Tichys Einblick
Wegen zu viel Gewalt

Offizielle Warnungen vor Reisen nach Deutschland

Das Außenministerium warnt seine Bürger vor Besuchen in einem gefährlichen Staat. Doch es ist nicht Annalena Baerbock, die vor Reisen in den Jemen warnt. Es ist Japans Regierung, die ihre Bürger vor der Kriminalität bei uns warnt. Kein Einzelfall: Unser Rechtsstaat hat inzwischen einen schlechten Ruf.

Bundespolizisten am Köln Bonn Flughafen (Symbolbild)

picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Deutschland war mal ein sicheres Land. Entscheidend an diesem Satz ist die Vergangenheitsform. Inzwischen gilt die einstmals ruhige und ordentliche Bundesrepublik international als Tummelplatz für Gauner und auch für Gewalttäter.

Unsere einheimischen Medien hüllen darüber den Mantel des Schweigens, so gut es eben geht. Nun zeigt sich: Es geht immer weniger.

Jüngst hat Japans Außenministerium eine Sicherheitswarnung für alle Japaner veröffentlicht, die mit dem kühnen Gedanken spielen, zu uns zu reisen: „Seit Ende Juni kam es in mehreren Städten Nordrhein-Westfalens (NRW), darunter auch Düsseldorf, zu mehreren Bombenanschlägen und Sprengstoffanschlägen, die vermutlich auf einen Krieg zwischen Drogengruppen zurückzuführen sind.“

Tatsächlich hat es in den vergangenen Wochen gleich mehrere Sprengstoffanschläge in verschiedenen Städten des bevölkerungsreichsten Bundeslands gegeben. Betroffen war auch das bei Japanern äußerst beliebte Düsseldorf. Grund für die Explosionen ist offenbar ein Bandenkrieg um die sogenannte „Mocro-Mafia“.

Vor etwa zehn Tagen wurde das Ganze in kleineren Ecken des Internets bekannt. Auf X-vormals-Twitter griff der populäre Blogger „ArgoNerd“ das auf, andere folgten. Der Westdeutsche Rundfunk WDR, um dessen Berichtsgebiet es immerhin geht, schwieg über die Sache, solange es irgendwie ging. Nun, nach zehn Tagen, ging es nicht mehr.

Damit das nicht ganz so auffällt, blendete der WDR kritische Kommentare zu seiner arg verspäteten Meldung aus. Das ging dann übrigens sehr schnell, nämlich noch am selben Tag.

Was der WDR nur sehr widerwillig verbreiten will, ist die Tatsache, dass die Regierung in Tokio ihre Bürger nun bittet, in Bezug auf Deutschland äußerst vorsichtig zu sein: „Japanische Einwohner und Reisende werden daran erinnert, dass sich die Explosionen im Stadtzentrum ereignet haben, und werden gebeten, Vorsichtsmaßnahmen für ihre eigene Sicherheit zu ergreifen.“

Das kommt nicht von ungefähr. In Deutschland hat man sich an das Ausmaß an Alltagsgewalt wohl schon bis zum Zustand der Abstumpfung gewöhnt, aber Japanern fällt halt noch auf, wie unsicher es mittlerweile bei uns ist. Tokio lässt wissen: „Statistiken zeigen, dass die Zahl der Straftaten mehr als zehnmal so hoch ist wie in Japan.“ Kriminelle Gruppen könnten spielend leicht die Grenzen überschreiten. „Bitte treffen Sie daher die größtmöglichen Vorsichtsmaßnahmen, um Ihre Sicherheit zu gewährleisten.“

Dass Ausländer vor Düsseldorf gewarnt werden, ist relativ neu. Für Frankfurt am Main gibt es das schon viel länger. Die Hessen-Metropole hat sich ihren aktuellen Ruf als europäische Drogen-Hauptstadt und Kriminalitäts-Hotspot kontinuierlich und fleißig erarbeitet.

Englands führende Boulevard-Zeitung „Sun“ warnte jüngst die Fußball-Fans von der Insel vor allem davor, während der Europameisterschaft das Frankfurter Bahnhofsviertel zu betreten. Zitat: „Schießereien auf offener Straße und aggressive Drogenabhängige“. Es handele sich um eine „Zombie-Stadt“ und den „gefährlichsten Slum Deutschlands“.

Ganz ähnlich hat das auch der Vorstand der Miami Dolphins gesehen. Das ist ein Top-Verein im US-Nationalsport American Football. Als die Mannschaft vor ein paar Monaten im Rahmen einer internationalen Marketing-Kampagne ein reguläres Meisterschaftsspiel der National Football League (NFL) gegen die Kansas City Chiefs austrug, gab es eine offizielle Sicherheitswarnung des Vereins an seine Spieler:

„Falls Ihr Frankfurt erkunden wollt, sucht die Kraft in der Überzahl. Bitte nur in Gruppen das Hotel verlassen!“ Selbst die harten Jungs aus Amerikas Drogen-Zentrum Miami in Florida haben Angst vor den Zuständen in Frankfurt am Main.

Das könnte als lustige Randgeschichte durchgehen – wäre die Lage nicht tatsächlich so ernst. Wie ernst sie wirklich ist, zeigt vielleicht am besten ein kurzer Satz von Peter Harzheim. Der Mann ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister (BDS).

Er könne Familien nicht mehr guten Gewissens empfehlen, am Wochenende ins Freibad zu gehen, sagt er mit Blick auf die explodierende Gewalt in deutschen Freibädern. Dann sagt er weiter: „Ich habe selbst drei kleine Enkelkinder. Wenn ich mit denen da hereingehen würde, würde ich schlicht unverantwortlich handeln.“

Deutschland war mal ein sicheres Land. Vergangenheitsform.

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