzbetreiber haben ihr Netz vorausschauend zu ertüchtigen, um grundsätzlich Problemen mit mangelnder Kapazität vorzubeugen. […] Teil der Sachverhaltsaufklärung wird daher auch sein, warum dies in vorliegendem Fall anscheinend nicht geschehen ist.“ Also alles nur ein Einzelfall? Man will offenbar nicht den Eindruck erwecken, der Strommangel könnte ein Vorbote sein. Dass dabei zuerst die von den grünen gepriesenen Stromfresser leiden, entbehrt nicht der Ironie.

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