Tichys Einblick
Kommt es zum Flächenbrand in Westafrika?

Mali und Burkina Faso unterstützen das Regime in Niger – Französische Luftwaffe fliegt Europäer aus

Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas hatte am Sonntag der Junta eine Frist von sieben Tagen gegeben, um Präsident Bazoum wieder einzusetzen. Ecowas prüfe sogar militärische Schritte. Die Nachbarländer Mali und Burkina Faso würden eine Intervention als Kriegserklärung werten und dem Regime in Niger zu Hilfe kommen.

Evakuierung aus Niger, Rückkehr nach Frankreich am Terminal 3 des Flughafens Roissy Charles de Gaulle, 02.08.2023

IMAGO / MAXPPP

Die französische Luftwaffe fliegt nach dem Militärputsch in Niger französische Staatsbürger und andere Europäer aus dem Land aus. Das Auswärtige Amt hat eine Reisewarnung für das westafrikanische Land ausgesprochen. Im Land sind noch etwa 1500 französische Soldaten und 100 Bundeswehrsoldaten stationiert. Die Junta in Niger hat Frankreich am Montag vorgeworfen, militärisch intervenieren zu wollen, um den abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum wieder zu installieren.

Währenddessen hat Nigeria die Stromversorgung zu seinem Nachbarland Niger abgeschaltet. Dies geschehe »im Einklang mit den von Nigers westafrikanischen Nachbarn beschlossenen Sanktionen«. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch unter Berufung auf einen der Leitung der Elektrizitätsgesellschaft Société nigérienne d’électricité (Nigelec) nahestehenden Gewährsmann. »Nigeria hat seit gestern (Dienstag) die Hochspannungsleitung, die den Strom nach Niger transportiert, abgeschaltet«. Ein Mitarbeiter der Nigelec erklärte seinerseits, dass die Hauptstadt Niamey »durch die lokale Produktion versorgt« werde. In vielen Stadtteilen Niameys kommt es unter normalen Umständen zu Stromausfällen, und die Entscheidung Nigerias wird diese Situation noch verschärfen.

Ein Sprecher des Militärs sagte im staatlichen Fernsehen, die frühere Kolonialmacht suche «Wege und Mittel», um den Putsch im größten Land Westafrikas rückgängig zu machen. Der Außenminister der vergangene Woche entmachteten Regierung habe ein Dokument unterzeichnet, das den Franzosen erlaube, den Präsidentenpalast anzugreifen. Die französische Außenministerin Catherine Colonna wies die Vorwürfe als falsch zurück.

Wagner, Uran und der IS
Coup im Niger: Der Westen verliert einen weiteren Verbündeten
Deutschland stoppte am Montag die Finanz- und Entwicklungshilfe, die Uno suspendierte ihre humanitären Aktivitäten. Die EU und Frankreich hatten ihre Hilfe bereits ausgesetzt, die USA drohen mit demselben Schritt. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, eine internationale Organisation von derzeit 15 Staaten in Westafrika und eine der 8 regionalen Wirtschaftsgemeinschaften in Afrika, hatte am Sonntag der Junta eine Frist von sieben Tagen gegeben, um Präsident Bazoum wieder einzusetzen. Die Ecowas prüfe sogar militärische Schritte, hieß es.

Frankreichs Präsident Macron hat den Putsch scharf kritisiert und gefordert, Bazoum wieder einzusetzen. »Es lebe die Armee! Vive Tiani!« und »À bas la France!« waren gestern auf den Straßen von Niamey zu hören, nachdem der demokratisch gewählte Präsident Mohamed Bazoum gestürzt worden war und der neue starke Mann des Landes, General Abdourahamane Tiani, weiterhin die Macht innehat. Frankreich, das etwas mehr als 500 Staatsangehörige im Land hat, setzte »alle seine Entwicklungshilfeaktionen« für Niger aus, und der Élysée-Palast teilte mit, dass »jeder, der französische Staatsangehörige, die Armee, Diplomaten oder französische Einrichtungen angreift, erleben wird, dass Frankreich sofort und unnachgiebig zurückschlägt«.

»Was in Niger passiert ist, ist besorgniserregend: Es ist der dritte oder vierte Staatsstreich in der Region. Es ist nicht klar, ob dieser Staatsstreich von strategischen Fragen oder einer tiefgreifenden Überlegung zur Sicherheit der Region motiviert ist; wahrscheinlich, so heißt es, stecken persönliche Erwägungen dahinter. Tatsache ist, dass es ein sehr schwerer Schlag für Frankreich ist und mit Niger eine gewisse Form der Dominotheorie in Gang gesetzt wird«. Das sagt Xavier Driencourt gegenüber dem französischen Magazin Causeur. Driencourt war zweimal französischer Botschafter in Algerien.

»Das Problem ist vermutlich, dass wir nicht immer die angemessenen Mittel benutzen, um zu reagieren: Angesichts solcher Entscheidungen muss man in gewisser Weise Schlag auf Schlag zurückschlagen. Sie wollen Frankreich nicht? Nun, dann stellen wir die Entwicklungshilfe ein, schließen unsere Kulturzentren, reduzieren unsere Botschaften auf ein Minimum, schließen unsere Konsulate und stellen keine Visa mehr aus usw. Aber im Grunde genommen machen wir halbe Sachen: Die lokalen Regierungen zögern nicht, bis zum Äußersten zu gehen. Die Bevölkerung wird instrumentalisiert und ermutigt, ihre Abneigung gegen Frankreich zu zeigen, während dies auf unserer Seite nicht der Fall ist.«

Unterstützung erhielt die Junta von den Militärregimes der Nachbarländer Mali und Burkina Faso. Sie sagten, sie würden eine Intervention als Kriegserklärung werten und dem Regime in Niger zu Hilfe kommen. Nach Mali und Burkina Faso ist Niger bereits der dritte Staat in der Sahelzone, der seit 2020 einen Putsch erlebt. Präsident Bazoum, der offenbar weiter im Präsidentenpalast festgehalten wird, ist ein wesentlicher Verbündeter des Westens, Niger mit seinem Flughafen Niamey ein wichtiges Drehkreuz in der Sahelzone.

Anzeige
Die mobile Version verlassen