Österreichs Verfassungsgerichtshof hebt die Bundespräsidenten-Stichwahl auf und ordnet eine Wahlwiederholung in ganz Österreich an. „Wahlen sind das Fundament unserer Demokratie“, formuliert VfGH-Präsident Gerhart Holzinger, die Wahrung dieses Fundaments sei des Gerichts „vornehmste Pflicht“. Die Entscheidung mache niemanden zum Verlierer und niemanden zum Gewinner, sondern diene allein dem Ziel, das Vertrauen in Rechtsstaat und Demokratie zu stärken.
Das Gericht war gut beraten, so zu entscheiden. Der Geruch der Manipulation war, einmal in die Welt gesetzt, nicht anders wegzukriegen. Die Entscheidung ist gut für die politische Hygiene.
Die Wahl wird Ende September oder Anfang Oktober wiederholt: wenigstens zehn Wochen lang schlägt die Stunde der Schlaumeier. Die ersten haben schon zugeschlagen: Viele Wähler sind wahlmüde, sagen die einen, sie würden die Blauen dafür abstrafen. Je unzufriedener die Leute, desto besser würde die FPÖ abschneiden, meinen andere. Schafft es Van der Bellen, die Schuld für die Wahlwiederholung Hofer zu geben, gewinnt er Stimmen – noch eine Variante.
Die österreichischen Medien müssen dieses Jahr kein Sommerloch befürchten, oder anders herum, erholungssüchtige Journalisten dürfen auf keines hoffen.
Fest steht für mich: Wer von den beiden, Van der Bellen und Hofer, einen schweren Kommunikationsfehler macht, verliert. Den Beiden traue ich zu, das zu vermeiden. Aber beide haben ihre Truppen nicht unter Kontrolle, ihre medialen Helfer schon gar nicht. Am gefährlichsten für Van der Bellen ist der ORF. Keine Frage: Das Rennen ist wieder offen.
Es wird viel von einem Sommertheater haben. Aber tatsächlich ist es eine todernste Sache. Österreichs politische Kultur kann aus dem Wiederholungsrennen gestärkt und geschwächt hervorgehen. Schauen wir mal, wer diese Prüfung wie besteht.