Tichys Einblick
Ziel schon nach zwei Tagen verfehlt

Noch am Mittwoch sprach Merkel vom ausbleibenden Terror aus Afghanistan

Was die Bundeskanzlerin vor dem Bundestag als "bleibendes Verdienst" des internationalen Afghanistan-Einsatzes bezeichnete, hat sich zwei Tage später erledigt. Auch hier war die Wirklichkeit viel schneller als die westliche Politik.

Angela Merkel bei ihrer Regierungserklärung am 25. August 2021

IMAGO / Jens Schicke

Mit dem tödlichen Doppelanschlag in Kabul wird auch eine Behauptung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Makulatur. Sie hatte noch am Mittwoch im Bundestag gesagt: „Trotz der rasanten Machtübernahme durch die Taliban bin ich überzeugt, dass die internationale Gemeinschaft in den letzten 20 Jahren in Afghanistan auch Gutes bewirkt hat. Deutschland hat hierzu substanziell beigetragen und seinen Teil der Verantwortung übernommen, nicht zuletzt durch den parlamentarisch kontinuierlich breit unterstützten Einsatz der Bundeswehr. Wir haben das Ziel erreicht, das 2001 am Anfang des Einsatzes stand: Von Afghanistan sind seither keine internationalen Terroranschläge mehr ausgegangen. Das war ein konkreter Beitrag zur Sicherheit unseres Landes und ist ein bleibendes Verdienst unserer Soldatinnen und Soldaten. Dafür gebühren ihnen der Dank und die Anerkennung unseres Landes. Gleichwohl dürfen wir nicht die Augen vor der Gefahr verschließen, dass Afghanistan mit dem Abzug der Verbündeten wieder ein Hort internationaler Terrorgefahr werden kann. Das muss verhindert werden.“

Schon zwei Tage nach der Rede kann dieses Ziel wohl nur als gescheitert angesehen werden. Der Anschlag fand zwar in Kabul und nicht in einem westlichen Land statt, doch mit dem internationalen Flughafen und den vielen getöteten US-Soldaten ist er eindeutig als Angriff auf die USA und den Westens verstehen. Es war ein Akt des internationalen Terrors.

Die Attentäter, ob sie nun tatsächlich zum „Islamischen Staat“ gehören oder nicht, und das Versagen der Taliban bei der Verhinderung des Anschlags (die USA hatten ihrem Versprechen, den Flughafen vor Attentätern zu schützen offenbar vertraut), belegen nun, dass nicht nur das sekundäre Ziel des Afghanistan-Krieges, also der Aufbau eines westlich-freiheitlichen Staates, sondern auch das ursprüngliche Primärziel, also die Ausschaltung einer Hochburg des islamistischen Terrors, gescheitert ist. Man mag das Verdienst der Bundeswehrsoldaten im Afghanistan-Einsatz nicht schmälern, aber „bleibend“, wie die Kanzlerin behauptete, ist es ganz offensichtlich nicht.

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