Kiel. Die von Union und SPD geplante Neuverschuldung von rund einer Billion Euro wird ohne gleichzeitige Reformen und Einsparungen an anderer Stelle zu einem Anheizen der Inflation und einer Abkühlung der Gesamtwirtschaft führen. „Bei einer Staatsquote, die an der 50-Prozent-Marke kratzt, wäre zunächst die Suche nach Einsparmöglichkeiten naheliegender gewesen. Wenn die Verteidigung nun deutlich höhere Priorität hat, dann muss zwangsläufig etwas anderes weniger wichtig werden“, erklärt der Ökonom Stefan Kooths, Direktor des Forschungszentrums Konjunktur und Wachstum am Kieler Institut für Weltwirtschaft im Monatsmagazin Tichys Einblick. „Wenn wir das so spielen, provozieren wir nur inflationären Druck. Denn es würden zusätzliche Güter nachgefragt, für die es keine entsprechenden Produktionskapazitäten gibt. Dann steigen die Preise, bis Nachfrage und Produktion wieder im Gleichgewicht sind“, so Kooths. „Die EZB dürfte dem nicht tatenlos zusehen, sondern müsste mit Zinserhöhungen gegensteuern – mit der Folge, dass sich die Privatwirtschaft abkühlt.“
Die Bundesregierung müsse gleichzeitig Reformen einleiten, die das Produktionspotenzial in Deutschland stärken. „Das heißt konkret: Bürokratie abbauen, Infrastruktur effizienter bereitstellen, Arbeitsanreize stärken. Kurzum: Wir müssen produktiver werden. Wenn hierzu in den Koalitionsverhandlungen kein großer Wurf kommt, droht die neue Regierung in schweres Fahrwasser zu geraten.“ Dabei verweist Ökonom Kooths auf das demografische Problem, dass in den nächsten Jahren die Zahl der Beschäftigten stark abnimmt. „Nicht nur die Renten, auch die Verteidigungsausgaben müssen von immer weniger Erwerbstätigen aufgebracht werden. Damit verschärfen sich die Verteilungskonflikte noch mehr als ohnehin schon, weil die sozialen Sicherungssysteme nicht demografiefest sind. Ohne irgendwo zu sparen, wird das nicht darstellbar sein.“