Reden werden gehalten. Meistens. Entsprechend langweilig sind sie dann. Spannend werden Reden erst, wenn sie losgelassen werden. Und ausgerechnet der sonst so selbstbeherrschte Hanseat Olaf Scholz (SPD) gönnt sich in der Haushaltsdebatte eine offene Aussage, die einen entlarvenden Blick auf seine Regierungsidee wirft:
Unter Angela Merkel (CDU) habe Deutschland schwere Fehler in der Energiepolitik begangen, räumt Scholz ein. Dass er an dieser Regierung als Vizekanzler beteiligt war, lässt er lieber unerwähnt. Jetzt jedenfalls, so brüstet sich Scholz, habe die Ampel umgesteuert: Gasspeicher gefüllt, Flüssiggasterminals eingerichtet und die Atomkraftwerke für dreieinhalb Monate länger laufen lassen. Dann fällt der spannende Satz:
Eine grundsätzliche Kritik des Oppositionsführers Friedrich Merz (CDU) muss Scholz nicht fürchten. Der kritisiert den Kanzler, weil für die Bundeswehr bereit gestelltes Geld noch nicht ausgegeben sei. Aber eigentlich bietet Merz nur drei Botschaften: Alles ist furchtbar – mit ihm wäre es im Prinzip genauso – nur ein wenig mehr, schneller und schöner. Das sind Gemeinplätze und kein schlüssiges Konzept, das bei den Deutschen den Wunsch nährt, dass die CDU nach 16 Jahren ins Kanzleramt zurückkehrt.
Erbärmlich sind die sprachlichen Bilder. Merz sei wie Alice im Wunderland, sagt Scholz, bei der Großes klein und Kleines groß werde. Scholz sei wie der Scheinriese von Jim Knopf, der kleiner werde, wenn man sich ihm nähert, kontert Alexander Dobrindt (CSU). Man kann sich den Redeschreiberstab hinter solchen Kaspereien vorstellen: Nerds, die sich in ihrer Pubertät mit Kinderbüchern über fehlende Einladungen zu Partys weggetröstet haben und jetzt als altgewordene Kinder ihre Lieblinge aus dem Jugendzimmer auf die Politbühne holen.
Damit ist die deutsche Politik letztlich so wie ihre Fußballmannschaft: viel Liebe, Zeit und Engagement fürs Symbolische und wenig Neigung zu Fleiß und Handwerk. Am Ende ist dann der Sieg nicht weg. Es hat ihn nur ein anderer.