Tichys Einblick
Aktualisierter Bericht

Merkel macht Oster-Lockdown Total rückgängig: „Ich bitte alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung“

Das Bundeskanzleramt hat den geplanten Lockdown Total zu Ostern rückgängig gemacht und einen "persönlichen Fehler" eingestanden. Sie steht offenkundig mit dem Rücken zur Wand, ihre Presseerklärung wirkt dennoch wenig demütig.

IMAGO / Christian Thiel

Nachdem Merkel in einer dramatischen, kurzfristig angesetzten Runde mit den Ministerpräsidenten am Vormittag den Lockdown Total über Ostern rückgängig gemacht hat (unten mehr dazu), gab sie um 12:30 der Öffentlichkeit ein kurzes Statement ab.

Sie sagte: „Dieser Fehler ist einzig und allein meiner. Die Verantwortung trage ich qua Amt. Mir ist bewusst, dass der gesamte Vorgang zusätzliche Verunsicherung auslöst, das bedauere ich zutiefst. Dafür bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung.“
Zuvor kündigte sie in der Runde mit den Ministerpräsidenten an, die Verantwortung für das Handeln übernehmen zu wollen. Wie diese Verantwortung konkret aussehen  und ob es bei leeren Worthülsen bleiben soll, bleibt unklar, vor der Presse beantwortete sie keine weiteren Fragen. Jetzt fährt sie zum Bundestag und stellt sich dort den Fragen der Parlamentarier.

Sie konnte es dennoch nicht lassen in ihrer Erklärung nochmals darauf einzugehen, wie schlimm die „dritte Welle“ werden würde und sagte, dass die grundsätzliche Idee des „Oster-Shutdowns“ nicht falsch gewesen wäre. Sie verwies auch auf weitere beschlossene harte Maßnahmen, wie lokale Ausgangssperren und die „Notbremse“. Selbst in einem solchen Moment kann die Bundeskanzlerin sich nicht bremsen. Was für eine Arroganz, was für eine Unverschämtheit. Ihr tut offenkundig nicht leid, dass sie einen Fehler gemacht hat, sondern nur, dass sie damit nicht durchgekommen ist.

Es ist und bleibt dennoch ein geradezu historischer Vorgang, es ist wohl der Tiefpunkt von Merkels Kanzlerschaft: Sie muss öffentlich um Verzeihung bitten. Zuvor bekam sie auch intern massiven Widerstand zu spüren. Wie man aus Bundestagskreisen hört, ist vor allem die SPD empört über die Art und Weise wie Merkel über alle Köpfe hinweg entscheidet und niemanden einbezieht. Offenbar ist man nicht mehr bereit der Kanzlerin bereitwillig in den Untergang zu folgen. Zuletzt sackte die Union in Umfragen immer weiter ab. TE hält sie auf dem Laufenden.


11:15: Merkel macht Oster-Lockdown Total rückgängig und gesteht „persönlichen Fehler“ ein

Merkel hat in den ersten Minuten der kurzfristig angesetzten Ministerpräsidentenrunde angekündigt den Entscheid vom Montag zum Super-Lockdown über Ostern rückgängig zu machen. Sie gestand einen „persönlichen Fehler“ ein und meint sie übernehme die volle Verantwortung – das berichten verschiedene Medien übereinstimmend. „Ich werde die Menschen im Land um Verzeihung bitten.“ soll sie gesagt haben. Nur wenige Tage nach dem Corona-Gipfel wird der zentrale Punkt des Entscheids gekippt, die Bundeskanzlerin entschuldigt sich öffentlich. Wie die Verantwortung aussehen soll, die Merkel übernehmen wolle, ist noch nicht klar.

Es ist in jedem Fall eine krasse politische Niederlage für die Bundeskanzlerin und deutet auf massive auch interne Widerstände hin, die die Regierungschefin zum Einlenken bewogen haben. Die Schließung von Supermärkten dürfte dann wohl auch den sonst so treuen CDU-Politikern eine Nummer zu stark gewesen sein – in den letzten Tagen rumorte es gewaltig in den Reihen der Bundestagsfraktion. Mit ihrem Lockdown-Plan von unfassbarer Härte hat sie den Bogen wohl überspannt.

Erste Stimmen aus der Ministerpräsidentenkonferenz zeigen wie blank die Nerven in der Runde liegen. Hessens Ministerpräsident Bouffier sagte wie die BILD berichtet: „Was wir jetzt machen, ist der Nachweis dass wir komplett daneben lagen. Jetzt sind wir die Deppen und das stört mich sehr.“

Um 12.30 Uhr will sich Merkel in einem Statement an die Öffentlichkeit wenden. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Lesen Sie unten mehr zu den Hintergründen.


10:45: Nach vernichtender Kritik am Lockdown Total: Neuer Corona-Gipfel für heute angesetzt

Überraschende Meldung am Mittwochmorgen: Wie verschiedene Medien übereinstimmend berichten, hat die Bundeskanzlerin für heute plötzlich eine erneute Ministerpräsidentenkonferenz angesetzt. Bereits um 11 Uhr will sich Merkel mit den Länderchefs beraten. Bei der Schalte soll es um den Umgang mit der massiven Kritik an den Beschlüssen des vergangenen Montags gehen, berichtet der Spiegel. Die Bild zitiert einen Insider und meint, die Kanzlerin reagiere auf das „katastrophale Echo“, welches die „MPK” in der Nacht zu Dienstag verursacht habe. NRW-MP Armin Laschet begründete die Blitz-Runde mit der „Enttäuschung“ über die Ergebnisse: „Wir können so nicht weitermachen!“.

Und katastrophal war das Echo in der Tat: Die Mehrheit der lockdownmüden Bürger wird diese Verlängerung des Eingesperrtseins entsprechend aufgenommen haben, und Lockdownfanatikern gingen auch diese Beschlüsse nicht weit genug. Vor allem die Schließung des Lebensmitteleinzelhandels über die Ostertage wurde scharf kritisiert – auch weil mit einem Run auf die Supermärkte gerechnet wird, sobald diese nach langer Pause wieder öffnen, was epidemiologisch kontraproduktiv sein dürfte.

Selbst im Kabinett regte sich deutliche Kritik an Teilen der Beschlüsse: Bundesinnenminister Seehofer beschwerte sich öffentlich über die Bitte an die Kirchen, auf normale Gottesdienste zu verzichten. „Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich hier um eine Bitte handelt“, grätscht der für Religion zuständige Minister seiner Kanzlerin rein. Im Beschluss hieß es am Montag: „Ansammlungen im öffentlichen Raum werden grundsätzlich untersagt. […] Bund und Länder werden auf die Religionsgemeinschaften zugehen, mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen“.

Die katholische Kirche selbst hatte am Dienstag angedeutet, dieser Bitte nicht nachkommen zu wollen. Das Thema Gottesdienste könnte ein zentrales Thema der Blitzberatungen sein – denn nun muss man sich entscheiden, ob es bei einer Bitte bleibt oder ob man tatsächliche über Ostern die Kirchen zwangsschließen möchte. Auch das jüdische Passach-Fest wäre vom Lockdown betroffen.

Die Schalte soll dermaßen kurzfristig anberaumt worden sein, dass mehrere Ministerpräsidenten verhindert sein sollen, so zum Beispiel Niedersachsens MP Stephan Weil. Es bleibt spannend, TE wird sie auf dem Laufenden halten.


Hier noch einmal die wichtigsten Beschlüsse des letzten Corona-Gipfels im Überblick:

Und hier noch einmal das ganze Beschlussdokument.


Von Max Roland und Air Türkis. 

Die mobile Version verlassen